Legehennen automatisch beschäftigen Legehennen automatisch beschäftigen

Legehennen automatisch beschäftigen

Eine automatische Beschäftigungsanlage soll die Haltungsumwelt von Legehennen weiter optimieren, um Verhaltensstörungen wie Federpicken oder Kannibalismus zu vermeiden.

Hühner picken instinktiv den ganzen Tag, ihr gesamter Organismus ist auf eine dauerhafte Futtersuche eingestellt. Doch in den meisten Legebetrieben gibt es feste Fütterungszeiten. Die Hennen benötigen dann weitere Beschäftigung. Fehlt diese, picken einige Tiere (etwa 10 Prozent) stattdessen ihre Stallkameradinnen. Deshalb stellen Federpicken und Kannibalismus in der Haltung von Legehennen ein weitverbreitetes Problem dar.

Bislang begegnete man dieser Verhaltensstörung mit dem prophylaktischen Kürzen der Schnabelspitze am ersten Lebenstag. Doch die gesellschaftliche Kritik daran wuchs stetig. Im Jahr 2015 einigten sich Bundeslandwirtschaftsministerium und deutsche Geflügelwirtschaft darauf, ab dem 1. Januar 2017 bundesweit auf das Schnabelkürzen zu verzichten. Innovative Haltungssysteme, die den Tieren neben einer optimierten Haltungsumwelt und Fütterung auch vielseitige Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, sind deshalb gefragt.

Abwechslung ist gefragt

Legehennen lieben die Abwechslung. Sie benötigen manipulierbares Material, das unterschiedliche Verhaltensweisen anspricht (Futter- und Wasseraufnahme, Picken, Scharren). Viele Landwirte bieten zur Beschäftigung der Tiere gern Luzerneheuballen an oder geben Getreidekörner in die Einstreu. Bewährt haben sich auch Pickblöcke oder Hängekörbe, die nach Bedarf und Jahreszeit mit verschiedenen Saftfuttermitteln befüllt werden können. Auch ein Sandbad setzt Beschäftigungsreize. In vielen Ställen sorgen Plastikbänder, CDs, Bälle, Kanister oder Ähnliches für eine zusätzliche Abwechslung. Die Tiere finden diese Gegenstände allerdings nur kurze Zeit attraktiv, weshalb sie nur zusätzlich zu anderem Beschäftigungsmaterial angeboten und regelmäßig ausgetauscht werden sollten.

Automatische Beschäftigungsanlage – das Projekt

Für den Landwirt selbst ist das ständige Bereitstellen von Beschäftigungsmaterial sehr arbeits- und zeitintensiv. Erhebungen der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover haben ergeben, dass allein das Anbieten von Luzerneheu circa 0,055 Minuten pro Tier und Legeperiode beansprucht. Bei 20.000 Legehennen müssten demnach 18,5 Stunden pro Durchgang für die Gabe von Luzerneheu veranschlagt werden. Beim Einsatz von Pickblöcken kommen noch einmal 0,24 Minuten pro Tier und Durchgang hinzu. Auch die Materialkosten dürfen nicht außer Acht gelassen werden; sie betragen bis zu 15,90 Euro pro Heunetz, ca. 16,70 Euro pro Luzerneballen und ca. 15 Euro pro Pickblock1. Dies stellt vor allem große Betriebe vor enorme Herausforderungen.

Automatische Beschäftigungsanlagen könnten deshalb die Arbeit vieler Landwirte sehr erleichtern und ihren Arbeits- und Zeitaufwand in Grenzen halten. Doch welche Materialien eignen sich besonders für automatische Systeme und wie gut lassen sich die Tiere mit ihnen beschäftigen? Diesen Fragen widmeten sich Landwirte, Forscher und Unternehmen gemeinsam in einem Projekt der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP Agri). Auf verschiedenen Legebetrieben mit Boden- oder Freilandhaltung (siehe Tabelle 1) testeten sie automatische Beschäftigungssysteme, die sich alle in ihrer Funktionsweise ähnelten: Das Beschäftigungsmaterial wurde zunächst in einen Vorratsbehälter außerhalb des Stalles gefüllt und von dort aus mittels eines Rohrsystems in den Stall befördert. Die Rohre verliefen unterhalb der Stalldecke beziehungsweise unterhalb der Decke des Kaltscharrbereiches und waren in regelmäßigen Abständen mit verschließbaren Auswurföffnungen versehen. Über ein Steuerungselement wurden Zeitpunkt, Dauer und Menge der Materialgaben bestimmt.

Während der ersten Wochen - von der Einstallung der Tiere (17./18. Lebenswoche) bis zum Erreichen der Legespitze (25. Lebenswoche) - wurden die Tiere mit den auf dem Betrieb üblichen Materialien beschäftigt. Ab der 25. Lebenswoche kam die automatische Beschäftigungstechnik zum Einsatz. Gabezeitpunkte und Materialmengen wurden innerhalb von fünf Wochen schrittweise erhöht. Alle vier Wochen wurden Daten zum Gesundheitszustand der Tiere erhoben (Einzeltiergewichte, Gefiederzustand, Verletzungen, Fußballengesundheit). Außerdem wurden Stallklimamessungen und eine Einstreubonitur vorgenommen und Verhaltensuntersuchungen zur Nutzung der angebotenen Beschäftigungsmaterialien durchgeführt.

Tabelle 1: Eckdaten zu den beteiligten Legehennenbetrieben

 Betrieb 1Betrieb 2Betrieb 3
BetriebsartFreilandhaltung mit Kaltscharrbereich und AuslaufFreilandhaltung mit Kaltscharrbereich und AuslaufBodenhaltung mit Kaltscharrbereich
Tierplätze je Stall24.00015.00037.750
Aufbau BeschäftigungsanlageEinwegsystem, Schneckenförderung, mechanische Verschlusshülsen, zwei Linien im Stall und eine Linie im Kaltscharrbereich, insgesamt 112 AuswürfeRundlaufsystem, Seilförderung, zwei Zudosierer, mechanische Verschlusshülsen, drei Linien im Stall und eine Linie im Kaltscharrbereich, insgesamt 92 AuswürfeRundlaufsystem, Kettenförderung, pneumatische Verschlusshülsen, zwei Linien im Stall und eine Linie je Kaltscharrbereich (zwei insgesamt), insgesamt 60 Auswürfe
Materialeinsatz in der Beschäftigungsanlage

1. Versuch: Verschiedene Materialien im Test; bis zu 15 Gramm pro Tier und Tag, verteilt auf fünf Gaben

2. Versuch: feuchte Maissilage und Strohpellets, Mengensteigerung über die Legeperiode hinweg, verteilt auf sechs Gaben

trockene Maissilage; 5 Gramm pro Tier und Tag, verteilt auf fünf Gaben + Getreide (ab 47. Lebenswoche)Weizenkleie; 3 Gramm pro Tier und Tag, verteilt auf 20 Gaben
Sonstige BeschäftigungsmaterialienLuzerneheuballen, Körbe mit Möhren, PickblöckeLuzerneheuballen, Körbe mit Kartoffeln, PickblöckeLuzerneheuballen, Pickblöcke
Quelle: Kulke, K., Schmidt, M., Balz, C., Hiller, P., Kemper, N., Dieckmann, L. und B. Spindler (2019): Entwicklung eines innovativen Haltungskonzeptes mit automatischer Beschäftigungsanlage für Legehennen & Puten für eine verhaltensgerechte, tierwohlorientierte Haltung.

Material muss sich gut transportieren lassen

Die Tests ergaben, dass sich trockene Maissilage, Gemische aus trockener und feuchter Maissilage, Getreide und Weizenkleie besonders gut für die Ausbringung mit einem automatischen Beschäftigungssystem eignen. Diese Stoffe lassen sich mit dem System gut verteilen und die Tiere befassen sich gern damit; am besten wird feuchte Maissilage angenommen. Weniger geeignet sind Strohpellets. Das Material ist so grob und hart, dass es von den Tieren schlecht im Stall verteilt und wenig bepickt wird. Auch reines Luzerneheu eignet sich nicht für automatische Beschäftigungsanlagen. Es ist zwar für die Hennen interessant, doch über eine zentrale Anlage lässt es sich schlecht transportieren. So funktionierte vor allem die gleichmäßige Befüllung des Systems oft nicht wunschgemäß (Probleme mit dem Sensor, Brückenbildung in den Förderlinien, Defekte an den Transportspiralen). In Form von Pellets wäre der Einsatz von Luzerneheu in automatischen Beschäftigungsanlagen jedoch denkbar, zeigen die Erfahrungen aus dem Projekt.

Darüber hinaus wurde mit verschiedenen Materialgemischen experimentiert: Ein Verhältnis von 50 Volumenanteilen getrockneter Maissilage zu 50 Volumenanteilen Luzerneheu erwies sich als praktikabel. Gemische aus Luzerneheu und Strohpellets sowie aus Luzerneheu und Getreide bewährten sich nicht.

Maissilage mit Bedacht einsetzen

Maissilage sollte jedoch stets mit Bedacht und unter ständiger Beobachtung von Futteraufnahme und Legeleistung eingesetzt werden: Während sich ein Einsatz von 15 Gramm Maissilage je Tier und Tag in den Tests als unproblematisch herausstellte, verschlechterten sich Futteraufnahme und Eischalenqualität ab einer Menge von ungefähr 21 Gramm Maissilage pro Tier und Tag zusehends. Bei Weizenkleie (im Versuch waren es 3 Gramm je Tier und Tag) konnte kein negativer Einfluss auf die Leistungsparameter festgestellt werden.

21 Prozent der Tiere zeitgleich beschäftigt

Video-Beobachtungen mit einer Wildtierkamera zeigten, dass alle Testherden das automatisch ausgebrachte Material sehr intensiv nutzten: Je Auswurföffnung widmeten sich durchschnittlich 35,6 bis 49,8 Hennen dem angebotenen Material direkt nach dessen Ausbringung. Insgesamt ließen sich bis zu 21 Prozent der Tiere einer Herde zeitgleich beschäftigen, und zwar unabhängig vom Material, das in das automatische Beschäftigungssystem eingebracht wurde.

Mehrkosten automatischer Beschäftigungsanlagen

Auch die Kosten der automatischen Beschäftigungsanlage wurden unter die Lupe genommen. Berechnungen ergaben hier einen jährlichen Mehraufwand von 0,43 Euro (Bodenhaltung) bis 1,07 Euro (Freilandhaltung) pro eingestallte Henne beziehungsweise einen Kostenanteil von 0,16 Cent (Bodenhaltung) bis 0,40 Cent (Freilandhaltung) je vermarktungsfähiges Ei (Tabelle 2).

Etwa die Hälfte der Mehrkosten entsteht dabei durch die Investition an sich (Fixkosten). Die zweiten 50 Prozent werden durch die Inbetriebnahme der Anlage verursacht (variable Kosten). Sie setzen sich aus den Kosten für das Beschäftigungsmaterial und für den Arbeitsaufwand zusammen und werden von der Größe der Herde, von der praktizierten Haltungsform und von Art des eingesetzten Beschäftigungsmaterials beeinflusst. So liegt der Einkaufspreis für Weizenkleie und getrocknete Maissilage beispielsweise um ein Vielfaches höher als derjenige für feuchte Maissilage. Dies schlägt sich in den Kosten je Produktionseinheit nieder (Tabelle 3). Der zusätzliche Arbeitszeitaufwand für den Betrieb einer automatischen Beschäftigungsanlage wird von den Projektteilnehmern mit 20 bis 30 Minuten täglich beziffert (abhängig von der Silokapazität, der Handhabung der Beschäftigungsanlage und der Materialmenge).

Sinnvolle Prophylaxe gegen Federpicken

Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus können mit einer automatischen Beschäftigungsanlage nicht völlig verhindert werden, zeigen die Ergebnisse des EIP-Projektes. So waren auch während der Tests vereinzelt geringgradige Gefiederverluste bei den Tieren zu verzeichnen. Doch als vorbeugende Maßnahme kann der Einsatz eines automatischen Systems durchaus hilfreich sein. Alle Testbetriebe nutzen ihre Anlage deshalb weiter. Grundsätzlich sollte vor Anschaffung einer Beschäftigungstechnik die lokale Verfügbarkeit von Materialien beachtet und der Anlagentyp darauf abgestimmt werden.

Tabelle 2: Mehrkosten bei Einsatz einer automatischen Beschäftigungsanlage

 Betrieb 1 FreilandhaltungBetrieb 2 FreilandhaltungBetrieb 3 Bodenhaltung
 Gesamt
[€]
Je Henne
und Jahr
[€]
Je vermark-
tungs-
fähiges Ei [ct]
Gesamt
[€]
Je Henne
und Jahr
[€]
Je vermark-
tungs-
fähiges Ei [ct]
Gesamt
[€]
Je Henne
und Jahr
[€]
Je vermark-
tungs-
fähiges Ei
[ct]
Jährlichen Kosten für die Anlagen

 

        
+Afa4.4000,220,085.5000,370,144.9000,130,05
+ Zinsansatz8800,040,021.1000,070,039800,030,01
+ Unterhalt/ Reparatur1.3200,070,021.6500,110,041.4700,040,01
Summe6.6000,330,128.2500,550,217.3500,200,07
Materialkosten2.8500,140,044..087,670,270,106.725,930,180,07
Kosten für zusätzlichen Arbeitsaufwand2.9200,150,053.6500,240,092.1900,060,02
Gesamtkosten12.3700,620,2215.987,671,070,4016.265,930,430,16
Quelle: Kulke, K., Schmidt, M., Balz, C., Hiller, P., Kemper, N., Dieckmann, L. und B. Spindler (2019): Entwicklung eines innovativen Haltungskonzeptes mit automatischer Beschäftigungsanlage für Legehennen & Puten für eine verhaltensgerechte, tierwohlorientierte Haltung.

Tabelle 3: Kosten und Einsatzmengen verschiedener Beschäftigungsmaterialien

MaterialKosten je Tonne [€]Durchschnittliche Aufwandmenge je Tier und Tag [g]Eingesetzte Höchstmenge [g]Kosten je Henne und Jahr [€]
Feuchte Maissilage36,5012150,14
Getrocknete Maissilage234,503,5050,27
Weizenkleie1672,9630,18
Quelle: Kulke, K., Schmidt, M., Balz, C., Hiller, P., Kemper, N., Dieckmann, L. und B. Spindler (2019): Entwicklung eines innovativen Haltungskonzeptes mit automatischer Beschäftigungsanlage für Legehennen & Puten für eine verhaltensgerechte, tierwohlorientierte Haltung.

Quellennachweis:

(1) Spindler, B. und C. (2019): Beschäftigungsmöglichkeiten für Hühner und Puten. Lösungen - Bewertungen - Kosten. KTBL Schrift 569. Herausgeber: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.

Letzte Aktualisierung 08.02.2021

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