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Der tägliche Umgang mit enthornten Rindern ist in den modernen Stallhaltungen weniger risikoreich für Mensch und Artgenossen. Das Enthornen der Kälber in den ersten sechs Lebenswochen ist darum gängige Praxis. Mittlerweile erfolgt es unter Sedierung, Schmerzausschaltung und mit anschließender Wundversorgung.
Das Enthornen von Kälbern horntragender Rinderrassen ist zur Routine geworden. Der Grund ist der Unfallschutz. Schwere Verletzungen durch Hornstöße bei Tierbetreuenden und Artgenossen sollen so vermieden werden. Denn diese können insbesondere in Laufstallhaltungen oder engen Gängen leicht passieren. Dabei sind die Ursachen vielfältig. Sie reichen von Abwehrreaktionen bis hin zu Rangordnungskämpfen und sind häufig mit Stresssituationen verbunden.
Die Berufsgenossenschaften befürworten daher weiterhin das Enthornen der Tiere. Der Umgang mit horntragenden Tieren erfordert dagegen sehr gute Kenntnisse des Tierverhaltens und eine hohe Aufmerksamkeit im Umgang mit den Tieren. Behörnte Tiere können sich auch selbst schwer an der Stalleinrichtung verletzen. In großen Herden sind die hohen Anforderungen an das Management solcher Tiere oft nicht leistbar. Eine Alternative zum Enthornen stellt die Umstellung einer Herde auf genetisch hornlose Tiere dar, was aber nicht immer leicht und zeitnah umsetzbar ist.
Das Enthornen ist für Rinder in jedem Alter ein sehr schmerzhafter Eingriff. Streng genommen handelt es sich um die Amputation eines Organs, für die ein Verbot nach §6 (1) TierSchG gilt. Davon ausgenommen sind Kälber jünger als 42 Tage nach §5 (3) Nr. 2 in Zusammenhang mit §6 (1) Nr. 3, wenn der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist. Eine Anpassung des Tieres an die Haltungsbedingungen nach den Erläuterungen des Gesetzes ist alleine kein ausreichender Grund für die Ausnahme.
Landwirte und Landwirtinnen dürfen das Enthornen grundsätzlich selbst durchführen, wenn sie über die entsprechenden Kenntnisse dazu verfügt. Hierzu zählt z. B. die Dokumentation einer fachlichen Einweisung durch den Bestandstierarzt. Die Nicht-Einhaltung der Vorschriften gilt als Cross-Compliance-Verstoß. Ältere Tiere dürfen nur unter Betäubung von einem Tierarzt enthornt werden.
Unsachgemäßes Enthornen verursacht nicht nur vermeidbares Leid, es kann sich auch nachhaltig negativ auf die Lebensleistung der betroffenen Tiere auswirken.
Hierzulande wird in der Regel thermisch enthornt. Beim Veröden der Haut und der Unterhaut durchtrennt der Brennring die Blutzufuhr und Nervenleitungen zur Hornanlage. Das so abgetrennte Horngewebe wird innerhalb weniger Tage absorbiert. Die Wundheilung erfolgt meist ohne Komplikationen innerhalb von zwei Wochen.
Das thermische Enthornen erfolgt mit elektrischen oder Gas beheizten Brennstäben. Akkubetriebene Brennstäbe haben eine geringere Leistung und eignen sich eher für sehr kleine Hornanlagen. Auch Heißluftgeräte sind am Markt.
Das chirugische Entfernen von Hörnern muss durch Tierärzte erfolgen.
Das chemische Enthornen mit Ätzpasten oder -stiften ist in Deutschland aus arzneimittelrechtlichen Gründen nicht mehr zugelassen.
Das Enthornen mittels Kälte durch flüssigen Stickstoff ist nicht praxisreif.
Geforscht wird auch an einer medikamentösen Enthornung durch die Injektion von Nelkenöl beziehungsweise dessen Wirkstoffkomponenten. Sie sollen das Wachstum der Hornanlage verhindern.
Das Enthornen ist mit Schmerzen verbunden. Es ist daher nur in Kombination von einem Beruhigungsmittel und einer Schmerzausschaltung an der Hornanlage erlaubt. Tierärztlich wird hierzu eine Sedation und Leitungsanästhesie empfohlen. Die Injektionsstelle liegt genau zwischen dem Hornansatz und dem leicht ertastbaren "Loch“, einem Knochenkanal im Schädel, an dem der das Horn versorgende Nerv austritt. Dieser befindet sich auf der Linie zwischen Hornanlage und dem äußeren Augenwinkel. Nach dem Eingriff sollten die Kälber ein länger wirksames Schmerzmittel erhalten.
Ist die postoperative Behandlung mit Schmerzmittel und Entzündungshemmer unzureichend, zeigen die Tiere durch ihr Verhalten ihre Schmerzbelastung an.
Eine Schmerzbelastung zeigt sich nach der Enthornung durch häufiges Kopfschütteln, Schlagen mit der Hinterhand, Rückwärtslaufen oder Ohrenschütteln. Auch schlechtes Trinken, Nahrungsverweigerung oder apathisches Stehen bei gesenktem Kopf sind typisch für starke Schmerzen.
Der postoperative Schmerz hält über einen längeren Zeitraum an. Treten Komplikationen bei der Wundheilung auf, ist auf eine weitere Schmerzversorgung zu achten.
Mittlerweile fordern einzelne Molkereien statt der Sedierung eine richtige Betäubung, die nur ein Tierarzt vornehmen darf.
Wenn enthornt werden soll, scheint die zweite Lebenswoche ein geeineter Zeitpunkt zu sein. Spätestens dann ist die Hornknospe gut fühl- und sichtbar. Gleichzeitig ist der Eingriff bei noch kleinen Hornanlagen etwas weniger invasiv als bei älteren Tieren, wenngleich er immer mit erheblichen Schmerzen verbunden ist.
Beim Enthornen vor dem Umstallen aus Einzeliglus in Kälbergruppen kann die Wundheilung leichter kontrolliert werden. Unmittelbar nach dem Umstallen in Gruppen muss sich das Immunsystem der Jungtiere auf ein neues Keimmilieu einstellen und das Tier auf die Gruppe, was sich negativ auf die Wundheilung auswirken kann.
Meist wird den Kälbern heute innerhalb der ersten Lebenswochen die Hornanlage entfernt. Die Berufsgenossenschaften empfehlen diese Maßnahme aus Gründen der Arbeitssicherheit insbesondere in Laufstallhaltungen. In Deutschland ist nur das thermische Enthornen zugelassen. Zum Einsatz kommt meist ein Brennstab bei Sedierung und lokaler Betäubung des Kalbes.
Grundsätzlich darf nach § 6 (1) Satz 3 Tierschutzgesetz auf diese Weise enthornen, wer über die entsprechenden Kenntnisse dazu verfügt. Die chirurgische Enfernung von Hörnern obliegt aber dem Tierarzt.
Das Enthornen ist aus Tierschutzsicht gesellschaftlich und politisch zunehmend umstritten seitdem bekannt ist, dass die Jungtiere ausgesprochen schmerzempfindlich sind. So zeigen die Kälber nach dem Enthornen bei Nachlassen der lokalen Betäubung noch über mehrere Stunden starke Schmerzreaktionen.
Letzte Aktualisierung 18.07.2024