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Die Mutterkuhhaltung repräsentiert nur einen kleinen Teil der deutschen Rinderwirtschaft, hat sich in den vergangenen 20 Jahren jedoch als landwirtschaftlicher Wirtschaftszweig etabliert.
Ziel dieser Wirtschaftsweise ist die Erzeugung von Rindfleisch bester Qualität unter Tierwohl-Aspekten, oft mit gesonderter Vermarktung und unter Nutzung von wirtschaftseigenem Futter bei meist extensiver Grünlandnutzung.
Im November 2022 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 610.000 Mutterkühe plus Nachwuchs gehalten. Dies ist zwar im Vergleich zur Gesamtzahl der in Deutschland gehaltenen Rinder von knapp 11 Millionen nur ein geringer Anteil, trotzdem hat sich die Mutterkuhhaltung als Wirtschaftszweig etabliert, insbesondere in den östlichen Bundesländern. Ebenso ist sie in Mittelgebirgen wie im Harz, auf der Schwäbischen Alb oder im Schwarzwald verbreitet und in der Norddeutschen Tiefebene lassen sich Marsch- und Geeststandorte auf diese Weise bewirtschaften.
Ausreichende Weideflächen, die nicht in Konkurrenz zur Milchviehhaltung stehen – also Trocken- und Magerrasen, Mittelgebirgslagen bzw. Staunässestandorte – bieten gute Voraussetzungen für die Mutterkuhhaltung.
Zum Teil wird das Fleisch direkt vermarktet. Auch der Online-Fleischversand ist eine gute Möglichkeit, das "Premium-Fleisch definierter Haltung“ zu verkaufen. Ob die Mutterkuhhaltung auch in Zukunft wirtschaftlich betrieben werden kann, hängt stark von der Entwicklung der Flächenpreise ab. Sie wird sich dort behaupten können, wo die Flächenstrukturen eine großflächige Beweidung erlauben und Nachfrage besteht.
Bei der Haltung von Mutterkühen werden im Wesentlichen zwei Verfahren unterschieden:
Um den Bedürfnissen der Mutterkühe gerecht zu werden, sollten die Ställe hell, luftig, trocken und mechanisierbar sein und einen Flächenbedarf von 6 bis 8 Quadratmeter je Kuh und mindestens 1,5 Quadratmeter je Kalb berücksichtigen. Die meisten Mutterkühe werden über den Winter in Tief- oder Flachlaufställen aufgestallt.
Darüber hinaus haben sich Mehrraumlaufställe, Tretmistställe und der Liegeboxenlaufstall als Systeme bewährt. Da der Platzbedarf in den Gruppen entsprechend der Kalbehäufigkeit im Jahreslauf unterschiedlich groß ist, sollte die Flächenzuteilung zum Beispiel durch Versetzen von Trenngittern variabel sein.
Rinder das ganze Jahr über auf der Weide zu halten, ist in Bezug auf das Flächen- und Tiermanagement sehr anspruchsvoll und eine Herausforderung für Tierhalterinnen und Tierhalter. Das Futter aus den Frühjahrsaufwüchsen muss so konserviert werden, dass es auch in ausreichendem Maß als Winterfutter zur Verfügung steht. Ein gutes Weidemanagement ist damit Voraussetzung auch für die ganzjährige Weidehaltung.
Gleichzeitig müssen die Weideflächen so pflegt und düngt werden, dass die Mutterkühe und ihr Nachwuchs vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ausreichend mit Weidefutter versorgt sind.
Als Bedarf an sauberem Tränkwasser gilt ein Richtwert von 50 Litern pro Mutterkuh, der jedoch bei steigenden Temperaturen auch erheblich höher sein kann. Bei Kälbern bis zum 6. Monat wird mit einem täglichen Wasserbedarf von 15 Litern gerechnet.
Probleme bei der bedarfsgerechten Versorgung der Mutterkühe und ihrer Kälber ergeben sich insbesondere durch schwankende Energiegehalte im Futter. So entstehen je nach Standort und Jahreszeit deutliche Defizite oder Überversorgung.
Ähnliches gilt für die Versorgung mit Mineralstoffen. Insbesondere bei Natrium, Zink, Kupfer, Selen und Jod besteht häufig die Gefahr einer Mangelversorgung. Experten empfehlen deshalb, zusätzlich betriebsspezifische Mineralfutter zu verabreichern und Salzlecksteine anzubieten.
Bei Bedarf sollte Raufutter in Form von Heu, Stroh und Silage zugefüttert werden. Die regelmäßige Konditionsbeurteilung der Kühe über BCS, Body Condition Scoring, ermöglicht eine gute Einschätzung des Gesundheits- und Ernährungszustandes. Die DLG, Deutsche Landwirtschaft Gesellschaft, hat Empfehlungen zur Fütterung von Mutterkühen und deren Nachzucht erarbeitet, die Tierhalterinnen und Tierhaltern gute Richtwerte bieten.
Wenn Mutterkühe und ihre Nachzucht angemessen betreut werden, kann die Weidehaltung eine besonders tiergerechte Haltung sein. Sie ermöglicht Bewegungsfreiheit und die maximale Ausübung natürlicher Verhaltensweisen. Klimareize stärken die Abwehrkräfte und Bewegung wirkt gesundheitsfördernd. Ohne Witterungsschutz, den alle Tiere gleichzeitig nutzen können, geht es jedoch nicht. Geeignet sind natürlicher Baum- und Strauchbewuchs, eine entsprechende Geländegestaltung oder künstliche Schutzeinrichtungen. Zum Schutz vor Nässe und Kälte muss den Tieren ein trockener Liegeplatz zur Verfügung stehen, der ausreichend mit Stroh eingestreut ist.
Trotz vieler Vorteile birgt die Weidehaltung von Mutterkühen auch gesundheitliche Gefahren – insbesondere durch den Befall mit Ekto- und Endoparasiten wie Magen-Darmwürmer, Lungenwürmer oder Leberegel. Die Parasiten können zu einem schlechten körperlichen Allgemeinzustand, zu Wachstumsdefiziten bishin zu erheblichen Kälberverlusten führen.
Eine entsprechende Weidehygiene ist im Sinne des Tierwohls deshalb unabdingbar. Dazu zählen die Herbstmahd und das Abschleppen von Dunghaufen ebenso wie der Umtrieb der Herde auf eine wenig belastete Weide, am besten Mitte Juli. Vernässte Areale sollten ausgezäunt werden.
Positiv wirkt sich die Mischbeweidung mit Pferden oder Schafen aus. Auch die Ansaat von Pflanzen mit bioaktiven Substanzen wie zum Beispiel der Esparsette kann den Befall mit Parasiten mindern. Dennoch sollten die Rinder mindestens einmal jährlich gegen Parasiten behandelt werden.
Ebenso selbstverständlich wie die Parasitenbekämpfung gehört die regelmäßige Klauenbehandlung zur Pflege der Mutterkühe. Sie sollte mindestens einmal, besser zweimal jährlich durchgeführt werden. Für Mutterkühe typische Klauenerkrankungen sind chronische Reheklauen, Ballenhornfäule, Sohlenblutungen, Wanddefekte und Hornspalten. Durch regelmäßige Kontrollen können sie zeitnah erkannt und noch in einem frühen Stadium behandelt werden.
Klauenbehandlungen, Schutzimpfungen, Trächtigkeitsuntersuchungen oder das Überwachen der Kalbungen erfordern den regelmäßigen Umgang der Halterin, des Halters mit den Kühen und ihrer Nachzucht. Umtreiben, Einfangen, Sortieren und Behandlungen sind für die Tiere jedoch häufig Stressfaktoren. Alle Arbeiten am und mit dem Tier sollten daher möglichst ruhig und schonend erfolgen. Landwirte, die zum Beispiel nach der so genannten Low-Stress-Stockmanship-Methode arbeiten, können sich und ihren Tieren viel Stress ersparen. Die Methode fußt auf der genauen Beobachtung der Tiere. Die Landwirtin oder der Landwirt lenkt die Kühe durch eine bestimmte Körpersprache und Bewegungsmuster und kommuniziert über das richtige Maß von Nähe und Distanz zu seinem Tier.
Auch eine sichere Einzäunung dient dem Wohl der Mutterkühe und ihrer Kälber. Seit der Wolf in Deutschland immer heimischer wird, müssen sich auch Mutterkuhhalter Gedanken um den Schutz ihrer Herde machen. Schafe, Ziegen und Gatterwild sind zwar wesentlich stärker gefährdet als Rinder, jedoch waren auch in der Mutterkuhhaltung schon Wolfsrisse zu verzeichnen. Auch wenn spezielle Maßnahmen wie der Schutz mit Herdenschutzhunden bei Rindern in der Regel nicht ergriffen werden, die sichere Einzäunung der Herde ist unabdingbar. Umfangreiche Informationen hierzu bietet das Bundeszentrum für Weidetiere und Wolf.
Letzte Aktualisierung 18.07.2024