Biogene Amine in Grassilagen und Gesundheit von MilchkühenBiogene Amine in Grassilagen und Gesundheit von Milchkühen

Biogene Amine in Grassilagen

Das EIP-Projekt "Grünland und Tiergesundheit Eifel“ untersuchte die Zusammenhänge zwischen der Qualität der Grassilage und der Tiergesundheit von Kühen auch anhand biogener Amine.

Bei der Konservierung von Gras finden zahlreiche Gärprozesse statt, die einen erheblichen Einfluss auf die Qualität des Futters haben. Eine besondere Stellung nimmt die Entstehung biogener Amine ein, die als Folge des Protein- und Aminosäureabbaus entstehen. Hohe Anteile biogener Amine aber beeinflussen den Geschmack und damit die Futterakzeptanz und können außerdem die Gesundheit beeinträchtigen. Ziel des Projekts war es daher, die zeitlichen Verläufe der Fütterung der Silagen mit den Verläufen der Milchleistungsprüfung (MLP) und der Tiergesundheit in Beziehung zu setzen.

Das EIP-Projekt "Grünland und Tiergesundheit Eifel“ untersuchte über einen Zeitraum von zwei Jahren die gesamte Wirkungskette der Milcherzeugung über Grundnährstoffversorgung, Zusammensetzung und Ertrag des Grünlands, Qualität der erzeugten Grassilagen, Rationsgestaltung und Milchproduktion und Tiergesundheit auf vier Milchviehbetrieben (A, B, C, D). Insgesamt standen auf den Betrieben 1.200 Holstein-Friesian-Milchkühe in Herdengrößen von 70, 250 und 600 Kühen. Zu berücksichtigen ist, dass die Versuchsjahre 2017/2018 tendenziell trockene Jahre mit vier bzw. drei Schnitten waren.

Flächenausstattung und Grundfuttererzeugung mit 60 bis 70 Prozent Grassilage und Rest Maissilage waren vergleichbar, wobei zwei Betriebe Weidehaltung anboten und zwei Betriebe ganzjährige Stallhaltung praktizierten. Die Auswertung der Daten wurde mit dem Programm "HERDE-Managementprogramm“ von dsp-Agrosoft vorgenommen und die Grünlandbewertung nach der Klapp-und-Stählin-Methode. Es erfolgten außerdem eine Presssaftanalyse auf Nitrat-, Ammonium- und Gesamtzuckergehalt zum Schnittzeitpunkt und Wiegeproben zur Ertragsmessung. Drei Betriebe nutzten zur Silagebereitung Fahrsilos, ein Betrieb Hochsilos mit Obenentnahmetechnik.

Bei der Silageanalyse wurden auch die Anteile an biogenen Aminen (BA) und Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) untersucht, die Hinweise auf die Zersetzungsprozesse geben.

Außerdem erfolgte eine Milchleistungserfassung über MLP, Blutanalysen von Leber- und Stoffwechselparametern, die Dokumentation der Klauenbehandlungen und eine monatliche Bonitierung der Herden nach den Methoden Lahmheitsdiagnose (LCS) und Body Condition Score (BCS).

Biogene Amine: Unterschiede zwischen Betrieben und Schnitten

Die Grünlanduntersuchung zeigte einen niedrigen Leguminosenanteil und eine starke Graslastigkeit der Pflanzenbestände.

Bestätigt wurde, dass neben dem optimalen Schnittzeitpunkt auch der Verschmutzungsgrad und der Trockenmassegehalt für die Qualität der erzeugten Grassilagen maßgeblich ist.

Die Grassilagen hatten beim Anteil der biogenen Amine signifikante Unterschiede zwischen den Betrieben und Schnitten. Der Gehalt an biogenen Aminen lag mit 8-13 g/kg TM für die Betriebe C und D deutlich über dem bisher empfohlenen Grenzwert von 5 g/kg TM für die Summe aller biogenen Amine.

"Bemerkenswert war, dass die Fütterung von Rationen mit hohen Gehalten an biogenen Aminen die Milchleistung nicht beeinflusste. Dagegen unterlagen die Zellzahlen einer Veränderung bei Umstellung der Silagen in den Rationen“, so der Leiter der Operationellen Gruppe, Rudolf Leifert. Im Projekt zeigten sich auch Zusammenhänge zwischen nicht optimal konditionierten Kühen und schlechter Klauengesundheit und Lahmheitsgraden gemäß LCS.

Mindere Silagequalität, schlechte Leberwerte

Deutlich positiv stellten sich die Betriebe A und B mit den geringsten Gehalten an biogenen Aminen in den Grassilagen sowohl in der Klauengesundheit als auch bei den Lahmheiten dar. Diese Betriebe zeigten maximal 30 g/Kuh und Tag biogene Amine in der Ration. Betriebe mit Problemen in der Tiergesundheit hingegen zeigten eine Aufnahme biogener Amine von bis zu 100 g/Kuh und Tag.

Minderwertige Silagen mit einem hohen Gehalt an biogenen Aminen hatten außerdem schlechtere Leberwerte zur Folge. "Bei den monatlichen Betriebsbesuchen mit Monitoring durch BCS und LCS Scoring fielen auch vermehrt Kühe mit klebrigen Kotverschmutzungen im Bereich des Schwanzansatzes und der Sitzbeinhöcker nach der Fütterungsumstellung auf Rationen mit erhöhten Gehalten an biogenen Aminen auf“, berichtet Rudolf Leifert. "Die betroffenen Tiere zeigen in der Folge häufig vermehrt Stoffwechselstörungen, starken Verlust an Körpersubstanz und zunehmende Klauenprobleme, vor allem mit Dermatitis Digitalis, auch Mortellaro-Krankheit genannt, eine schmerzhafte lokale Infektion der Haut über dem Klauenschuh, kaudal über den Weichballen, im Zwischenklauenspalt und kranial an der Krone. Diese Beobachtung legt den Verdacht nahe, dass die biogenen Amine negative Auswirkungen auf die Darmfunktion und die Darmgesundheit haben. Dieser Zusammenhang sollte in weiteren Studien näher untersucht werden.“

Grünlandnutzung ganzheitlich betrachten

Die Studie unterstreicht, dass die ganzheitliche Betrachtung vom Grünland über die Futterkonservierung, der Rationsgestaltung bis hin zur Tiergesundheit und der Milchproduktion Aufschluss über die Wirkungszusammenhänge gibt. Auch wenn für die Bestimmung präziser Grenzwerte für biogene Amine (BA) und Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) Fütterungsversuche unter standardisierten Bedingungen notwendig sind, so können für die Praxis Handlungsempfehlungen gegeben werden, die zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Milchviehhaltung führen und Lösungsansätze zur Vorbeugung gegen Faktorenkrankheiten bieten.

Empfehlungen und Lösungsansätze für die Praxis 

  • Vielfältige Grünlandbestände mit hochwertigen Futterpflanzen bilden die Grundlage für hohe Erträge bei guter Futterqualität. Diese Bestände verfügen über eine deutlich höhere Ernteelastizität. Dies erleichtert die Findung eines optimalen Schnittzeitpunktes bei entsprechender Witterung.
  • Presssaftanalysen helfen bei der Bestimmung des optimalen Schnittzeitpunkts.
  • Geringe BA- und GABA-Gehalte können nur durch konsequente Futterhygiene, sauberes Erntegut und TM Gehalte >35 Prozent erzielt werden. Dies kann vor allem durch einfache Maßnahmen wie Einstellung der Schnitthöhe, konsequente Beseitigung von Wild- und anderen Narbenschäden und Ernte bei trockenen Böden erreicht werden.
  • Bei Auftreten von Faktorenkrankheiten und den beschriebenen klebrigen Kotverschmutzungen an Schwanz und Sitzbeinhöckern in der Herde, die Grassilagen auf biogene Amine untersuchen lassen.
  • Eventuell Minimierung der BA- und GABA-Gehalte in den Futterrationen durch Verschneiden der Silagen.  
  • Vermeidung der Aufnahme von BA und GABA durch Weidegang, da bei Frischgrasfütterung die Aufnahme der Substanzen nicht erfolgt.
  • In Fahrsiloanlagen kann der TM Gehalt der Silagen kaum über 40 Prozent TM gesteigert werden, da dann Probleme mit Fehl- und Nachgärungen bei der Bereitung, Verdichtung und Entnahme entstehen können. Hochsiloanlagen und die Futterkonservierung als Heu in solarunterstützten Unterdachtrocknungsanlagen mit Entfeuchtertechnik sind eine sinnvolle Alternative.

Letzte Aktualisierung 25.01.2023

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