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Zur Beurteilung des Tierwohls gibt es eine Vielzahl praxiserprobter Indikatoren. Wer das Tierwohl im eigenen Bestand regelmäßig konsequent überprüft, profitiert davon mit gesunden und leistungsfähigen Tieren.
Die Bewertung des Tierwohls gewinnt darum in modernen Betrieben immer weiter an Bedeutung. So sind Qualitätsmanagement-Systeme, die Tierwohlaspekte berücksichtigen, Bestandteil vieler Qualitätsfleischprogramme und Vermarktungsgesellschaften. Für die zuverlässige Beurteilung und Bewertung des Tierwohls von Beständen sind allerdings Indikatoren erforderlich, die aussagekräftig sind und gleichzeitig im laufenden Betrieb mit vertretbarem Arbeitsaufwand erhoben werden können.
Verschiedene Indikatoren helfen, die Stärken und Schwächen in der eigenen Schweinemast auszuloten und die Tierhaltung stetig zu verbessern. Bei der Erfassung der Merkmale wird zwischen tierbezogenen Indikatoren, managementbezogenen Indikatoren und ressourcenbezogenen Indikatoren unterschieden, die jeweils ihre Stärken und Grenzen haben.
Mithilfe von tierbezogenen Indikatoren können die Gesundheit, das Erscheinungsbild und das Verhalten der Tiere betrachtet werden. Dazu zählen zum Beispiel das Auftreten von Lahmheiten, von Haut-, Ohr- und Schwanzverletzungen oder der Verschmutzungsgrad eines Tieres. Der Vorteil von tierbezogenen Indikatoren ist, dass sie eine gute Auskunft über das Wohlbefinden der Tiere, oft sogar auf jedes einzelne Tier geben. Zum Beobachten des Verhaltens der Tiere und der sicheren Beurteilung des äußeren Erscheinungsbilds auf Schäden am Einzeltier gehört aber eine gewisse Erfahrung dazu, die sich alle an der Tierbetreuung Beteiligten antrainieren müssen – vor allem auch, um eine einheitliche Beurteilung im Betrieb vornehmen zu können.
Beispiel: Kotverschmutzung der Tiere
Kotverschmutzte Mastschweine sind nicht nur ein ästhetisches Problem. Schweine sind an sich saubere Tiere und trennen, wenn möglich, Kot- und Liegebereich. Bei zu klein bemessenem Platzangebot oder zu geringer Liegefläche werden kleinere und schwächere Tiere zum Liegen in den Kotbereich abgedrängt. Wenn es zu starken Verschmutzungen kommt, kann dies auch ein Indiz für schlechtes Stallklima, Zugluft, falsche Fütterung und weitere Faktoren sein. Bei ganz heißem Wetter und fehlender Abkühlungsmöglichkeit kommt es außerdem vor, dass Schweine versuchen, sich durch Wälzen im Kot abzukühlen.
Saubere Schweine sind dagegen ein Indiz dafür, dass die Haltungsumwelt intakt und das Stallklima in Ordnung ist, die Schweine genügend Platz haben und bei eingestreuten Ställen genügend Einstreu vorhanden ist. Die Tierbeobachtung und Beurteilung der Verschmutzung ist daher ein guter Indikator zur Beurteilung des Tierwohls im Mastschweinestall. Praxistauglich sind stichprobenartige Untersuchungen an Einzeltieren verschiedener Alters- und Gewichtsklassen.
Beispiel: Hautverletzungen am Körper
Gesunde Tiere haben eine intakte Haut. Sie ist ein Indikator für eine gute Haltungsumwelt und ein gutes Gruppenmanagement durch den Tierhalter. Verletzungen dagegen, auch Schrammen und Kratzer, sind schmerzhaft, beeinträchtigen das Tier und sind darüber hinaus Eintrittspforten für Keime. Sie deuten darauf hin, dass die Mastschweine unruhig sind, häufig Rangkämpfe ausführen und dass Ressourcen wie zum Beispiel Fressplätze knapp sind. Neben den belebten Faktoren gibt es auch unbelebte Faktoren wie scharfe Kanten in der Aufstallung und am Boden, die zu Verletzungen der Haut führen können. Eine Neugruppierung der Schweine kann dabei helfen, die Ursachen der Verletzungen zu ermitteln. Wenn eine Woche nach dem Neugruppieren neben verheilten auch frische Wunden zu sehen sind, ist dies ein Zeichen für ständigen sozialen Stress in der Bucht. Konsequentes Bewerten hilft den Landwirtinnen und Landwirten, frühzeitig Probleme zu erkennen und gegenzusteuern, bevor sich Verhaltensänderungen der Schweine manifestiert haben. Geeignet sind stichprobenartige Untersuchungen verschiedener Alters- und Gewichtsklassen.
Managementbezogene Indikatoren ermöglichen die Beurteilung von Arbeitsabläufen und Praktiken auf einem Betrieb. Dazu gehören Maßnahmen wie Eingriffe am Tier, zum Beispiel das Kupieren der Ringelschwänze, und Art und Umfang von Medikamentengaben in einem Bestand. Das routinemäßige Kupieren von Schweineschwänzen zur Verhinderung von Schwanzbeißen ist in der EU-Recht bereits seit 1991 verboten. Der Eingriff darf nur dann durchgeführt werden, wenn er unerlässlich ist, d.h. wenn nachgewiesen werden kann, dass Verletzungen durch andere Schweine entstanden sind. Insofern deuten kupierte Schwänze auf ein Problem im Tierbestand hin.
Ebenfalls ein managementbezogener Indikator ist das Fütterungsregime. Zum Beispiel kann eine Rationsgestaltung Rückschlüsse auf die Versorgungslage eines Tieres geben.
Auch Hygienemaßnahmen wie die Häufigkeit von Reinigung und Desinfektion der Buchten und der Gänge sind Management-Indikatoren für das Tierwohl.
In der Regel wird das Management im Schweinemaststall schon durch die betriebliche Dokumentation erfasst. Ein weiterer Vorteil dieser Merkmale: managementbezogene Indikatoren sind meist objektiv messbar und damit leicht auszuwerten. Nachteilig ist es, dass diese Indikatoren häufig keinen direkten Rückschluss auf das Wohl des Einzeltieres zulassen. Ob das einzelne Tier zum Beispiel trotz bedarfsgerechter Ration für die Gruppe genügend Futter bekommt, hängt von weiteren Faktoren wie Tier-Fressplatz-Verhältnis, Gruppengröße und -homogenität ab.
Zu den ressourcenbezogenen Indikatoren zählen technische Parameter des Stalls und Haltungssystems wie Platzangebot, Ausgestaltung der Böden, Tier-Fressplatz-Verhältnis oder Wasserverfügbarkeit. Diese Indikatoren sind gut messbar, damit objektiv und so auch leichter juristisch verwertbar.
Der „Tierschutz mit dem Meterstab“ hat allerdings den Nachteil, dass die reinen Zahlen nicht unbedingt und unmittelbar das Wohl der Tiere abbilden. Ein Mastschwein mit demselben Platzangebot kann in einem möblierten und in Funktionsbereiche unterteilten Stall ganz anders agieren, als in einem Ein-Raum-Stall. Und auch wenn die Wasserverfügbarkeit theoretisch durch die Durchflussmenge gegeben ist, so erhöht beispielsweise eine weitere angebotene Tränke das Tierwohl, weil eine höhere Gesamtzahl an Tränken rangniederen Tiere den Zugang zum Wasser erleichtert.
Indikatoren, die sich auf das Einzeltier beziehen, geben einen guten Rückschluss auf das Tierwohl des einzelnen Tieres ab.
Darüber hinaus geben andere Indikatoren Hinweise zur Beurteilung eines gesamten Bestands. Darunter fallen Leistungsparameter wie die Mast- und Schlachtleistungen oder der Einsatz von Medikamenten, die auf das Tier umgerechnet werden. Es wird dabei schnell deutlich, dass die Angaben von Durchschnittswerten keine Aussagen zum einzelnen Tier zulassen.
In der Praxis bewährt es sich, einzeltierbezogene Indikatoren und Bestandsindikatoren zu kombinieren. Je nach gewünschtem Untersuchungszweck können auch einzeltierbezogene Indikatoren wie Verschmutzungen und Verletzungen auf den Bestand hochgerechnet werden und mit Bestandsindikatoren kombiniert werden.
Wer Mastschweine hält, ist gut beraten, die Beurteilung des Tierwohls in seine Arbeitsroutine einfließen zu lassen und zu einem regelmäßigen Bestandteil der Tierbeobachtung und -kontrolle zu machen. Schweine, die sich wohl fühlen, sehen sauber aus, sind gesund und fressen gut. Das kommt sowohl dem Tierwohl als auch den Betriebsergebnissen zugute – und nicht zuletzt der Arbeitsplatzqualität.
Letzte Aktualisierung 09.07.2021