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Wenn Mastrinder beim Öffnen der Stalltür aufschrecken, die Tiere häufig brüllen, aufreiten oder mit wilden Kopfbewegungen das Futter am Futtertisch verteilen, sind das ernst zu nehmende Anzeichen für größere Unruhe im Stall.
Auch langes Stehen der Tiere, häufiges Schwitzen, Verschmutzungen und regelmäßige Auseinandersetzungen gelten als Symptome für eine unruhige Herde.
Unabhängig davon, ob diese Verhaltensweisen regelmäßig oder periodisch auftreten, sinken bei unruhigen Rindern die Wiederkautätigkeit und die Futteraufnahme. Darüber hinaus können Unruhe bedingte Kämpfe unter den Tieren zu Verletzungen und sogar zu vorzeitigen Abgängen führen.
Häufig wird vermutet, dass bei aktiven Rassen wie Braunvieh, Schwarz- oder Rotbunte automatisch mehr Unruhe im Stall herrscht, während dies bei ruhigeren Rassen wie Fleckvieh oder Charolais nicht der Fall ist. In der Praxis ist das Phänomen der Unruhe aber häufig unabhängig von der Rasse zu beobachten. Das heißt, die Gründe dafür liegen in der Regel eher im Bereich des Managements.
Grundsätzlich gibt es viele unterschiedliche Ursachen für unruhige Tiere. Ein erster Schritt zur Vermeidung von Unruhe ist eine möglichst homogene Zusammenstellung der Gruppen bei der Einstallung. Die Tiere einer Bucht sollten möglichst gleich alt und körperlich ähnlich entwickelt sein. Auch das Leistungspotenzial sollte übereinstimmen (gleiche Rasse). Auf gar keinen Fall dürfen behornte und unbehornte Tiere in einer Bucht zusammengebracht werden, da sonst Auseinandersetzungen vorprogrammiert sind.
Wichtig ist zudem, die Gruppen möglichst durchgehend zusammenzuhalten, vom Ein- bis zum Ausstallen. Denn jede Neugruppierung bedeutet, dass sich eine neue Rangordnung ausbilden muss. Dafür benötigen die Tiere etwa ein bis drei Tage, in denen die Leistung der Tiere in der Regel stagniert. Wird die Gruppe während der Mastphase mehrfach verändert, ist dies meist mit weiteren Leistungseinbrüchen verbunden.
Ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden der Tiere in der intensiven Mast ist die Größe und Ausgestaltung der Buchten. Bei sehr kleinen Buchten mit einer Tiefe von deutlich weniger als vier Metern stören sich die Rinder automatisch beim Wechsel der Funktionsbereiche, etwa bei Gang zur Tränke oder ans Fressgitter. Deshalb wird grundsätzlich eine Buchtentiefe von mindestens vier, besser fünf Metern empfohlen, damit die Tiere im hinteren Bereich ungestört liegen können. Bei älteren Ställen kann deshalb das Zusammenlegen kleinerer Buchten sinnvoll sein.
Mit einer über der Bucht angebrachten Stange verhindert man das unerwünschte Aufreiten und kann den Liegebereich zusätzlich beruhigen. Neben dem Platzangebot hat auch die Ausgestaltung der einzelnen Funktionsbereiche Einfluss auf die Ruhe in der Bucht. So ist zum Beispiel ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1 anzustreben. Falls das in älteren Stallanlagen nicht möglich ist, muss die Fütterung darauf abgestimmt werden. Ziel sollte es sein, möglichst ganztägig gut gemischte Rationen vorzulegen.
Auf besonders beliebte Komponenten wie Kartoffeln oder zusätzliche Kraftfuttergaben per Hand sollte man dagegen verzichten, um Kämpfe um die freien Fressplätze zu vermeiden.
Doch auch die Zusammenstellung der Futterration beeinflusst die „innere Ruhe“ der Rinder. Hier werden unterschiedliche Einflussfaktoren diskutiert. Als wichtigster Auslöser von Unruhe gilt eine Unterversorgung mit Strukturfutter. Extreme Maissilage-Kraftfutter-Rationen mit zu geringen Anteilen an Strukturkomponenten wie Heu oder Stroh senken die Wiederkautätigkeit der Rinder und führen zu Ungleichgewichten im Pansen, bis hin zu Acidosen.
Gerade das Wiederkäuen ist bei Rindern wichtiger Bestandteil der Ruhephasen. Wie bei Milchkühen sollten deshalb auch bei Mastrindern mindestens 60 Prozent der ruhenden Bullen zwischen den Mahlzeiten wiederkäuen. Mit regelmäßigen Kontrollen lässt sich leicht feststellen, ob dieser Zielwert erreicht wird oder ob die Ration angepasst werden muss.
Auch nach einer Futterumstellung sollte man die Wiederkautätigkeit im Blick behalten. Bei eingeschränktem Wiederkäuen sollten pro Tier und Tag 200 bis 300 Gramm Häckselstroh als Strukturkomponente eingemischt werden. Wichtig ist, Kurzstroh einzusetzen, da die Tiere langes Stroh aussortieren.
Ein wesentlicher Punkt für möglichst ruhige Mastbullen ist der eigene Umgang mit den Tieren. Denn das Verhalten der Tiere ist oft eine Reaktion darauf, wie mit ihnen umgegangen wird. Im besten Fall baut der Betriebsleiter oder die Betriebsleiterin ein Vertrauensverhältnis zur Herde auf. Dazu gehört zum Beispiel, nicht nur zur Futtervorlage oder für notwendige tierärztliche Behandlungen im Stall zu sein, sondern auch zwischendurch bei Kontrollen. Dabei sollte ein möglichst positiver Kontakt zu den Tieren hergestellt werden.
Vor allem ist es wichtig, beim Aufenthalt im Stall selbst Ruhe ausstrahlen. Kontrollgänge oder die Futtervorlage sollten soweit möglich nicht unter Zeitdruck oder in hektischen Betriebsphasen erfolgen. Noch entscheidender ist eine ruhige Ausstrahlung in stressbehafteten Situationen, wie etwa beim Umtreiben einzelner Tiere oder bei einer notwendigen medizinischen Behandlung. Zu einem stressfreien Umgang gehört zum Beispiel, den Tieren Zeit zu geben, sich an ungewohnte Situationen zu gewöhnen und mit möglichst wenig Druck zu arbeiten, also ohne harte Schläge oder elektrische Viehtreiber.
Unruhige Herden führen in der Rindermast zu Leistungseinbußen und zum Teil sogar zu vorzeitigen Abgängen. Die Ursachen für Unruhe können vielfältig sein und oft durch genaue Beobachtung geklärt werden. Die häufigsten Gründe sind zu kleine Buchten, stallbauliche Mängel bei der Anordnung der Funktionsbereiche oder eine nicht pansengerechte Rationsgestaltung. Aber auch der Umgang mit den Tieren hat großen Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere. Denn Ruhe und Gelassenheit beim direkten Kontakt mit den Rindern übertragen sich auch auf die Herde.
Letzte Aktualisierung 18.07.2024