Ausreichend Kolostrum für vitale KälberAusreichend Kolostrum für vitale Kälber

Warum Kolostrum so wichtig für Kälber ist

Kolostrum in den ersten Lebensstunden ist beim Kalb entscheidend für den Aufbau des eigenen Immunstatus. Kälber mit gutem Immunstatus leiden auch später seltener an Durchfall- und Atemwegserkrankungen und zeigen bessere Wachstumsraten. 

Kälber kommen ohne Abwehrkräfte auf die Welt. Ihr Immunsystem ist erst mit sieben bis zehn Lebenstagen in der Lage, eigene Antikörper zu produzieren.Ihre Immunisierung erfolgt über die Kolostralmilch (Biestmilch) der Kuh, die alle wichtigen Immunglobuline enthält, die das Kalb für die Etablierung eines eigenen Abwehrsystems braucht. Eine schnelle Versorgung mit Kolostrum ist daher für die Neugeborenen lebensnotwendig.

Das Erstgemelk hat außerdem einen hohen Nährstoffgehalt und enthält eine Vielzahl an bioaktiven Wirkstoffen sowie lebende, maternale Immunzellen. Diese Kombination an Inhaltstoffen fördert zusätzlich die Darmentwicklung, indem beispielsweise das Zottenwachstum im Dünndarm angeregt wird. Und gut ausgebildete Darmzotten sind ein Baustein für ein leistungsfähiges Verdauungssystem.

Doch nicht nur die Menge der verabreichten Biestmilch ist entscheidend, sondern auch der Zeitpunkt der Verabreichung. Denn in den ersten vier Stunden im Leben des jungen Kalbes ist die Darmschranke noch vollständig geöffnet und so stehen die Immunglobuline sofort im Blutkreislauf des Kalbes zur Abwehr bereit. Mit fortschreitender Zeit sinkt die Resorptionsrate für Immunglobuline deutlich. Nach zwölf Stunden ist die Darmschranke für bestimmte Immunglobulinfraktionen bereits geschlossen.

Drei Liter in den ersten drei Stunden tränken ist Minimum

Fachleute betonen daher, dass die Kälber innerhalb der ersten drei Lebensstunden mit mindestens drei Litern Kolostrum versorgt werden sollten. Hierfür sollte die Kuh nach der Geburt zügig gemolken werden. Das kann im Melkstand geschehen, aber auch mit einer mobilen Melkmaschine.

Wichtig ist, dass hygienisch einwandfreies Kolostrum gewonnen wird. Milchkannen, Nuckeleimer und Nuckelflaschen müssen sauber und frei von Biofilmen sein, um Durchfälle verursacht durch E.Coli-Keime zu vermeiden. Das Erstgemelk sollte dem Kalb kontrolliert mit Nuckelflasche oder Nuckeleimer verabreicht werden.

Der Saugreflex ist bei den Kälbern in der Regel unmittelbar nach der Geburt am stärksten. Sie nehmen über den Nuckel von Flasche oder Eimer häufig problemlos drei bis vier Liter Kolostrum auf. Die Milch sollte warm sein. Ideal ist eine Temperatur von 39 °Celsius. Nur bei schwachen Kälbern, die nicht ausreichend Biestmilch aufnehmen, wird geraten, diese mit drei bis vier Litern Kolostrum vorsichtig zu drenchen.

Praxistipp: Kolostrumreserven anlegen

Es lohnt sich, für den Notfall eine Kolostrumbank anzulegen. Hierfür sollte nur Kolostrum mit hohen Immunglobulingehalten verwendet werden. Die Qualität kann mit Hilfe einer Kolostrumspindel oder eines Refraktometers bestimmt werden.

Das Kolostrum kann in speziellen Beuteln oder anderen geeigneten Gefäßen in verschiedenen Größen von 0,5 bis 3 Litern eingefroren werden. Schonend wieder aufgetaut, kann es im Notfall, wenn eine Kuh nicht ausreichend Kolostrum hat, an das neugeborene Kalb vertränkt werden.

Kontrollierte Kolostrumgabe nach jeder Geburt

Auch wenn die Kälber nach der Geburt bei der Kuh bleiben, beispielsweise in der muttergebundenen Aufzucht, sollte man sich nicht darauf verlassen, dass die Kälber ausreichend Kolostrum bei der Mutter aufnehmen.

Wissenschaftliche Untersuchungen weisen nach, dass 50 Prozent der Kälber, die unbeaufsichtigt bei der Kuh saufen, nicht ausreichend Kolostrum aufnehmen. Deshalb wird geraten, allen Kälbern wenigstens zwei Liter Kolostrum direkt nach der Geburt kontrolliert zu verabreichen. Wenn sie dann bei der Mutter saufen, nehmen sie insgesamt genügend Immunglobuline auf.

Qualität der Biestmilch bestimmen

Neben Menge und Zeitpunkt der Kolostrumgabe spielt bei der Versorgung der Kälber auch die Qualität des Kolostrums eine wichtige Rolle. Zur Qualitätsbestimmung ist die Messung der IgG-Fraktion im Kolostrum geeignet. Hierfür gibt es verschiedene praxistaugliche Instrumente, die leicht zu handhaben sind. Gut geeignet sind Kolostrumspindeln und Refraktometer, die es in optischer oder digitaler Ausführung gibt. Die Beurteilung der Qualität erfolgt anhand von Tabellenwerten. Darüber hinaus kann die Immunglobulinversorgung der Kälber auch in einer Blutprobe überprüft werden.

Transitmilch ad libitum anbieten

Die Biestmilch enthält auch in den Tagen nach der Geburt noch wertvolle Immunglobuline. Diese werden zwar nicht mehr über die Darmschranke aufgenommen, schützen aber dennoch gegen krankmachende Erreger im Darm. Deshalb empfehlen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Milch aus den ersten fünf Tagen nach der Geburt an das Kalb zu vertränken. Am besten zur freien Aufnahme. Die Milch kann auf einen pH-Wert von 5,5. leicht angesäuert werden Auf diese Weise kann der Eimer mit der Milch bis zur nächsten Mahlzeit hängen bleiben und das Kalb kann jederzeit saufen. Auch eine Ergänzung der Kolostralmilch mit Vollmilch ist in dieser Zeit möglich.

Das wichtigste im Überblick

  • Das Kalb ist darauf angewiesen, lebensnotwendige Immunglobuline mit dem Kolostrum der Mutter aufzunehmen.
  • Die erste Kolostrumgabe sollte in den ersten drei Lebensstunden des Kalbes mit mindestens drei Litern erfolgen, weil sich bereits nach vier Stunden die Darmschranke für bestimmte Immunglobulinfraktionen schließt.
  • Eine gute Kolostrumversorgung schützt die Kälber vor Durchfall- und Atemwegserkrankungen und ist die Grundlage für einen guten Start ins Leben.
  • Eine gute Biestmilchversorgung reduziert die Kälbersterblichkeit deutlich.

Letzte Aktualisierung 26.01.2023

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