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Auch Ferkelerzeuger müssen seit 2014 anhand geeigneter tierbezogener Merkmale Eigenkontrollen in ihren Tierbeständen durchzuführen. Die regelmäßige Erhebung und Bewertung der Merkmale kann auch zur Versachlichung der Diskussionen um Tierwohl beitragen.
Die betriebliche Eigenkontrolle ist ergänzend zu den täglichen Routinekontrollen ein wertvolles Instrument, um mögliche Tierschutzprobleme und Schwachstellen im Betrieb frühzeitig zu erkennen und die Bewertung an objektiven Maßstäben auszurichten. Die Produktionszyklen erfordern ohnehin eine vergleichsweise hohe Kontrolldichte.
Ziele der betrieblichen Eigenkontrolle in der Ferkelerzeugung sind es, die Stärkung der Eigenverantwortung von Tierhaltern in Tierschutzfragen und ihre Kompetenzen zu erweitern. Grundlage ist § 11 Abs. 8 TierSchG (2006): "Wer Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, hat durch betriebliche Eigenkontrolle sicherzustellen, dass die Anforderungen des § 2 TierSchG eingehalten werden. Insbesondere hat er zum Zwecke seiner Beurteilung, dass die Anforderungen des § 2 erfüllt sind, geeignete tierbezogene Merkmale (Tierschutzindikatoren) zu erheben und zu bewerten.“
"Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“ So regelt es § 2 TierSchG, das auf Artikel 20a des Grundgesetzes basiert, wo der Schutz der Tiere verfassungsmäßig festgehalten ist.
Aspekte des Gesundheitszustandes und des Tierverhaltens, die zu sogenannten tierbezogenen Indikatoren zählen, liefern unmittelbare Informationen über das Wohlbefinden, während baulich-technische Gegebenheiten lediglich die Voraussetzungen für eine tiergerechte Haltung schaffen. Die hiervon abgeleiteten ressourcen- und managementbezogenen Indikatoren lassen nur indirekt Rückschlüsse auf das tatsächliche Wohlbefinden der Tiere unter diesen Bedingungen zu.
Die betriebliche Eigenkontrolle umfasst kontinuierlich erfasste und betriebswirtschaftlich notwendige Produktionsdaten des Gesamtbestandes wie beispielsweise die Umrauscherquote, Wurfzahlen, Abortraten, Tierverluste, Schlachtbefunde und die Therapiehäufigkeit, alternativ den QS-Therapieindex. Alle Sauen stehen am Tag vor dem Abferkeln im Hinblick auf Nestbaumaterial im Fokus. Je nach Größe der Tierhaltung stellen stichprobenartige Kontrollen im Deckzentrum, dem Wartebereich und im Abferkelstall das Wohlbefinden der Tiere sicher. Betrachtet werden können Merkmale wie Verhaltensanomalien, Verschmutzungen, Verletzungen, Körperkondition, Parasitenbefall, Lahmheiten und Klauenveränderungen oder die Wasserversorgung. Die Saugferkel werden in das Monitoring einbezogen.
Zusätzliche betriebsindividuelle tierbezogene Indikatoren steigern die Qualität und Aussagekraft des Tierwohlmanagements und ermöglichen eine gezielte und effiziente Schwachstellenanalyse. Jeder nicht berücksichtigte Indikator birgt hingegen die Gefahr, dass ein relevantes Tierschutzproblem in seiner Tragweite nicht ausreichend oder zu spät identifiziert wird.
Die betriebliche Eigenkontrolle soll weniger als Reaktion auf den aus der Gesellschaft geforderten Wunsch nach mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung verstanden werden. Vielmehr liefern die gewonnenen Daten einen wichtigen Erkenntnisgewinn für die Planung und Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen und tragen so zur betrieblichen Weiterentwicklung bei.
Tierwohl steht, wie die Einbeziehung der betriebswirtschaftlichen Basisdaten zeigt, in ganz unmittelbarem Zusammenhang zum ökonomischen Betriebsergebnis.
Die betriebliche Eigenkontrolle ist Voraussetzung für eine messbare und vergleichbare Einschätzung durch alle Arbeitskräfte, die Sauen und Ferkel betreuen. Die Indikatoren dienen als Kommunikationsgrundlage und sollten Bestandteil der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter sein. Korrekt ausgeführt sind die Indikatoren praxistauglich und zuverlässig.
Ein geschärftes Bewusstsein für Tierschutzindikatoren und ihre Bedeutung bei allen Arbeitskräften im Stall hilft in der täglichen Versorgungsarbeit. Nur so können Probleme auch bei akuten Veränderungen rasch und präzise zu erkannt und innerhalb des Betriebes kommuniziert werden. Betriebsindividuelle erklärende Handbücher oder Poster können zum Beispiel leicht zugänglich in den Sozialräumen ausliegen.
Hilfreich sind auch Übersetzungen in die Herkunftssprache des Personals und eine bildreiche Gestaltung. Auf diese Weise können die Betriebsstandard im Hinblick auf Tierwohl leicht vermittelt werden. Regelmäßiges Feedback in Mitarbeiterbesprechungen und Schulungen stärkt das Verantwortungsbewusstsein für den Tierschutz und die Identifikation mit der Arbeit auf dem Betrieb weiter.
Die Erhebung tierbezogener Indikatoren ist eine große Chance für den Betrieb. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit den Indikatoren mindert die Gefahr der Betriebsblindheit.
Umgekehrt kann die Durchführung der betrieblichen Eigenkontrolle durch betriebsfremde Spezialisten die Qualität der Erhebung weiter anheben. Die Ergebnisse liefern Anregungen für die mittelfristige Verbesserung des Managements. Die regelmäßigen Kontrollen decken grundlegende Tierschutzrisiken frühzeitig auf und ermöglichen zeitnahe Verbesserungsmaßnahmen mit positiven Effekten auf die ökonomische Bilanz.
Eine Dokumentation der Ergebnisse ist nicht vorgeschrieben. Für die sinnvolle Nutzung zur Betriebsentwicklung werden sie aber als unumgänglich angesehen. Hilfreich sind elektronische Managementtools, welche die Erhebung und Auswertung erleichtern. So kann die Wirksamkeit von Maßnahmen über einen Beobachtungszeitraum verfolgt und bewertet werden.
Gute Ergebnisse sind ein starkes Marketingargument und messbarer Mehrwert für Direktvermarkter, Erzeugergemeinschaften oder Markenfleischprogramme. Eine gute Dokumentation ist außerdem eine hilfreiche Kommunikationsbasis im Gespräch mit Beratern, im Vergleich mit Berufskollegen oder in der Zusammenarbeit mit Züchtungsunternehmen. Das sichtbare Bestreben, das Tierwohl zu verbessern, leistet weiter einen Beitrag zur gesellschaftlichen Akzeptanz der Nutztierhaltung.
Letzte Aktualisierung 08.02.2021