Stallbauliche Maßnahmen für mehr TierwohlStallbauliche Maßnahmen für mehr Tierwohl

Stallbauliche Maßnahmen für mehr Tierwohl

Die Rindermast in Deutschland ist eng mit der Milchviehhaltung verknüpft. Fast die Hälfte der erzeugten Fleischmenge stammt von den Bullenkälbern aus diesem Bereich, die als Jungbullen bis zu zwei Jahre lang gemästet werden.
Im Jahr 2020 wurden etwa 943.000 Mastbullen gehalten. Ein weiteres Drittel des Rindfleischangebots stammt aus der Schlachtung Kühen aus der Milcherzeugung und Mutterkuhhaltung. Bei der Mast von Rindern in Deutschland ist eine ganzjährige Stallhaltung üblich. Eine Ausnahme bildet die Mutterkuhhaltung, bei der die Kälber bis zu neun Monate in der Herde bleiben und überwiegend auf der Weide gehalten werden. Insbesondere bei Mastbullen wird aus Sicherheitsgründen meist auf Weidegang verzichtet.

Ein Stall soll natürliches Verhalten ermöglichen

Ziel der Haltung ist es, möglichst hohe Tageszunahmen und einen Schlachtkörper mit guter Bemuskelung und gleichmäßig geringer Fettabdeckung zu erreichen. Voraussetzung dafür ist neben einer angepassten Fütterung vor allem ein Haltungssystem, bei dem Rinder ihre natürlichen Verhaltensweisen so weit wie möglich ausleben können. Dazu gehört zum Beispiel genügend Platz für Sozialkontakte  und die Möglichkeit zur Fellpflege. Auch ungestörtes Abliegen, Fressen und Saufen gehören dazu. Der Stall sollte so ausgerichtet sein, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen der Tiere vermieden werden. In der Praxis sind allerdings Atemwegsprobleme, starke Verschmutzungen, Schäden an der Haut, Klauenprobleme und Lahmheiten weit verbreitet. Vieles lässt sich durch eine entsprechende Anpassung des Stalls, etwa durch eine gute Luftführung, tiergerechte Bodenbeläge und eine klare Trennung der Funktionsbereiche, lassen sich vermeiden. 

Wenig Spielraum für Investitionen

Allerdings sind die Margen in der Rindfleischerzeugung gering, weshalb es den Betrieben oft schwerfällt, in tierwohlgerechtere Ställe zu investieren. Tierwohl lässt sich aber häufig schon mit kleinen und relativ kostengünstigen Maßnahmen deutlich verbessern lässt. Tierwohl bedeutet in der Regel auch mehr Tiergesundheit und Leistung, was sich in der Folge betriebswirtschaftlich rechnen kann. Ungünstig sind Ställe mit Anbindehaltung. Dieses Haltungssystem schränkt das natürliche Bewegungs-, Sozial und Komfortverhalten der Tiere deutlich ein und führt zu Beeinträchtigungen insbesondere von Haut und Gelenken. Für Neubauten ist die Anbindehaltung deshalb nicht mehr zulässig.

Laufställe bieten mehr Tierwohl

Grundsätzlich können Mastrinder ihr natürliches Verhalten in Laufställen besser ausleben. Je nach Ausführung und Management gibt es hier aber große Unterschiede bezüglich des Tierwohls. Weit verbreitet ist nach wie vor die Haltung in Einflächenbuchten auf Vollspaltenböden. Allerdings hat sich gezeigt, dass reine Vollspaltenböden zu häufigen Verletzungen wie Haut- und Gelenkveränderungen führen können bis hin zu offenen Wunden. Auch das Verhalten der Tiere ist auf Vollspalten beeinträchtigt - etwa beim Aufstehen und Abliegen. Diese Probleme verschärfen sich oft durch ein zu geringes Platzangebot in den Buchten. Gesetzliche Vorgaben für ein Mindest-Platzangebot pro Tier gibt es für bestehende Ställe nicht. Allerdings werden für die letzte Mastphase mindestens 2,7 Quadratmeter pro Tier empfohlen, etwa von der Bauförderung Landwirtschaft und vom Europarat.  

Gummiauflagen bieten viele Vorteile

Eine relativ kostengünstige Möglichkeit, Vollspaltenbuchten tiergerechter zu machen, sind Gummiauflagen speziell für die Bullenmast. Die elastischen, rutschfesten Auflagen haben beim Abliegen eine wärmeisolierende Wirkung und bieten den Tieren mehr Liegekomfort und Trittsicherheit. In Versuchen zogen Mastrinder Gummiauflagen durchweg freien Vollspaltenflächen vor. Zudem bestätigten verschiedene Untersuchungen, dass sich der Gummibelag positiv auf das Verhalten und die Gesundheit der Tiere auswirkt. Für Um- und Neubauten von Ställen sind deshalb inzwischen Gummiauflagen im Liegebereich vorgeschrieben. Ihre Fläche muss so bemessen sein, dass alle Tiere einer Bucht gleichzeitig darauf liegen können.
Auch eine ganzflächige Auskleidung der Bucht mit Gummiauflagen ist möglich; einschließlich des Fressbereichs am Fressgitter.

Geringeren Klauenabrieb berücksichtigen

Gummiauflagen verringern aber den Klauenabrieb, was nach etwa zwölf Monaten einen Pflegeschnitt notwendig macht. Mit einer Teilflächenauskleidung lässt sich das Klauenwachstum dagegen einschränken. Zudem wird die Bucht dadurch klarer in die Funktionsbereiche Fressen und Liegen unterteilt. Das sorgt für mehr Ruhe innerhalb einer Bucht, weil sich zum Beispiel keine Tiere vor dem Fressgitter ablegen. 

Mehr Platz, höhere Zunahmen

Auch ein höheres Platzangebot bietet mehr Tierwohl, das sich durchaus für den Betrieb rechnen kann. Bei Untersuchungen im schweizer Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und und Schweine (ZTHT) in der Mastphase von 360 bis 550 Kilogramm verbesserte sich durch ein vergrößertes Platzangebot von 3,5 Quadratmetern pro Tier das Liegeverhalten, der Verschmutzungsgrad und sogar die täglichen Zunahmen der Rinder. Eine Studie der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) bestätigte diesen Effekt auch für die Endmast. Hier konnten mit einer geringeren Belegungsdichte beziehungsweise mehr Fläche pro Tier ebenfalls höhere Zunahmen und eine kürzere Mastdauer erreicht werden. Auch Systeme mit Liegeboxen, wie sie in der Milchviehhaltung üblich sind, haben sich in der Rindermast bewährt. Wegen des geringen Platzbedarfs können sie auch nachträglich in Vollspaltenbuchten eingebaut werden, soweit die Buchten- beziehungsweise Stallgröße dies erlaubt. In der Regel werden die Boxen mit einer Gummimatratze mit Noppen an der Unterseite ausgestattet. Wichtig ist es, die Matratzen mit etwas Stroh einzustreuen und regelmäßig zu reinigen.
Eine weitere Verbesserung des Tierwohls lässt sich erreichen, wenn die Rinder zusätzlich noch ein Auslauf erhalten, etwa auf einem begrenztem Laufhof.

Laufställe auf Stroh gelten als besonders tiergerecht

Eine grundsätzlich tiergerechtere Form in der Rindermast sind Laufställe mit Stroh als Einstreu. Denn Strohmatratzen bieten den Tieren eine weiche, verformbare und wärmegedämmte Liegefläche. Voraussetzung für das Tierwohl ist jedoch, dass regelmäßig frisch eingestreut wird, um den Liegebereich möglichst sauber und trocken zu halten. Dadurch wird etwa Klauenerkrankungen vorgebeugt, die durch das Stehen auf feuchtem Untergrund auftreten können. 
Zu beachten ist bei der Haltung auf Stroh außerdem, dass die Tiere beim Liegen auf Stroh einer verstärkten Ammoniakbelastung ausgesetzt sind. Deshalb gilt es vor allem in geschlossenen Gebäuden, auf das Stallklima zu achten. Gegebenenfalls ist eine Zwangslüftung erforderlich. Bei Neubauten ist für die Haltung auf Stroh eine Offenfrontbauweise optimal.
Tretmistställe sind in der Regel eine deutlich günstigere Alternative zu Ställen mit Vollspalten und Güllekeller. Allerdings muss der Betriebsleiter den zusätzlichen Strohbedarf von 2,5 bis 6,5 Kilogramm pro Großvieheinheit und Tag berücksichtigen und den Arbeitsaufwand für das tägliche Einstreuen. 

Aufteilung nach Funktionsbereichen beachten

Neben dem absoluten Platzangebot pro Tier in einer Bucht spielt auch die Aufteilung der Funktionsbereiche Fressen, Liegen und Bewegen eine wichtige Rolle für das Tiewohl. Ziel ist es, unnötige Störungen der Tiere in den einzelnen Bereichen zu vermeiden. Größere Buchten bieten dabei immer Vorteile. So können die Tiere bei einer Tiefe von fünf Metern meist ungestörter den hinteren Liegebereich nutzen, während sich andere Rinder im vorderen Bereich der Bucht oder am Fressgitter aufhalten. Zudem sollte für jedes Rind mindestens ein Fressplatz zur Verfügung stehen, um unnötige Rangeleien am Fressgitter zu vermeiden.
Auch ungünstig angebrachte Tränken, etwa im hinteren Liegebereich, sorgen häufig für Unruhe. Es sollte auch mehr als eine Tränke im vorderen Buchtenbereich geben, sodass auch rangniedere Tiere jederzeit Zugang zu Wasser haben.

Stallmängel durch Beobachtung beseitigen

Unabhängig von ihrer Positionierung müssen die Tränken auch täglich gereinigt und auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Ohnehin ist die regelmäßige Beobachtung der Rinder ein wichtiger Beitrag für das Tierwohl. Denn so können etwa Mängel bei der Stallgestaltung oder eine gestörte Rangordnung in der Gruppe durch auffällige Tiere erkannt und abgestellt werden.  

Fazit: Trotz knapper Margen in der Rindermast ist es in der Regel auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, bestehende Ställe möglichst tiergerecht zu gestalten. Bei Neubauten sollte vor allem auf ein ausreichendes Platzangebot, einen tiergerechten Bodenbelag (Stroh/Gummimatten), eine gute Aufteilung der Funktionsbereiche und eine optimale Belüftung geachtet werden. Ställe mit Offenfront oder mit Laufhof kommen den Tieren besonders entgegen. Unabhängig vom Stallsystem spielt das Management der Betriebsleitung eine wichtige Rolle für das Tierwohl. Dazu gehört eine intensive Kontrolle und Beobachtung der Tiere und die Suche nach Ursachen bei häufiger auftretenden Gesundheitsproblemen.

Letzte Aktualisierung 08.02.2021

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