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Milchviehhaltung in Norddeutschland findet häufig auf trockengelegten Mooren statt. Kühe auf diesen Standorten haben oft regelmäßigen Weidegang und viel Platz zur Verfügung. Bild: C. Gothe
Welche Auswirkungen hat die Wiedervernässung von Mooren auf die Milchviehhaltung und was bedeutet das für die dortige Milcherzeugung?
Moore wurden über Jahrhunderte entwässert, um Siedlungsflächen zu gewinnen und um Landwirtschaft betreiben zu können. Heute sind in Deutschland mehr als 90 Prozent der Moore nutzbar gemacht worden. Da jedoch aus diesen Flächen rund 53 Millionen Tonnen CO2 entweichen, wie Untersuchungen zeigen, ist die Wiedervernässung der Moore ein politisches Ziel.
Die Wiedervernässung schafft die Voraussetzungen für eine größtmögliche CO2-Speicherung im Boden als sogenannte Kohlenstoffsenke. Dieser Prozess bedarf jedoch einer Vielzahl ineinandergreifender Maßnahmen. Die Landwirtschaft und insbesondere die Grünlandwirtschaft mit der Milchviehhaltung sind hiervon massiv betroffen. Zwar verringert die Anhebung der Wasserstände die Emissionen, aber die Nutzungsmöglichkeiten der Flächen verändern sich dadurch. Daher sind alternative Nutzungskonzepte wie Extensivierung oder nasse Nutzung erforderlich.
Organische Böden bedecken mit 1,93 Millionen Hektar 5,4 Prozent der Fläche Deutschlands. Davon werden 61 Prozent als typische Moorböden klassifiziert. 47 Prozent sind Niedermoorböden und 14 Prozent Hochmoorböden. Niedersachsen ist mit einer Moorfläche von 34 Prozent am moorreichsten. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern haben jeweils Moorflächen von 15 Prozent. Die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung von Mooren gründet auf ihrer Entwässerung, die teilweise Jahrhunderte zurückliegt.
Inzwischen haben in Deutschland mehr als 98 Prozent der Moore einen veränderten Wasserhaushalt. Jedes Jahr entweichen aus diesen Flächen knapp 50 Tonnen CO2-Äquivalente. Das sind rund vier Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands und 37 Prozent der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen.
Im Jahr 2021 hat die Bundesregierung das deutsche Klimaschutzgesetz erlassen. Durch das Gesetz sollen die Treibhausgasemissionen Deutschlands massiv gesenkt und langfristig Klimaneutralität erreicht werden.
2022 folgte der Kabinettsbeschluss zur Nationalen Moorschutzstrategie. Ihr Ziel ist es, die vorhandenen Moore zu schützen, trockengelegte Moore durch Wiedervernässung wiederherzustellen und die Bewirtschaftung von Mooren klimaverträglich zu gestalten.
Zur Erreichung der Klimaneutralität müssten bis 2045 jeweils etwa 50.000 Hektar Moore wiedervernässt und nass bewirtschaftet werden, wie im EIP-Projekt UMZOG festgestellt wurde.
Die Nationale Moorschutzstrategie beinhaltet zehn Handlungsfelder mit 49 Zielen und 117 Maßnahmen. Ziele sind unter anderem:
Bei einer Wiedervernässung von Flächen gibt es eine Vielzahl von Aspekten, die berücksichtigt werden müssen. Für die Landwirtschaft ist vor allem folgendes zu klären:
Vor allem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern laufen Forschungsprojekte und Studien, die sich konkret mit der Vereinbarkeit von Moorschutz und Milchviehhaltung beschäftigen.
Im Projekt GreenMoor, das vom Grünlandzentrum Niedersachsen und Bremen und der Universität Greifswald betreut wird, wird untersucht, wie Verfahren der Weide- und Schnittnutzung so angepasst werden können, dass eine praxistaugliche Feuchtwirtschaft auf Hochmoorböden möglich wird. Im Zentrum der Maßnahmen stehen die Festigkeit der Grasnarbe und die Frage, wie das Management der Weidehaltung bei Feuchtbewirtschaftung angepasst werden muss.
Das Projekt MoWa, Moornutzung im Wandel, begleitet die Umsetzung der Nationalen Moorschutzstrategie. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen analysiert mit der Förderung Niedersachsens die potenziellen sozioökonomischen Auswirkungen der Veränderungen hin zu einer torfschonenden oder torferhaltenden Moorbewirtschaftung und entwickelt Lösungsperspektiven.
Das Gutachten "Ökonomische Betroffenheit eines angepassten Niederungsmanagements für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein“, dass das Landwirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein in Auftrag gegeben hat, beleuchtet die ökonomischen Auswirkungen für die betroffenen Regionen.
Wie sich Moorflächen auf die Klimabilanz der Milcherzeugung auswirken, berechnet die Landwirtschaftskammer Niedersachsen beispielhaft für einen Milchviehbetrieb auf Hochmoorböden.
Auch die Niederlanden stehen vor der Herausforderung Milchviehhaltung und Moorvernässung zu vereinen. Auf der Versuchsfarm Kennis Transfer Centrum (KTC) Zegveld wird untersucht, wie unterschiedliche Bodenwasserstände, der Grabenwasserspiegel und der Grundwasserspiegel zusammenhängen. Gemeinsam mit der niederländischen Weidegangstiftung (Stichting Weidegang - Heimat) werden wichtige Faktoren für die Beweidung auf feuchtem Torfboden erforscht.
Eine Befragung von fünf Milchviehhaltern mit Erfahrung in der Moorbewirtschaftung ergab beispielsweise, dass die Tragfähigkeit des Bodens und die Dichte der Grasnarbe mit zunehmender Beweidung besser wird, da die Beweidung den Grasaustrieb fördert. Empfohlen wird die mehrmalige Überweidung auf kurzem Gras anstelle einer einmaligen Beweidung im hohen Gras. Auf der Versuchsfarm KTC Zegveld wird auch ein “Hochwassersystem“ mit einem Wasserstand von 20 Zentimetern unter der Bodenoberfläche mit einem ”Niedrigwassersystem" mit einem Wasserstand von 50 Zentimetern unter der Bodenoberfläche verglichen. Ziel der Untersuchungen ist die optimale Reduzierung der Treibhausgasemissionen von Methan, Lachgas und Kohlendioxid bei Erhalt der Milcherzeugung.
Welche Alternativen der landwirtschaftlichen Bewirtschaft gibt es zur Milchviehhaltung? Bei der Vollvernässung oder nassen Nutzung der Moore sieht es derzeit in der Praxis so aus, dass die Grenzen für den Futterbau und die Milchviehhaltung unter anderem aufgrund der mangelnden Befahrbarkeit schnell erreicht werden.
Extensive Nutzungen sind leichter umsetzbar. Einige Fleischrinderrasse, Moorschnucken, Damwild oder Gänsen kommen hier in Betracht. Auch die Haltung von Wasserbüffeln ist eine weitere Alternative, wobei die Nachfrage für deren Produkte derzeit schwer einzuschätzen ist.
Als pflanzenbauliche Lösung kommen Paludikulturen in Frage. Ihr Name leitet sich vom lateinischen Wort Palus gleich Sumpf ab. Pflanzen wie Rohrkolben, Torfmoos oder Schilf kommen mit einem hohen Wasserstand gut klar. Sie können als Energiepflanzen in der Biogasanlage oder als Bau- und Dämmstoffe verwertet werden. Hinsichtlich der Verwendung für Bau- und Dämmstoffe besteht allerdings weiterer Forschungbedarf. Auch müssen sich neue Wertschöpfungsketten in der Breite erst etablieren.
Aus der Praxis gibt es auch erste Berichte zu einer alternativen Moornutzung mit Moosbeeren wie zum Beispiel Cranberries. Außerdem wird die Agro-Photovoltaik zur Nutzung von Moorflächen diskutiert - sogar in Verbindung mit Paludikulturen als Doppelnutzung.
NLWKN: Mooris- Moorinformationssystem Niedersachsen
Letzte Aktualisierung 11.02.2025