In der Rindermast ist die Beschäftigung mit dem Einzeltier weniger intensiv als in der Milchviehhaltung. Die betriebliche Eigenkontrolle liefert darum wichtige Anhaltspunkte, die neben dem Status des Tierwohls auch Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges erlauben. Im Fokus stehen Tiere über 150 kg, die im Stall gehalten werden.
Die kontinuierliche Erfassung von Tierverlusten liefert ein Feedback über das betriebsindividuelle Management und die ökonomischen Konsequenzen. Risiken wie Unfälle, Bestandserkrankungen, Verletzungen oder Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen lassen sich häufig auf das Management und bauliche Voraussetzungen zurückführen. Die Zahl der verendeten, notgetöteten oder euthanasierten Tiere haben neben ihrer Tierschutzrelevanz auch wesentliche ökonomische Auswirkungen. Abweichungen der Körperkondition im Sinne von zu mageren Tieren geben Hinweise auf Erkrankungen, sozialen Stress oder mangelnde Futterressourcen, die den Betriebserfolg unmittelbar negativ beeinflussen.
Es empfiehlt sich daher tierbezogene Indikatoren mit Blick auf die Gesundheit, wie Atemwegserkrankungen, Lahmheit, Gliedmaßenerkrankungen und Integumentschäden sowie unerwünschte Verhaltensweisen wie Zungenrollen und -schlagen oder den Zugang zu Ressourcen wie Wasser und Platzangebot regelmäßig zu erfassen.
Tierwohl im betrieblichen Qualitätsmanagement
Weitere freiwillig erhobene, betriebsindividuelle Indikatoren, wie beispielsweise Schlachttierbefunde, unterstützen die individuelle Schwachstellenanalyse.
Die betriebliche Eigenkontrolle auf der Basis eines Bonitierungssystems ist eine Grundlage für eine messbare und damit vergleichbare Einschätzung durch alle Personen, die die Tiere betreuen.
Sie ist darüber hinaus eine geeignete Kommunikationsgrundlage, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tierkontakt haben. Daher sollte sie auch Bestandteil in der internen betrieblichen Aus- und Weiterbildung vom Betriebsleiter bis zur angelernten Hilfskraft sein.
Wer Bewusstsein für die Bedeutung der Tierschutzindikatoren hat, dem fällt auch ihre Beachtung in der täglichen Versorgungsarbeit leichter. Es hilft also diese innerhalb des Betriebes zu kommunizieren, damit in akuten Situationen rasch Abhilfe in die Wege geleitet werden kann.
Die Bereitstellung eines betriebsindividuellen Handbuches oder Posters mit Rücksicht auf Sprachbarrieren mit einer bildreiche Gestaltung oder Übersetzung in die Herkunftssprache beispielsweise in Aufenthaltsräumen ist sinnvoll und erleichtert weiter die Kommunikation.
Ein regelmäßiger Austausch über die Ergebnisse der betrieblichen Eigenkontrolle schärfen das Bewusstsein jedes einzelnen für den Tierschutz und schaffen auch Identifikation mit der eigenen Arbeit und dem Betrieb. Die gemeinsame Zielrichtung im Umgang mit dem Tier dient gleichzeitig der Entwicklung von einheitlichen Betriebsstandards.
Mehrwert für den Betrieb
Die Erhebung tierbezogener Indikatoren liefert Anregungen für das einzelbetriebliche Herdenmanagement und fortlaufende Optimierungsbestrebungen. Die Ergebnisse leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des ökonomischen Erfolges. Eine Dokumentation der Ergebnisse ist bislang nicht vorgeschrieben. Für die Nutzung der Daten zur Betriebsentwicklung ist die Dokumentation aber sinnvoll. Sie erleichtert die Kommunikation mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt oder der Tierärztin, die Zusammenarbeit mit Beratern und die Einordnung der eigenen Ergebnisse im Vergleich mit Kollegen. Die Dokumentation erlaubt auch die Verfolgung der eigenen Entwicklung über einen längeren Beobachtungszeitraum.