Verkaufskälber gut versorgen Verkaufskälber gut versorgen

Gute Kälberversorgung zahlt sich aus

Verkaufskälber müssen seit Januar 2023  mindestens 28 Tage auf den Milchviehbetrieben bleiben. In dieser Zeit sollten sie intensiv gefüttert werden. Das stärkt auch ihr Immunsystem.

Seit 2023 dürfen Kälber laut Tierschutz-Transport-Verordnung (TierSchTrV) erst ab einem Alter von 28 Tagen transportiert werden. Hintergrund für die Anhebung des Transportalters von 14 auf 28 Tage ist das noch nicht stabile Immunsystem der jungen Kälber.

Junge Kälber geraten in den ersten Lebenswochen in eine sogenannte immunologische Lücke. Die Konzentration der Antikörper, die sie mit dem Kolostrum nach der Geburt aufnehmen, nimmt ab, bevor das eigene Immunsystem ausreichend ausgebildet ist.

Die Bundestierärztekammer und andere Fachinstitutionen stufen Kälber darum bis zum Abschluss der vierten Lebenswoche als "Tiere mit physiologischen Schwächen“ ein, womit sie als nicht transportfähig gelten. Transporte und der damit verbundene Stress sowie neue Umgebungen mit vielen unterschiedlichen und fremden Keimen schwächen die jungen Kälber zusätzlich und gefährden ihre Gesundheit. Das spätere Transportalter soll also der Tiergesundheit dienen und das Tierwohl verbessern.

Kolostrum schützt vor Krankheiten

In der Aufzucht ist es entscheidend, die immunologische Lücke möglichst schnell zu schließen. Die Basis dafür wird mit der Versorgung der neu geborenen Kälber mit Kolostrum gelegt. Sie sollten so schnell wie möglich Biestmilch aufnehmen, am besten mindestens 3,5 Liter innerhalb der ersten Stunde. Auch die Transitmilch, also die Milch der Kühe in den Tagen nach der Geburt, enthält neben Immunglobulinen viele maternale Schutzstoffe, wie unter anderem Untersuchungen der Cornell Universität belegen.

Als Zielgröße benennen Wissenschaftler die Aufnahme von insgesamt 1 kg Immunglobulinen pro Kalb über das Kolostrum und die Transitmilch. Das ist schützt vor Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfekten, die zu den häufigsten Erkrankungen von Kälbern in den ersten Lebenswochen zählen.

Mindestens 10 Liter Milch tränken

Für eine gute Entwicklung benötigen Kälber zunächst ausreichende Mengen an Milch. Wissenschaftliche Versuche zeigen, dass Kälber, die täglich 10 bis 12 Liter Vollmilch oder Milchaustauscher erhielten, deutlich bessere Tageszunahmen erzielten als Kälber, die 8 Liter Milch oder Milchaustauscher und weniger pro Tag bekamen.

Bei einer Versorgung mit weniger als 8 Litern Milch oder Milchaustauscher pro Tag hungerten die Tiere, wie wissenschaftliche Untersuchungen an der kanadischen Universität British Columbia belegen. Die Versuchstiere dieser Gruppe fielen durch deutlich mehr Besuche am Tränkeautomaten auf, ohne dass sie Milch bekamen. Erst bei 12 Liter Milch pro Tag und Kalb besuchten die Kälber den Tränkeautomaten kaum noch.

Eine amerikanische Feldstudie belegt zusätzlich die Wirkung einer ausreichenden Milchversorgung auf die Gesundheit der Kälber. Demnach reduziert jeder mehr gefütterte Liter Milch die rechnerische Wahrscheinlichkeit von Durchfall um 12 Prozent.

Frühzeitig festes Futter und Wasser anbieten

Auch ein frühzeitiges Angebot von festem Futter wie Kälber-TMR, Heu und Kraftfutter wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Kälber aus. Laut EU-Verordnung muss den Kälbern ab dem achten Lebenstag Raufutter zur Verfügung stehen. Kälber, die frühzeitig Kraftfutter und Heu angeboten bekommen, haben höhere tägliche Zunahmen. Zudem zeigten diese Kälber weniger Verhaltensauffälligkeiten wie gegenseitiges Besaugen.

Ebenfalls wichtig für eine gute Entwicklung der Kälber ist das Angebot von Wasser aus offenen Eimern. Auf diese Weise aufgenommenes Wasser gelangt direkt in den Pansen, wodurch die Pansenmikroben in ihrer Entwicklung gestärkt werden.

Gut entwickelte Kälber erzielen gute Preise

Die verlängerte Aufzucht der Verkaufskälber auf dem Milchviehbetrieb kostet Geld. In einer Praxiserhebung im ersten Halbjahr 2022 im landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem in Niedersachsen wurden zusätzliche Kosten von durchschnittlich 130 Euro je Kalb für einen zwei Wochen längeren Verbleib auf dem Geburtsbetrieb errechnet.

Darin enthalten sind die Kosten für Milchaustauscher (ad libitum bis 21. Tag, danach Begrenzung auf 10 Liter pro Tag und Kalb), die 90 Euro je Kalb ausmachten. Das Enthornen der Tiere und Impfungen schlagen mit etwa 15 Euro zu Buche sowie 20 Euro für Einstreu und Kälber-TMR je Kalb und Arbeitszeit. Einige Kälber erlitten Durchfallerkrankungen oder Atemwegsinfekte, die je nach Schweregrad Kosten zwischen 30 und 60 Euro je Kalb verursachten. Diese Kosten wurden anteilig mit in die Durchschnittskosten eingerechnet.

Diese Kostenaufstellung macht deutlich, wie wichtig eine gute Kälbergesundheit und damit eine intensive Fütterung ist. Sie bilden die Grundlage für hohe Zunahmen und gute Verkaufsgewichte, denn schwere und gut entwickelte Kälber erzielen am Markt deutlich bessere Preise.

Das gilt für schwarzbunte Bullenkälber, aber insbesondere auch für Kreuzungskälber. Deshalb ist die gezielte Anpaarung der Hostein Friesian Kühe, die nicht für die Zucht genutzt werden sollen, mit Fleischrassen sinnvoll.

Kosten sparen durch Gruppenhaltung

Um die Kosten für die Aufzucht der Verkaufskälber so gering wie möglich zu halten, bietet sich die Haltung der Kälber in kleinen Gruppen oder als Pärchen an. Außerdem führt die Haltung in Kleingruppen zu mehr Tierwohl, da sie den Kälbern soziale Kontakte zu ihren Artgenossen erlaubt.

Die Einzelhaltung in Boxen oder Iglus ist arbeitszeitintensiv. Gut geeignet sind Kälberboxen, in denen die Trennwände herausgenommen werden können. Es gibt inzwischen verschiedene Kälberhütten auf dem Markt, mit denen sich eine Gruppenhaltung der Verkaufskälber effektiv umsetzen lässt.

Allerdings sind die Platzvorgaben der Tierschutzhaltungsverordnung für Kälber in Gruppenhaltung ab der dritten Lebenswoche bis acht Wochen einzuhalten. Sie besagen, dass pro Kalb mindestens 1,5 m² Bodenfläche zur Verfügung stehen muss.

Eine weitere Einsparung an Arbeitszeit lässt sich durch den Einsatz von automatisierten Fütterungssystemen erzielen. Diese haben zudem den Vorteil, dass sie den Kälbern die Milch in mehreren Portionen über den Tag verteilt zu sich nehmen können, was ihrer natürlichen Ernährung näher kommt.

Bessere Versorgung, höherer Erlös

Der verlängerte Verbleib der Verkaufskälber auf dem Geburtsbetrieb erhöht die Kosten für die Milchviehbetriebe durch Vorhalten von Stallplätzen, Futter und Arbeit. Am Markt werden allerdings schwere Kälber honoriert, so dass eine gute Versorgung der Kälber angestrebt werden sollte.

Eine frühzeitige und ausreichende Kolostrumversorgung ist der beste Schutz vor Erkrankungen in den ersten Lebenstagen. Die Unterschiede mehr oder weniger gut versorgter Kälber sind nach 28 Tagen sichtbarer als nach 14 Tagen. Insbeonsdere gut entwickelte Kreuzungskälber erzielen deutlich bessere Preise, so dass sich bei den Kühen, die nicht für die Zucht gedacht sind, eine Anpaarung mit Mastrassen lohnen kann.


Letzte Aktualisierung 31.07.2024

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