Zukunftsfähige Haltungssysteme Zukunftsfähige Haltungssysteme

Mehr Tierwohl im Stall

Wie können Stallsysteme aussehen, die sowohl den Bedürfnissen von Mastschweinen als auch der Umwelt gerecht werden und die den Landwirtinnen und Landwirt darüber hinaus ein wettbewerbsfähiges Wirtschaften ermöglichen?

Diese Fragen beschäftigten Fachleute der Landesanstalten für Landwirtschaft, der Landwirtschaftsämter und der Landwirtschaftskammern aus ganz Deutschland zwei Jahre lang. Gemeinsam mit Experten des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) entwickelten sie ein zukunftsfähiges Haltungskonzept für Mastschweine, das sie in der Broschüre "Gesamtbetriebliches Haltungskonzept Schwein – Mastschweine" zusammenfassten. Darin beschreiben die Fachleute zukunftsfähige Stallmodelle, bei denen sowohl die Bedürfnisse der Schweine (Platzangebot, Gestaltung der Liegeflächen) als auch verfahrenstechnische Aspekte (Fütterungs-, Entmistungs- und Stallklimatechnik) und hygienische Anforderungen berücksichtigt wurden.


 BZL-Broschüre "Gesamtbetriebliches Haltungskonzept Schwein - Mastschweine"

Wie können Haltungssysteme für Mastschweine zukünftig gestaltet werden, damit sie tierfreundlich, umweltgerecht und wettbewerbsfähig sind? Die BZL-Broschüre stellt Lösungsansätze vor, die von einer bundesweit zusammengesetzten Expertengruppe erarbeitet wurden.

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Buchtenstruktur als Planungsgrundlage

Denjenigen Landwirtinnen und Landwirten, die sich mit dem Gedanken des Baus beziehungsweise des Umbaus eines Schweinestalls tragen, empfehlen die Fachleute, die Funktionsbereiche des Stalls als Grundlage ihrer Planung zu nutzen. Im Mittelpunkt sollte dabei die Gestaltung der Liegeflächen, die Anordnung der Futterplätze, die Einrichtung der Tränken, die Platzierung des Beschäftigungsangebots und eine geeignete Abgrenzung des Kotbereichs stehen.

Gestaltung der Liegeflächen

Hausschweine sind am Tag aktiv, und zwar insbesondere am Vor- und am Nachmittag. In ihren Ruhephasen liegen die Tiere gern gemeinsam und zeitgleich. In der Bucht suchen sie sich dazu den Platz aus, der ihnen am angenehmsten ist. Folgende Maßnahmen bei der Gestaltung der Liegeflächen wirken sich positiv auf das Ruheverhalten von Mastschweinen aus:

  1. Ausreichend große Flächen: Der Ruhebereich sollte groß genug geplant werden, damit alle Tiere gemeinsam in Halbseitenlage ruhen können. Denn Schweine signalisieren Wohlbefinden, wenn sie in normaler Bauchlage mit eingeknickten Beinen oder in Halbseitenlage liegen. Bei der Planung des Liegeplatzes müssen Landwirte auch den Zuwachs der Tiere über die Mastperiode hinweg berücksichtigen. So benötigt ein verkaufsreifes Mastschwein von 120 Kilogramm etwa einen halben Quadratmeter mehr pro Tier als ein frisch eingestalltes Ferkel von 30 Kilogramm.
  2. Trockener Boden: Damit Schweine ihren Liegeplatz akzeptieren, sollte der Boden in diesem Bereich möglichst trocken sein. Darüber hinaus sollte das Klima im Stall so gesteuert werden können, dass die Ruhebereiche frei von Zugluft sind. Bei Außenklimaställen ist die Gestaltung des Liegebereiches besonders wichtig (Abdeckung des Liegebereichs).
  3. Visuelle Trennung von anderen Bereichen: Es bietet sich an, den Liegebereich so einzurichten, dass er von drei Seiten geschlossen ist, damit ein Schutz- und Rückzugsraum entsteht. Der Blick aus dem Bereich sollte dabei frei bleiben.
  4. Genügend breiter Zugang: Um den nötigen Individualabstand von Tieren unterschiedlicher Rangordnung wahren zu können, sollte der Zugang zum Ruhebereich ausreichend breit geplant werden (mehr als zwei Meter).
  5. Durchqueren vermeiden: Die Position des Liegebereichs sollte so gewählt werden, dass die Tiere den Bereich nicht durchqueren müssen, um zu den Tränken oder zu den Beschäftigungseinrichtungen zu gelangen.
  6. Gut einsehbar: Der Ruhebereich der Schweine sollte auch für den Betreuer gut einsehbar sein.

Futterplätze und Beschäftigungsangebot

Wildschweine verbringen einen großen Teil ihrer Zeit mit der Suche nach Nahrung. Meist fressen sie gleichzeitig und wahren dabei einen deutlichen Abstand zueinander. Hausschweine zeigen diese natürlichen Verhaltensweisen ebenfalls. In Stallhaltungen ist es den Tieren jedoch meist unmöglich, die natürliche Distanz untereinander einzuhalten. Deshalb ist bei der Planung der Fütterungseinrichtungen dafür zu sorgen, dass alle Tiere genügend Platz und Zeit zum Fressen bekommen:

  1. Weites Tier-Fressplatz-Verhältnis: Ideal ist ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1. Bei einem ausreichenden Futterangebot kann das Verhältnis enger gestaltet werden.
  2. Zusätzlich Beschäftigung anbieten: Aktivitätsbereiche, in denen organisches Beschäftigungsmaterial angeboten wird, helfen zusätzlich. Das Beschäftigungsmaterial sollte für die Tiere stets gut erreichbar sein und so platziert werden, dass mehrere Tiere gleichzeitig Zugang zu den Materialien haben.
  3. Trittsicherer Boden: Die genaue Platzierung der Futtertröge hängt von der Form des dargereichten Futters und von der Gestaltung des Bodens ab. In jedem Fall sollte der Boden trocken und trittsicher sein. Trockenfutterautomaten können mittig in die Bucht integriert werden. Bei Brei- oder Nassfütterungen muss der Ablauf von Flüssigkeiten gewährleistet werden, da Schweine durch Wasserkontakt beim Fressen zum Urinieren neigen.

Einrichtung der Tränken

Schweine sind Schlürftrinker, die zu jeder Zeit trinken, besonders oft nach der Futteraufnahme. Diese Verhaltensweise sollte auch bei der Einrichtung der Tränken beachtet werden. Befinden sich die Aktivitätsbereiche (Fressen, Beschäftigung) auf geschlossenen Böden, sollten die Tränken auf den perforierten Böden im Kotbereich platziert sein. Bei Voll- oder Teilspaltenböden ist eine Anordnung im Fressbereich möglich.

Abgrenzung des Kotbereichs

Zum Koten entfernen sich Schweine normalerweise so weit wie möglich von ihren Fress- und Liegeplätzen. Sie nutzen den Kot und Harn zur Markierung ihres Reviers. Dieses Markierungsverhalten kann bei der Buchtengestaltung genutzt werden. Deshalb

  • sollte der Kotplatz weit entfernt von den Ruhe- und Fressplätzen liegen und sich deutlich von ihnen abgrenzen,
  • sollten Nachbarbuchten im Kotbereich nicht durch feste Wände, sondern durch Gitter getrennt werden.
  • sollte der Boden trittfest, rutschsicher und gut durchlässig für Exkremente (Kot, Harn) sein.

Verfahrenstechnische Abläufe berücksichtigen

Beim Bau von Schweineställen müssen auch die verfahrenstechnischen Abläufe für die Futter- und Wasserversorgung der Tiere, für die Steuerung des Stallklimas und für die Entmistung sorgfältig geplant werden. Auf folgende Punkte weisen die Fachleute in der BZL-Broschüre besonders hin:

1.   Futterversorgung und Entmistung: Technik muss zum Stall passen

Um eine effiziente Futterversorgung und Entmistung zu gewährleisten, müssen die entsprechenden stallbaulichen und technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Soll beispielsweise ein Schlepper eingesetzt werden, sind befahrbare Gänge notwendig (Laufgänge, Mistgänge). Automatisch arbeitende Techniken hingegen brauchen große Ställe mit langen Achsen und einer entsprechenden Deckenhöhe. Welches Entmistungsverfahren gewählt wird, hängt vom verwendeten Haltungsverfahren (Tiefstreustall, Teilspaltenboden, Vollspaltenboden) ab.

2.   Beschäftigungsmaterial: Schon beim Stallbau an die Entsorgung denken

Auch beim Einsatz von organischem Beschäftigungsmaterial müssen die technischen Voraussetzungen stimmen, und zwar sowohl für die Zufuhr in den Stall als auch für die Entsorgung aus dem Stall. Flüssigmistsysteme müssen beispielsweise so angelegt werden, dass strukturiertes Faserfutter bzw. dessen Reste problemlos entfernt werden können (Beispiellösungen: Einbau von Schieberentmistungen, geneigte Ausführung der Kanalsohle, Einsatz von Spülsystemen). Denn bei nicht angepasster Bewirtschaftung besteht die Gefahr, dass sich Schwimmdecken aufbauen und Güllesysteme somit nicht mehr funktionsfähig sind.

3.     Steuerung des Stallklimas

Den bauwilligen Landwirt stellt nicht zuletzt die Gestaltung des Stallklimas vor einige Herausforderungen. Er muss dafür sorgen, dass die in den Stall strömende Frischluft gut klimatisiert, effektiv und zugluftfrei zum Tier gelangt und die verbrauchte Luft kontrolliert vom Tier abgeführt wird. Darüber hinaus muss er durch Heizung oder Kühlung gewährleisten, dass die Temperaturen im Stall den Bedürfnissen der Tiere entsprechen (Alter der Tiere, Jahreszeit). Deshalb sollten beispielsweise Mikroklimabereiche (isolierte Liegeflächen, Liegekisten oder Einstreu), die eine Wärmeableitung verhindern, gleich mitgeplant werden. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass Schweine nicht schwitzen können. Deshalb sollten ihnen in ihrer Bucht auch Möglichkeiten der Abkühlung zur Verfügung stehen (zum Beispiel wärmeableitende Böden, sonnengeschützte Plätze im Außenbereich, Duschen, Bäder oder Suhlen).

Hygienische Anforderungen beachten

Vor dem Stallbau sollten neben dem eigentlichen Stallgebäude auch die notwendigen Nebenräume mitgeplant werden. Dazu zählen Hygieneschleuse, Kadaverlager, Verladerampe sowie Stroh- und Futterlager. Eine Stallanlage muss aus Hygienegründen einen einzigen Eingang besitzen, hinter dem eine Hygieneschleuse mit einem unreinen Raum (mit Kleiderablage) und einem reinen Raum (mit Waschgelegenheit und sauberer Stallkleidung) angeordnet ist. Für die An- und Ablieferung der Tiere sollten ein separater Ein- und Ausgang und ein Raum zum Sammeln der Tiere vorhanden sein.


Letzte Aktualisierung 11.05.2021

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