Sauen artgerechtes Verhalten ermöglichenSauen artgerechtes Verhalten ermöglichen

Sauen artgemäßes Verhalten ermöglichen

Trotz Domestikation und intensiver Zucht auf Leistungsmerkmale wie Fleischfülle und Fruchtbarkeit ist das Verhaltensrepertoire des Hausschweines dem des Wildschweins weiterhin sehr ähnlich. Die meisten Verhaltensweisen lebt das Herdentier Schwein in der Gruppe aus.

Schweine leben in dauerhaften Mutterfamiliengruppen, die nur während des Abferkelns aufgelöst werden. Eber halten sich als Einzelgänger nur während der Paarungszeit bei den Rotten auf. Den Großteil ihrer Aktivzeit verbringen die Allesfresser mit der gemeinsamen Nahrungsaufnahme. Dabei herrscht eine ausgeprägte Nahrungskonkurrenz untereinander vor. Mit der Nahrungssuche geht ein starker Erkundungsdrang einher, der sich in Bewegungsfreude und Neugier zeigt. Gerade Ferkeln ist ein ausgeprägtes Spielverhalten eigen: Sie rennen im Kreis, raufen und hüpfen hoch. Das ist vereinzelt auch bei älteren Tieren zu beobachten.

Viele Sauen zeigen auch heute noch ein ausgeprägtes Nestbauverhalten, das in der Natur die Ferkel vor Kälte und Fressfeinden schützt. In der Regel achten sie darauf ihre Ferkel nicht zu erdrücken, in dem sie ihre Nachkommen vor dem Ablegen aus dem Nest auftreiben, um sich langsam hinzulegen.

Da Schweinen die meisten Körperbereiche nicht selbst zugänglich sind, haben sie ein ausgeprägtes Scheuerbedürfnis. Dieses Verhalten dient der Körperpflege. Das Suhlen in feuchtem Boden dient nebenbei der Thermoregulation  - da Schweine nicht schwitzen - und die erhärtende Schlammschicht schützt vor Insektenstichen.

Als tagaktive Tiere ruhen Schweine nachts und oft auch in der Mittagszeit. Dabei suchen sie Körperkontakt zu ihren Artgenossen. In der Regel liegen die Tiere nur bei Hitze einzeln ausgestreckt. 

Ausscheidungen werden außerhalb des Liegebereiches abgesetzt und dienen auch zur Revierabgrenzung.

Tierwohl und Stallbau

Tiergesundheit und Tierwohl lassen sich nur unter Berücksichtigung der artgerechten Verhaltensweisen umsetzen.

Tiergerechtheit in der Sauenhaltung lässt sich bei Gruppenhaltung und reduzierter Haltungsdauer im Kastenstand oder Ferkelbuchten ohne Kastenstand realisieren. Norwegische Forscher haben schon 2011 einen sogenannten Schrägwandstall konzipiert: Kehrt die Sau zum Säugen in den Nestbereich zurück und legt sich hin, können die Ferkel unter einer Schrägwand hindurch in einen "Rettungsraum“ fliehen. Heute steigt die Auswahl an artgerechten Ställen. Einrichtungen von komfortablen Liegebereichen, die Trennung von Funktionsbereichen wie Ruhen, Fressen, Ausscheiden sowie Einstreu und Beschäftigungsmaterial werden zum Standard.

Einzelne Umbauten, wie das Auftrennen von Buchten für gemeinsam genutzte Funktionsbereiche machen Landwirte immer häufiger selbst. 

Auslauf als Herausforderung

Der Auslauf für Schweine ist eine der beliebtesten Forderungen aus der Gesellschaft. Der Außenbereich bietet den Tieren eine zusätzliche Fläche mit jahreszeitlich unterschiedlichen Temperaturen an. Die Tiere erleben klimatische, optische und akustische Reize. Für Schweine ist auch ein Sonnenschutz notwendig. Meist nutzen die Tiere den Außenbereich zum Koten, so dass im Stall als weiterer Pluspunkt die Ammoniakbelastung sinkt.

In Warmställen kann der Klimareiz über geführte Temperaturzonen eingerichtet werden.

Abstand beachten

Bei offenen Ställen ist die Abluftausbreitung nicht zu kontrollieren. Das kann zu größeren Pflichtabständen gegenüber sensiblen Gebieten wie Wald und Wohnhäusern führen, was die Standortsuche erschwert. 

Aus Sicht der Biosicherheit werden Auslaufanlagen häufig kritisch betrachtet zu sehen. Der Kontakt mit Erregern und Parasiten gilt als größer. Zudem müssen die Anlagen gegen Wildtiere besonders geschützt sein.

Arbeitsanfall neu kalkulieren 

Über anfallende Kosten artgerechter Ställe liegen nur ansatzweise Arbeiten vor. In der Regel erhöht sich derzeit der Arbeitsaufwand, was sich mit zunehmenden Entwicklungen in Forschung und Technik aber ändern kann. Gleichzeitig erhöht sich in der Regel die Wertschöpfung für Tierwohlprodukte.

Hoher Forschungsbedarf

Der Fachbereich 4 des Leibniz-Instituts für Nutztierbiologie Dummerstorf bei Rostock versucht die biologischen Grundlagen des Verhaltens zu ergründen. Wann es einem Nutztier gut geht, kann nach dessen Ansatz erst ein interdisziplinärer Ansatz zeigen. Dazu zählt auch die Bioakustik beim Schwein. Tiefe und hohe Grunzer beim Schwein müssten im Zusammenhang mit dem Verhalten als mögliche Stressvokalisation interpretiert werden. Eine positive Stimmung beim Schwein zeige sich in einer Lautverschiebung und Nutzung bestimmter Lauttypen. 

Am freien Tier können Sensoren den Herzrhythmus und Blutdruck analysieren. Damit wurden individuelle Unterschiede im Verhalten beim Liegen, Füttern und Handling der Tiere festgestellt. Die Ergebnisse können auch für die Zucht eine Rolle spielen, denn das Immunsystem gibt Antworten darauf, wie einzelne Tiere auf Krankheitsstress reagieren. Und die Wirksamkeit des Immunsystems ist zum Teil auch genetisch bedingt. Analysen können hier für bei der Zuchtauswahl auf „robuste“ Tiere helfen. Auch für die Planung neuer artgerechter Ställe sind solche objektiven Parameter hilfreich, so der Fachbereich.

Letzte Aktualisierung 08.02.2021

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