Vermarktung von Althühnern Vermarktung von Althühnern

Wege für die Vermarktung von Althühnern

Im Rahmen des EIP-Projektes "Biohuhn" wurden innovative Produktlinien für die Vermarktung von Bio-Althennen entwickelt.

Für jeden Legebetrieb kommt die Zeit, in der er seine Hennen ausstallen muss. Denn nach 14 bis 16 Monaten nehmen sowohl die Leistung der Legehennen als auch die Qualität ihrer Eier sehr stark ab. Die Tiere werden dann verladen, zu einer Schlachterei transportiert und nach der Schlachtung industriell verwertet. Die Einnahmen, die der Landwirt aus dem Verkauf seiner Althühner erzielt, decken häufig nicht die Kosten des Ausstallens. Das ist eine unbefriedigende Situation für viele Betriebe, nicht nur aus finanzieller Sicht: Sie betreuen und versorgen ihre Herden über viele Monate hinweg sehr intensiv, deshalb ist ein Verramschen zum Schleuderpreis für sie nur schwer zu ertragen.

Worum geht es beim EIP-Projekt Biohuhn?

Weil die industrielle Verwertung von Althennen so wenig wertschätzend ist, suchten Biolandwirtinnen und -wirte aus Nordhessen nach Lösungen, wie das Fleisch von Althennen besser vermarktet werden kann. Im Rahmen eines Projektes der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-Agri) arbeiteten sie an Verwertungs- und Verarbeitungslösungen für ausgestallte Biohühner. Der Plan: Anstatt die Althennen der Industrie zu überlassen, sollten aus ihrem Fleisch hochwertige Produkte entstehen, die den Ansprüchen einer modernen Küche genügen. Darüber hinaus sollte beim Verbraucher das Bewusstsein und damit die Nachfrage für das "ganze Huhn" als Lebensmittel geweckt werden. Zu diesem Zweck gründeten die Landwirte – gemeinsam mit weiteren Partnern aus den Bereichen Schlachtung und Vermarktung – die Genossenschaft Hessische Biohuhn eG. Sechs Biobetriebe sowie zwei Bioland Metzger beteiligten sich an dem Projekt.

Zur Entwicklung einer regionalen Produktlinie wurden zwei weitere Kooperationspartner mit ins Boot geholt – ein Bio-Caterer und eine Bio-Metzgerei. Bei der Koordination und Umsetzung ihres Projektes erhielt die Genossenschaft Unterstützung vom Hessischen Innovationsdienstleister für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum, dem Institut für Ländliche Strukturforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Das EIP-Projekt "Biohuhn" startete Anfang des Jahres 2016 und endete im Januar 2018. Finanziell gefördert wurde es aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Vier Phasen bis zum vermarktungsreifen Produkt

Die Arbeit am Projekt verlief in vier Phasen:

  1. Entwicklung des Produktes,
  2. Aufbau des Marketings, Entwicklung der Marke "Bickus",
  3. Testverkäufe,
  4. Vorbereitung des Markteintritts.

Phase 1 – Entwicklung des Produktes

In der ersten Phase standen die Entwicklung eines modernen Produktes beziehungsweise einer innovativen Produktlinie im Fokus der Gruppe. Es galt, folgende Fragen zu beantworten: Wie viel Fleisch von Althennen fällt in der Genossenschaft an? Welche Eigenschaften zeichnen dieses Fleisch aus? Welche Produkte lassen sich aus den vorhandenen Fleischqualitäten entwickeln? Sind diese Produkte im Hinblick auf ihre Erzeugungskosten, ihre Haltbarkeit und ihre Verpackung überhaupt markttauglich?

In dieser Phase holten sich die Mitglieder der Hessischen Biohuhn eG eine professionelle Produktentwicklerin mit ins Boot, die verschiedene Rezepturen entwarf, die vielseitig verwendbar sind und zum Weiterkochen anregen. Dazu zählen Sous-vide-Hühnerbrustfilets, verschiedene Soßen vom Bio-Huhn sowie ein streichfähiges Patè (eine Fleischpastete).

In Phase eins wurde bereits auch der Werbeslogan der Hessischen Biohuhn eG erarbeitet. Er lautet "Ein Huhn – mehr Wert" und drückt die wertschätzende Haltung der Landwirte gegenüber ihren Tieren aus: Legehennen, die auf den Betrieben der Hessischen Biohuhn eG ihre Eier legen, leben artgerecht, werden gut gefüttert und achtsam behandelt. Diese wertschätzende Haltung endet auch mit der Schlachtung der Tiere nicht.

Phase 2 – Aufbau des Marketings, Entwicklung der Marke "Bickus"

Im nächsten Schritt musste eine Marke für die neue Produktlinie entwickelt werden. Im Rahmen eines Workshops erarbeiteten die Mitglieder der Gruppe zunächst ihre gemeinsamen Werte: einfach, schöpferisch, verbunden. Die Namensfindung der Marke erfolgte auf Grundlage dieser Werte. Man entschied sich für "Bickus", einen Begriff aus der nordhessischen Mundart, der früher ein Backhaus bezeichnete und heute für leckeres Essen steht.

Zu guter Letzt wurde der Slogan "Ein Huhn – mehr Wert" gemeinsam mit dem Markennamen Bickus in ein Logo überführt, das sich nun auf jedem Produkt, jedem Etikett und jeder Broschüre etc. wiederfindet.

Phase 3 - Testverkäufe

"Wie kommen unsere Produkte bei der Kundschaft an?" lautete die zentrale Frage in der dritten Phase des EIP-Projektes "Biohuhn". Durch repräsentative Testverkäufe wurden die viel versprechenden Neuentwicklungen auf ihre Marktakzeptanz geprüft.

Phase 4 – Vorbereitung des Markteintritts

Einige der Rezepturen fanden bei den Testverkäufen großen Zuspruch, andere weniger. Die Rezepturen, die nicht so begeisterten, wurden aus dem Paket der Bickus-Produktlinie wieder entfernt. In Phase vier galt es, die Produkte und das Marketing aufgrund der Erfahrungen der Testverkäufe anzupassen und damit den eigentlichen Markteintritt vorzubereiten. Zu diesem Zweck startete die Gruppe vermehrt Social Media Aktivitäten, unter anderem auf Plattformen wie Facebook und Instagram. Damit sollte auf breiter Basis Interesse für das Bickus-Projekt geweckt werden.

Die Schwierigkeiten

Im Nachgang ihres EIP-Projektes hatte die Hessische Biohuhn eG jedoch auch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. So ließen sich beispielsweise die für Testzwecke produzierten kleineren Mengen der neu entwickelten Produkte nicht eins zu eins in große Mengen überführen. Darüber hinaus wurde zunächst nicht bedacht, dass ein Haltbarmachen der Produkte durch die Autoklavierung bei 110 Grad Celsius zu einer Veränderung des Geschmacks führen kann. Aus diesem Grund musste beispielsweise die erste Produktcharge verworfen und der Zeitpunkt des Markteintritts neu geplant werden.

Ausblick

Weil die Produkte so konzipiert wurden, dass sowohl Fleisch von Althennen als auch von Bruderhähnen verwertet werden kann, sollen in Zukunft auch die männlichen Tiere der Legehennen zu schmackhaften Soßen, Filets oder Patès verarbeitet werden. Für die Hessische Biohuhn eG wäre erst dann eine ganzheitliche Lösung für die Wertschöpfungskette in der Erzeugung von Eiern gefunden – vom Schlupf der Küken, über die Haltung der Legehennen bis hin zur Verwertung der Althühner. An einer Lösung wird gearbeitet.

Letzte Aktualisierung 02.08.2022

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