Neufassung der TA LuftNeufassung der TA Luft

Strengere Regeln für den Schadstoffausstoß

Seit Dezember 2020 liegt ein Entwurf für die Neufassung der TA-Luft vor. Dieser bringt weitreichende Veränderungen für die landwirtschaftliche Tierhaltung mit sich und wird von landwirtschaftlichen Fachverbänden in Teilen stark kritisiert. Erfahren Sie hier, welche Änderungen sich daraus für Tierhalterinnen und Tierhalter ergeben würden und wie viele Betriebe betroffen wären.

Nach vielen Jahren des Ringens hatten sich Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium im Herbst vergangenen Jahres auf einen gemeinsamen Entwurf zur Neufassung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft – kurz TA Luft – geeinigt. Im Dezember 2020 wurde dieser Entwurf von Bundeskabinett verabschiedet und bedarf jetzt noch der Zustimmung des Bundesrates.

Was ist die TA Luft und für wen gilt sie?

Die TA Luft ist die "Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz". Sie ist das zentrale Regelwerk zur Regulierung von Schadstoffemissionen und -immissionen von Anlagen, die nach Immissionsschutzrecht genehmigt werden müssen. Sie regelt also, wie hoch in der Umgebung solcher Anlagen die Luftbelastung sein darf – für praktisch alle Schadstoffe, die von diesen Anlagen in die Luft emittiert werden. Ausgenommen sind Treibhausgase, die dem Emissionshandel unterliegen.

Laut Bundesumweltministerium sind in Deutschland etwa 50.000 Anlagen unterschiedlicher Branchen von der TA Luft betroffen. Dazu zählen unter anderem Fabriken der chemischen Industrie, Zementwerke oder Abfallbehandlungsanlagen, aber auch zahlreiche Tierhaltungsanlagen. Als Tierhaltungsanlagen im Sinne des Immissionsschutzrechts gelten solche Ställe, die eine vorgegebene Anzahl an Tierplätzen (Anhang 1 der 4. BImSchV) überschreiten: Beispielsweise Ställe mit mehr als 1.500 Mastschweinen, 560 Sauen oder 30.000 Masthähnchen.

Die letzte Novellierung der TA Luft liegt inzwischen fast 20 Jahre zurück. Mit der Neufassung soll das Regelwerk daher jetzt an aktuelles EU-Recht und den fortgeschrittenen Stand der Technik angepasst werden. Neu aufgenommen werden sollen außerdem Regelungen für die Emission von Gerüchen und Stickstoffverbindungen.

Warum wird die TA Luft für Tierhaltungsanlagen verschärft?

Die landwirtschaftliche Tierhaltung ist von der geplanten Neufassung der TA Luft deutlich stärker betroffen als von der alten, noch gültigen Fassung. Warum ist das so?

Die Landwirtschaft verursacht hohe Emissionen an Ammoniak. Das belegen unter anderem Zahlen des Thünen-Instituts. Ammoniak ist ein Gas, das durch Überdüngung und Versauerung zur Schädigung empfindlicher Biotope und zur Bildung von gesundheitsgefährdendem Feinstaub beitragen kann.

Deutschland ist gemäß der europäischen NEC-Richtlinie verpflichtet, die Gesamtemissionen an Ammoniak bis 2030 um 29 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2005 zu mindern. Da rund 95 Prozent der nationalen Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft – und hier insbesondere aus der Tierhaltung – stammen, steht dieser Sektor unter einem besonderen Anpassungsdruck.

Welche wesentlichen Änderungen sieht der Entwurf der TA Luft für Tierhaltungsbetriebe vor?

Minderung der Emissionen um 40 Prozent in V-Anlagen

Bei der Neuerrichtung von Anlagen, die im vereinfachten Verfahren genehmigt werden – sogenannte V-Anlagen nach Anlage 1 der BImSchV – werden im TA Luft-Entwurf adäquate "qualitätsgesicherte Minderungstechniken und -verfahren" verlangt, die die Ammoniakemissionen um mindestens 40 Prozent senken. Darunter fallen zum Beispiel die Güllekühlung, die Gülleansäuerung oder spezielle Spaltentechniken. Für Altanlagen werden Übergangsfristen eingeräumt.

Unter die V-Anlagen fallen Stallgebäude mit Zwangslüftung mit 1.500 bis 2.000 Mastschweineplätzen, 560 bis 750 Sauenplätzen, 4.500 bis 6.000 Ferkelplätzen (getrennte Aufzucht), 30.000 bis 40.000 Plätzen für Masthähnchen und Junghennen und 15.000 bis 40.000 Plätzen für Legehennen und Puten.

Verpflichtende Abluftreinigung in G-Anlagen

Bei der Neuerrichtung von Stallgebäuden mit Zwangslüftung ab 2.000 Mastschweineplätzen, 750 Sauenplätzen, 6.000 Ferkelplätzen (getrennte Aufzucht) und 40.000 Plätzen für Geflügel – die sogenannten G-Anlagen nach Anlage 1 der BImSchV – soll nach TA Luft-Entwurf eine Abluftreinigung vorgeschrieben werden. Durch die Abluftreinigungseinrichtungen müssen mindestens 70 Prozent der Ammoniakemissionen gefiltert werden. Bestandsanlagen müssen innerhalb von fünf Jahren nachgerüstet werden, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich verhältnismäßig ist.

Da sich Abluftreinigungen in Haltungsverfahren mit verbessertem Tierwohl (z. B. Offenställe) nicht immer einsetzen lassen, sieht der TA-Luft-Entwurf für solche Anlagen Ausnahmen vor. Ebenso gibt es Ausnahmen für Altanlagen, für die eine Nachrüstung aufgrund der Anlagenbauweise nicht verhältnismäßig ist. In beiden Fällen gilt: Diese Anlagen müssen durch geeignete Maßnahmen für einen Emissionsminderungsgrad von 40 Prozent bzw. im Falle tiergerechter Außenklimaställe von 33 Prozent in Bezug auf Ammoniak sorgen.

Laut der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion handelt es sich bei der Abluftreinigung um eine Minderungsmaßnahme, die heute bereits in fünf Bundesländern als Stand der Technik für diese großen Anlagen anzusehen ist und dort seit mehreren Jahren verpflichtend eingebaut werde. Das BMU schätzt, dass somit noch etwa 175 Anlagen in Deutschland aufgrund der TA Luft mit Abluftreinigungseinrichtungen nachgerüstet werden müssten.

Mehrphasenfütterung und maximale Obergrenze für Stickstoff und Phosphor

Laut TA Luft-Entwurf sollen künftig alle Betriebe dazu verpflichtet werden, die Fütterung an den Energie- und Nährstoffbedarf der Tiere anzupassen. Hierfür sind rohprotein- und phosphorangepasste Futtermischungen oder Rationen in einer Mehrphasenfütterung einzusetzen. Bei Mastschweinen, Masthühnern und Mastenten sollen mindestens drei Phasen und bei Puten mindestens sechs Phasen angewendet werden. Die Stickstoff- und Phosphorgehalte in den Ausscheidungen von Schweinen und Geflügel dürfen dabei gewisse Werte nicht überschreiten. Für Öko-Betriebe gelten hier im Bedarfsfall Ausnahmen, da nach Öko-Vorgaben keine synthetischen Aminosäuren zugefüttert werden dürfen.

Die Bundesregierung geht in der Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP davon aus, dass 80 Prozent der insgesamt 1.950 Schweinemastanlagen und über 96 Prozent von 1.200 Geflügelhaltungen in Deutschland bereits heute nährstoffangepasst füttern. Entsprechend müssten noch 390 Schweinemast- und 40 Geflügelbetriebe technische Einrichtungen zu Mehrphasenfütterung nachrüsten.

Höhere Emissionsminderung bei Güllelagerung

Für die Güllelagerung sieht der TA-Luft-Entwurf folgende Änderung vor: In Güllelagern außerhalb des Stalls müssen die Geruchs- und Ammoniakemissionen durch geeignete Maßnahmen um 90, statt wie bisher um 80 Prozent gemindert werden.

Neue Regeln für Geruchsemissionen

Neu in die TA Luft aufgenommen werden sollen Regelungen zum Schutz vor Geruchsbelästigungen. Grundlage dafür ist die Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie, GIRL). Diese wird nach Auskunft des Bundesumweltministeriums bereits (mit geringen inhaltlichen Abweichungen) von allen Bundesländern angewendet.

Mindestabstand zu Wohnbebauung

Bei der Ersterrichtung von Ställen muss nach TA-Luft-Entwurf ein Mindestabstand von 100 Metern zur nächsten Wohnbebauung eingehalten werden. Gegenüber stickstoffempfindlichen Pflanzen und Ökosystemen soll in der Regel ein Mindestabstand von 150 m nicht unterschritten werden.

Ausnahmen für Tierwohl-Ställe

Der Entwurf der TA Luft sieht vor, dass Haltungsverfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen, selbst dann eingesetzt werden können, wenn sie zu höheren Emissionen führen.

Emissionen aus tiergerechten Außenklimaställen sind nach TA Luft-Entwurf aber ohnehin geringer als diejenigen aus geschlossenen Ställen ohne Abluftreinigung. Entsprechende Werte dazu (nach VDI Richtlinie 3894) sind im Entwurf zu finden. Neuere Messungen der LUFA Nord-West aus dem Jahre 2020 unterstützen diese Aussage. Es wird dort aber auch darauf hingewiesen, dass das Management bei den Geruchs-, Ammoniak- und Methanemissionen eine entscheidende Rolle spielt.

Kritik von landwirtschaftlichen Interessenverbänden

Kritik an dem Entwurf der TA Luft kommt von den landwirtschaftlichen Interessenverbänden. In einer gemeinsamen Stellungnahme warnen der Verband unabhängiger Sachverständiger im Agrar-Umweltbereich (VUSA) und der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) vor negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Tierhalterinnen und Tierhalter. Durch die neue TA Luft würde der Strukturwandel zu immer weniger und größeren Betrieben massiv befördert. Die Verbände sehen in der Neuregelung zudem eine Gefahr für die Nutztierstrategie der Bundesregierung. Der Deutsche Bauernverband befürchtet "einen Kahlschlag für die deutsche Tierhaltung".

Entwurf muss noch durch den Bundesrat

Der vom Bundeskabinett am 16.12.2020 beschlossene Entwurf muss nun noch vom Bundesrat bewilligt werden. Wann der Bundesrat sich damit befassen wird, ist allerdings noch unklar. Nach Angaben von topagrar sind bislang über 300 Änderungsanträge zum TA-Luft-Entwurf an den federführenden Umweltausschuss der Länderkammer eingegangen. Es ist davon auszugehen, dass die Vielzahl der Eingänge den Beschluss des Bundesrats verzögern wird.

Letzte Aktualisierung 13.04.2021

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