Digitalisierung im Kuhstall schreitet voran Digitalisierung im Kuhstall schreitet voran

Kuhstall 4.0

Vollautomatische Fütterung, Melkroboter, Messung von Milchinhaltsstoffen, Erfassung von Gesundheits- und Bewegungsdaten an der Kuh - die Digitalisierung im Kuhstall nimmt weiter zu.

Automatische Systeme, Sensoren und Roboter unterstützen in Milchviehbetrieben in vielfältiger Art und Weise. Die Technik erleichtert nicht nur die tägliche Arbeit. Sie stellt eine Vielzahl von Daten bereit, die eine zuverlässige Grundlage für Entscheidungsfindungen bilden. Hier nur einige Beispiele.

Gleichbleibende Futterrationen

Die Kuh hat einen Stoffwechsel wie ein Hochleistungssportler. Sie reagiert sehr sensibel auf eine unausgewogene Futterration oder auch auf Rationen, deren Inhaltstoffe und Bestandteile variieren – etwa durch Varianzen beim Beladen des Futtermischwagens. Und Schwankungen in der Futterration sind direkt in der Milchleistung abzulesen.

Inzwischen übernehmen in immer mehr Betrieben automatische Fütterungssysteme das Füttern. Sie entlasten die Arbeitskräfte und füttern die Kühe mehrmals am Tag mit einer gleichbleibenden Ration. Der Vorteil: die Kühe haben immer frisches Futter im Trog, sie fressen mehr und der Stress bei der Futteraufnahme wird reduziert. Das kommt vor allem den rangniederen Tieren zugute, die ungestört fressen können, ohne von den anderen Kühen verdrängt zu werden. Und die Landwirtin oder der Landwirt hat einen guten Überblick darüber, wieviel Futter die Kühe einer Futtergruppe gefressen haben, weil die automatischen Fütterungssysteme die Daten aufzeichnen.

Vitalitätsdaten der Kuh per Sensor

Das Verdauungssystem der Kühe ist die Schaltstelle für Wohlbefinden, Gesundheit und Leistung. Wie es einer Kuh geht, lässt sich heute mit vielen technischen Möglichkeiten analysieren. Digitalisierung hilft hierbei enorm. Sensoren am Tier können viele Daten erfassen. Dazu zählen zum Beispiel die Wiederkäutätigkeit, die Futter- und Wasseraufnahme, die Körpertemperatur sowie die Bewegungsaktivität der Kuh.

Die Sensoren können am Hals mit einem Halsband, im Ohr als Ohrmarke oder am Fuß als Pedometer angebracht sein. Es gibt auch Sensoren in Form eines Bolus, der den Kühen eingegeben wird und im Netzmagen verbleibt. Mit diesen erfassten Daten lassen sich beispielsweise Brunst und der optimale Besamungszeitpunkt der Kühe erkennen. Die Sensoren erkennen auch, wie lange eine Kuh steht oder liegt. Daraus ergeben sich wichtige Hinweise über die Gesundheit der Kühe, über eventuelle Lahmheiten, Eutererkrankungen oder auch bevorstehende Kalbungen.

Krankheiten frühzeitig erkennen

Wenn dann noch die erhobenen Daten aus dem Melkstand oder dem automatischen Melksystem hinzukommen, wird das Bild vom Wohlbefinden der einzelnen Kuh noch deutlicher.

Neben der Milchmenge können zum Beispiel auch Milchinhaltstoffe, Leitwert, Zellgehalt und Farbe der Milch gemessen werden. Werden alle Daten zusammengeführt, funktionieren sie wie ein Frühwarnsystem zur Erkennung von Krankheiten. Fällt beispielsweise die Milchmenge im Vergleich zum Vortag deutlich ab und die Auswertung des Bewegungsprofils der Kuh ergibt, dass sie viel gestanden hat, könnte sich eine Euterentzündung ankündigen.

Durch die Zusammenführung der Daten können somit auch in großen Herden auffällige Kühe frühzeitig erkannt und gezielt auf Erkrankungen untersucht werden. Auch lassen sich durch die Daten Auffälligkeiten erkennen, bevor sie klinisch sichtbar werden. Letztlich lassen sich durch die Früherkennung und rechtzeitiges Gegensteuern, Kosten für tierärztliche Behandlungen und Medikamente und Ausfälle einsparen. Viele überbetriebliche Auswertungen zeigen, dass bei Erkrankungen wie beispielsweise Euterentzündungen neben den reinen Behandlungskosten auch die Folgekosten wie eine geringe Milchleistung die Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung belasten.

Doch die erhobenen Daten können nur optimal genutzt werden, wenn sie in einem Herdenmanagementprogramm zusammengeführt werden. Sinnvollerweise sollten auch externe Daten wie die Ergebnisse der Milchkontrolle, Protokolle der Klauenpflege oder zu tierärztlichen Behandlungen über eine Schnittstelle integriert und verarbeitet werden können.

Es kann auch hilfreich sein, die Gesundheitsdaten jeder Kuh zu hinterlegen, um sie Bedarf aufzurufen. So kann die Tierhalterin oder der Tierhalter auf einen Blick sehen, welche gesundheitliche Historie die betreffende Kuh hat.

In den Herdenmanagementprogrammen lassen sich Alarm- und Tierkontrolllisten nach bestimmten Kriterien anlegen oder Tiere für die Selektion nach dem nächsten Melkdurchgang zusammenstellen. Der Nutzen kann zusätzlich gesteigert werden, wenn Beratung und Tierarztpraxen durch entsprechende Schnittstellen eingebunden werden können.

Datenzugriff per Smartphone und Tablet

Immer häufiger können die Daten und Alarmfunktionen auch direkt auf das Smartphone oder Tablet geschickt werden. Inzwischen gibt es zahlreiche Apps rund um Herdenmanagement, Fruchtbarkeit oder Fütterung. Dadurch haben alle, die im Stall arbeiten, die nötigen Informationen sofort vor Ort zur Hand.

Digitale Systemen helfen auch den Standort der Kühe schnell und präzise zu bestimmen - nicht nur auf der Weide. Es können unter anderem Kühe, die längere Zeit nicht am Melkroboter waren, schneller gefunden und geholt werden.

Außerdem bieten Ortungssysteme die Chance, die Wege der Kuh im Stall nachzuvollziehen. Diese Informationen können dazu genutzt werden, die Einteilung und die Organisation des Stalls zu optimieren.

Auch bei der Erkennung von Kühen, die zur Besamung anstehen, kann die digitale Technik herangezogen werden. Das sorgt für mehr Ruhe in der Herde. Und die Landwirtin oder der Landwirt spart wertvolle Arbeitszeit.

Digitalisierung im Stall hilft Mensch und Tier

Die Digitalisierung im Kuhstall schreitet zügig weiter voran. Sie erleichtert Kräfte zehrende und Zeit raubende Arbeiten und liefert viele zusätzliche Informationen. Sensoren am Tier erfassen Aktivitäts- und Gesundheitsdaten jeder Kuh, die helfen, Auffälligkeiten in einer Herde frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Das kommt sowohl dem Wohl des Tieres als auch der Wirtschaftlichkeit des Betriebes zugute.

Ebenfalls möglich ist der Austausch dieser Daten mit Dritten wie mit Beratung oder Tierarztpraxen. In Zukunft könnten Softwaresysteme sämtliche Parameter auswerten und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) direkte Handlungsempfehlungen abgeben - vorausgesetzt die Internetverbindungen am Einsatzort sind stabil. 

Wichtig bleibt aber: Die Technik soll Tierhalterinnen und Tierhalter unterstützen. Sie ersetzt keinesfalls die tägliche Kontrolle und Tierbeobachtung durch erfahrene Menschen.


Letzte Aktualisierung 18.07.2024

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