Ammoniakemissionen reduzierenAmmoniakemissionen reduzieren

So lassen sich Ammoniakemissionen im Stall reduzieren

Etwa ein Drittel der Ammoniakemissionen in der Rinderhaltung entstehen im Stall. Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich ein Großteil davon mindern.

Deutschland muss die Ammoniak-Emissionen reduzieren. Bis 2030 um 29 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2005 – so fordert es die EU. Der Grund: Ammoniak schadet der Umwelt, der menschlichen Gesundheit und dem Klima.

Ammoniak: Schadet Umwelt und Gesundheit

Ammoniak ist ein Gas, das negative Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit hat. Es schädigt naturnahe Ökosysteme durch Versauerung und Nährstoffüberversorgung, einhergehend mit einer Veränderung und Abnahme der Artenvielfalt.

Die Emission von Ammoniak verursacht außerdem Feinstaubbildung und gefährdet damit die menschliche Gesundheit. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz identifizierten Ammoniak in einer 2017 veröffentlichten Studie als wichtigste Ursache für die Luftbelastung, speziell in weiten Teilen Europas. Laut der Forscher könnten pro Jahr weltweit 250.000 Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind, vermieden werden, wenn die landwirtschaftlichen Ammoniakemissionen um 50 Prozent niedriger wären.

Ammoniak gilt zudem als indirektes Treibhausgas, denn es kann zu Lachgas umgewandelt werden. Lachgas ist rund 300 Mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid.

Hauptemissionsquelle Rinderhaltung

Betroffen von den Verschärfungen ist vor allem die Landwirtschaft. Laut Thünen Institut sind ihr allein 95 Prozent aller Ammoniakemissionen zuzuschreiben (Stand 2018). Die Rinderhaltung trägt mit knapp 48 Prozent am meisten zu den landwirtschaftlichen Ammoniak-Emissionen bei. Der größte Teil entsteht hier bei der Ausbringung (50 %) und Lagerung (16 %) von Wirtschaftsdüngern. 32 Prozent fallen bereits im Stall an.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man die Ammoniakemissionen aus dem Stall über baulich-technische Maßnahmen verringern kann. Einige davon sind bereits hinreichend getestet worden, andere sind noch in der Erprobungsphase. Wir stellen Ihnen im Folgenden die Wichtigsten für die Milchviehhaltung vor.

Laufflächengestaltung hat großen Einfluss

Ammoniak entsteht vor allem aus dem Harn der Tiere. Der darin enthaltene Harnstoff wird durch Bakterien, die aus dem Kot stammen, zu Ammoniak und Kohlendioxid zersetzt. Im Stall findet dieser Prozess vor allem auf den Laufflächen und im Güllekeller statt. Dementsprechend liegt hier auch das größte Reduzierungspotenzial.

Planbefestigte Flächen emittieren weniger als perforierte

Perforierte Laufflächen (Spaltenböden) mit Güllekeller emittieren in der Regel mehr Ammoniak als ebene, planbefestigte Laufflächen mit Schieberentmistung – auch dann wenn die Spaltenböden mit einem Reinigungsroboter gereinigt werden. Das konnten verschiedene Untersuchungen in den vergangenen Jahren zeigen.

Das mag verwundern, denn der Harn kann von perforierten Laufflächen über die Spalten ja eigentlich schneller in den Güllekanal abließen, was eine Ammoniakminderung erwarten ließe. Das Problem ist jedoch: Die emittierende Oberfläche perforierter Flächen ist im Vergleich zu planbefestigen höher. Nicht nur die Oberseite, sondern auch die Unterseite sowie die Ränder der Spaltenelemente sind verschmutzt und emittieren. Außerdem kommt es durch die Spalten zum Luftaustausch und somit zu einer Freisetzung von Ammoniak aus dem Güllekanal. Durch das Rühren der Gülle in den Kanälen werden die Ammoniakemissionen dann noch zusätzlich erhöht.

Das gleiche gilt auch für Methanemissionen. Untersuchungen am Forschungsinstitut Agroscope in der Schweiz konnten zeigen, dass die Methanemissionen in Ställen mit Spaltenböden höher sind als in solchen mit planbefestigten Flächen.

Wie lassen sich Emissionen auf Laufflächen verringern?

Emissionsmindernde Laufflächen sind so gestaltet, dass der Harn so schnell wie möglich von der Fläche abfließen kann. Auf diese Weise verringert sich die Kontaktzeit zwischen Kot und Harn und es bildet sich weniger Ammoniak. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Plangefestigte Laufflächen mit Quergefälle und Harnrinne

Besonders effektiv in Bezug auf die Ammoniakminderung sind planbefestigte Laufgänge mit einem Gefälle hin zu einer Harnsammelrinne. In der Praxis hat sich ein Gefälle von drei Prozent als effektiv erwiesen. Das Gefälle bewirkt, dass der Harn schnell von der Oberfläche abfließt, um dann durch eine Harnrinne abgeleitet zu werden. Ein Schieber mit speziellem Rinnenreiniger sorgt dafür, dass die Lauffläche und Rinnen stets sauber sind.

Untersuchungen am Schweizer Forschungsinstitut Agroscope belegen, dass die Ammoniakemissionen auf derart geneigten Laufflächen um 20 Prozent niedriger sind als auf vergleichbaren Flächen ohne Gefälle. Dadurch, dass die Flächen sauberer und trockener sind, verbessert sich nachweislich auch die Klauengesundheit der Kühe.

Gummirillenböden lassen sich auf planbefestigten Flächen nachrüsten

Wer keinen Neu- oder aufwändigen Umbau plant, kann über die Nachrüstung von Gummirillenböden auf planbefestigten Flächen eine Senkung der Ammoniakemissionen erreichen. Bei Gummirillenböden handelt es sich um Bodenelemente mit Rillen in Längsrichtung, in die der Harn abgeleitet wird. Die Auftrittsflächen haben bei manchen Ausführungen ein dachförmiges Gefälle, damit der Harn noch schneller in die Längsrillen abläuft. Der Schieber ist an den Boden angepasst und verfügt über eine kammförmige Lippe, um die Rillen leer zu räumen. Diese Maßnahme sorgt für eine zügige Trennung von Kot und Harn und trägt damit zu einer Verminderung der Ammoniakemissionen bei. Getestet werden solche Gummirillenböden derzeit im Projekt EIP Rind in verschiedenen Baden-Württembergischen Praxisbetrieben.

Gummirillenböden reduzieren nicht nur die Ammoniakemissionen. Sie beeinflussen auch positiv die Klauenbelastung und verbessern damit die Klauengesundheit. Außerdem sorgen die Gummimatten dafür, dass die Kühe weniger ausrutschen.

Möglichkeiten für Spaltenböden begrenzt

Für Spaltenböden gibt es bislang nur wenige Möglichkeiten, die Ammoniakemissionen zu senken. Einige Hersteller bieten emissionsmindernde Spaltenbodenauflagen an. Diese Auflagen haben auf den Auftrittsflächen ein dachförmiges Gefälle, das dafür sorgt, dass der Harn rasch in die Spalten abgeleitet wird. Um den Gasaustausch mit dem Güllekeller zu mindern, wurde der Schlitzanteil dieser Auflagen um bis zu 75 Prozent reduziert. Erreicht hat man das dadurch, dass man die Anzahl der Schlitze und die Schlitzbreite verringert hat. Diese aus Gummi bestehenden Auflagen werden für die jeweilige Spaltengeometrie maßangefertigt und mittels geklemmten Gummibefestigungsteilen in den Spalten fixiert.

Bisher liegen keine Werte vor, um wie viel sich die Ammoniakemissionen mit diesen Matten mindern lassen. Auch hierzu laufen gerade im Rahmen des Projekts EIP Rind Tests in verschiedenen baden-württembergischen Milchviehbetrieben.

Anfeuchten der Laufflächen als ergänzende Maßnahme

Über das Anfeuchten der emissionsmindernden Laufflächen verspricht man sich einen zusätzlichen Effekt auf die Ammoniakemissionen. Die dafür erforderlichen Wasserdüsen können in den Liegeboxenkanten und den Kanten des erhöhten Fressplatzes integriert oder einfach über die Laufgänge montiert werden. Das Wasser hat hierbei die Funktionen, Schmierschichten zu vermeiden oder zu verringern und somit den fehlenden Harn zu ersetzen. Wie Untersuchungen von Agroscope belegen, verbessert das regelmäßige, automatisierte Besprühen der Laufflächen – im Schweizer Fall durch einen wasserführenden Entmistungsroboter – das Reinigungsergebnis der mechanischen Entmistung und lässt damit eine Verringerung der Ammoniakemissionen erwarten.

Erhöhter Fressbereich vermindert Emissionsfläche

Milchkühe werden heute meist in Laufställen gehalten. Neben arbeitswirtschaftlichen Vorteilen bietet der Laufstall den Kühen mehr Platz und Bewegung und fördert damit das Tierwohl. Ein Nachteil dieses größeren Platzangebots ist allerdings, dass auch die mit Kot und Harn verschmutzte Bodenfläche größer ist, was zu höheren Ammoniakemissionen führt.

Der Fressgang ist in der Regel der am meisten verschmutzte Bereich des Stalls. Um diese stark verschmutzte Fläche etwas zu reduzieren, kann der Laufbereich durch den Einbau eines erhöhten Fressbereichs strukturiert werden. Fressplatzabtrennungen bringen die Tiere am Fressgitter dazu, im rechten Winkel zur Fressachse zu stehen. Dadurch fällt der Kot und Harn nicht auf die Standflächen des Fressbereichs, sondern in den Laufbereich dahinter. Dort können die Exkremente problemlos und in einer häufigeren Frequenz mit dem Schieber entfernt werden, ohne dass die Tiere beim Fressen gestört werden. Versuche von Agroscope konnten zeigen, dass diese Maßnahme in der Winterzeit zu einer Minderung der Ammoniakemissionen zwischen acht und 19 Prozent führt.

Ein strukturierter und erhöhter Fressplatz fördert zudem auch das Tierwohl, denn er reduziert Verdrängungen durch die Tiere untereinander und fördert damit eine ungestörte Futteraufnahme.

Laufhöfe geschickt planen

Laufhöfe fördern zwar das Tierwohl, stellen aber eine zusätzliche emittierende Fläche dar. Über eine geschickte Laufhofgestaltung und -anordnung lassen sich aber auch hier die Ammoniakemissionen reduzieren.

So sind zum Beispiel innenliegende, windgeschützte Laufhöfe von Vorteil, weil hier die verminderte Luftgeschwindigkeit zu einem stabilen Gleichgewicht zwischen gelöstem Ammonium und gasförmigem Ammoniak beiträgt. Eine temporäre Laufhofbeschattung durch jalousienartige Konstruktionen kann die Temperatur bei hoher Sonneneinstrahlung zusätzlich mindern und führt dadurch ebenfalls zur verringerten Ammoniakemissionen.

Wer angegliederte Laufhöfe zusätzlich durch erhöhte Fressplätze und Liegeplätze strukturiert und so anordnet, dass die Schieberentmistung einen Großteil des Laufhofs mitreinigt, sorgt auch dort für eine effektive Verminderung der Emissionsfläche.

Entmistungsroboter

Die Robotertechnologie zur Flächenreinigung in Ställen hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Die heute existierende Technik mit hohen Reinigungsintervallen und Wasserreinigung hilft auf planbefestigten und perforierten Flächen, Verschmutzungen deutlich reduzieren. Dadurch werden – insbesondere auf planbefestigten Flächen – Ammoniak-Emissionen gemindert. Vor allem aber sorgen saubere Laufflächen für eine bessere Klauengesundheit und sie verhindern die Bildung von Schmierschichten, auf denen Kühe ausrutschen können.

Güllelager mit fixer Abdeckung

Die Güllelagerung trägt in der Milchviehhaltung zwar nur mit neun Prozent zur Ammoniakemission bei. Ein Großteil davon ließe sich aber effektiv mindern, wenn auf Güllelagern eine fixe Abdeckung – in Form einer Betondecke oder eines Zeltdachs – montiert würde. Untersuchungen zeigen, dass eine solche Abdeckung die Emissionen um bis zu 80 Prozent reduzieren kann.

Gülleansäuerung

Die Ansäuerung von Gülle mit Schwefelsäure ist eine überaus effektive Methode zur Verringerung von Ammoniakausgasung in der Tierhaltung. Das zeigen Erfahrungen aus Dänemark, wo dieses Verfahren bereits seit über zehn Jahren angewendet wird. In der Rinderhaltung liegt das Minderungspotenzial für Ammoniak mit dieser Maßnahme laut Umweltbundesamt (UBA) bei bis zu 50 Prozent. Neben Ammoniak verringert die Ansäuerung von Gülle im Übrigen auch die Emission der Klimagase Methan und Lachgas. Überdies führt die Ansäuerung zu einer Veränderung der Gülleeigenschaften. Die in der Gülle enthaltenen Hauptnährstoffe sind dadurch besser für die Pflanze verfügbar, außerdem verringert sich die Umweltbelastung durch Nitratauswaschung, so das UBA.

In Deutschland ist das Verfahren aufgrund verschiedener rechtlicher Hindernisse noch nicht in der Anwendung. Laut der Firma JH Agro aus Dänemark, die bislang als einzige Firma ein solches System zur Gülleansäuerung im Stall anbietet, geht in Kürze aber eine erste Anlange auf einem Milchviehbetrieb in Niedersachsen in Betrieb.

EIP Rind - Bauen in der Rinderhaltung

Emissionsmindernd, tiergerecht und umweltschonend

Viele der in diesem Artikel genannten Maßnahmen zur Minderung von Ammoniak im Stall werden gerade im Projekt EIP Rind auf verschiedenen baden-württembergischen Rinderbetrieben getestet. In dem Projekt geht es vorrangig darum, die Ziele Tierwohl und Emissionsminderung mit praxistauglichen Anwendungen in Einklang zu bringen.

Mehr Infos zum Projekt auf der Projekt-Website: EIP Rind

Simulator Ammoniak-Emissionspotenzial Milchvieh

In diesem Projekt wurde der „Simulator Ammoniak-Emissionspotenzial Milchvieh“ entwickelt. Dabei handelt es sich um ein einfaches Excel-Tool mit dem der Effekt der Maßnahmen auf die Ammoniak-Emissionen in Milchkuhlaufställen abgeschätzt werden kann.

Die kostenlose Excel-Anwendung kann auf der Projekt-Website heruntergeladen werden: Simulator Ammoniak-Emissionspotenzial Milchvieh


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