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Tierwohl lässt sich als Qualitätskriterium in der Vermarktung nutzen. Die Teilnahme an speziellen Programmen und die Nutzung von Labels helfen dabei.
Lohnt sich der Einstieg in mehr Tierwohl für meinen Betrieb? Diese Frage stellen sich derzeit viele. Für die Entscheidungsfindung ist es wichtig, die Kriterien der verschiedenen Programme zu vergleichen. Abgewogen werden muss auch, ob eine Umstellung, zum Beispiel auf ökologischen Landbau, sinnvoll für den Betrieb ist oder der Fokus auf die Tierhaltung gelegt wird. Konkret heißt das: Welche Anforderungen an Haltung und Fütterung werden in den unterschiedlichen Programmen gestellt? Wie erfolgt die Vermarktung? Welche Mehrerlöse können erzielt werden?
Kriterien für die Haltung von Masthühnern sind zum Beispiel:
Im Folgenden wird ein Überblick über die bekanntesten und am meisten verbreiteten Tierwohl-Programme für Masthühnchen gegeben.
Das staatliche Bio-Siegel stützt sich auf die EU-Öko-Verordnungen. Wer auf den Ökologischen Landbau gemäß EU-Verordnung umstellen möchte, kann sich hier informieren: oekolandbau.de. In der Basisverordnung (EG) Nr. 834/2007 und dazugehörigen Durchführungsverordnungen sind die Anforderungen an den Tierschutz festgeschrieben. Artgemäße Tierhaltung bedeutet hier, dass die Tiere sich wohlfühlen und ihre arteigenen Verhaltensweisen ausüben können sollen. Die Zahl der Tiere auf einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb ist flächengebunden. Betriebe, die auf ökologischen Landbau umstellen, müssen erst eine mehrjährige Umstellungsphase durchlaufen, bevor sie ihre Tiere als Öko-Hühnchen verkaufen können. Zu bedenken ist, dass die Küken und das Ökofutter um ein Vielfaches teurer sind als konventionelle Tiere und Futter. Zusätzlich erhöhen die längere Mastdauer und die geringere Besatzdichte die Produktionskosten.
Anforderungen Masthühner (Auszüge):
empfohlene Anzahl Tiere pro Quadratmeter Stallfläche ist 16, maximal 21 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter Stallfläche und maximal zehn Tiere pro Quadratmeter in der Mastphase
Zugang zu Freigelände im letzten Drittel der Lebensdauer bei Auslauf von vier Quadratmetern pro Tier.
maximale Tierzahl pro Stall: 4.800 Masthähnchen
kein Einsatz synthetisch hergestellter Aminosäuren. Der Einsatz von heimischen Eiweißfuttermitteln in Öko-Qualität wird angestrebt.
Jeder Ökobetrieb wird regelmäßig von einer staatlich zugelassenen Kontrollstelle überprüft. Dabei gilt ein Abstand von maximal 24 Monate zwischen zwei Kontrollen, wenn während der letzten drei Kontrollen keine Verstöße festgestellt wurden und der Betrieb nicht als risikoreich eingestuft ist.
Auch Betriebe, die sich noch in der Umstellung befinden, bekommen schon eine Förderung über den Agrarförderantrag.
Weitergehende Informationen zur ökologischen Hühnchenmast stehen bei Oekolandbau.de
Die Anforderungen der ökologischen Anbauverbände gehen über die der EU-Ökoverordnung hinaus und sind je nach Verband unterschiedlich. Die EU-Ökoverordnung lässt zum Beispiel eine Teilbetriebsumstellung zu, Bioland, Biopark, Demeter und Naturland dagegen nicht. Naturland empfiehlt langsam wachsende Rassen und die Zwei-Phasen-Mast. Auch Demeter beschreibt eine Aufzuchtphase bis zum 28. Tag und eine anschließende Mastphase. Die Vermarktung als Ökoprodukte ist erst nach einer mehrjährigen Umstellungsphase möglich. Eine Mitgliedschaft im jeweiligen Verband ist vorgeschrieben.
Eine Übersicht über die Verbände und ihre Anforderungen gibt es hier.
Anforderungen Masthühner (Auszüge):
In der Mast muss mindestens ein Drittel der Mindeststallfläche als befestigter Außenklimabereich angeboten werden. Mobilställe und Kleinbestände sind von dieser Regelung ausgenommen.
Bei mobilen Mastgeflügelställen erlaubt Bioland eine maximale Grundfläche 150 m² je Stall.
Bioland fordert für Masthähnchen ihrer Größe und ihrem Alter entsprechende Sitzstangen.
Ökoverbandsbetriebe werden mindestens einmal im Jahr kontrolliert, die Kontrollstellen führen zudem auch weitere unangekündigte Betriebsbesuche durch. Die Tierwohl-Kontrolle ist bei der EU-Ökoverordnung nicht geregelt, bei Bioland jährlich vorgeschrieben, bei Demeter findet sie stichprobenartig regelmäßig statt und bei Naturland wird eine jährliche externe Tierwohlkontrolle nach eigenen tierartspezifischen Kriterien durchgeführt.
Sowohl in der Umstellung als auch danach erhalten landwirtschaftliche Betriebe eine staatliche Förderung. Die Mitgliedschaft verursacht Kosten, die Produktion und Vermarktung werden aber auch durch eigene Berater begleitet.
Jeder Ökoverband hat sein eigenes Logo. Die Betriebe können also ihre Produkte zusätzlich zum EU-Biologo mit dem Verbandslogo ausweisen.
Das Markenfleischprogramm NEULAND gehört zu den ältesten anerkannten Tierschutzinitiativen in Deutschland. NEULAND-Betriebe sind konventionelle Betriebe mit Bestands- und Flächenobergrenzen, die sich sehr hohen Tierschutzmaßstäben verschrieben haben, die teilweise auch über die Anforderungen der Öko-Verbände hinausgehen. Träger des Programmes sind die Verbände Deutscher Tierschutzbund, Bund für Umwelt und Naturschutz BUND und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die Organisation gliedert sich in den Verein, Vertriebsgesellschaften und Vermarktungspartner. Die NEULAND-Vermarktungsgesellschaft kauft die Schlachttiere, organisiert die Schlachtung an zertifizierten Schlachthöfen und verkauft das Fleisch an zugelassene Fleischerfachgeschäfte, Großküchen und die Gastronomie.
Die detaillierten Informationen zur Masthühnchenhaltung bei NEULAND finden sich hier, Zusammengefasst hier.
Anforderungen Masthühner (Auszüge)
ganzjähriger Auslauf ist vorgeschrieben, es muss auch ein Schlechtwetterauslauf vorhanden sein.
Die Masthähnchen müssen sandbaden können.
Der Stallinnenraum muss zum Beispiel durch Strohballen strukturiert werden.
Ein Fenster-Boden-Verhältnis von 1:20 muss gewährleistet sein.
Bestandsobergrenze
14.400 Masthühner
Es sind nur heimische Futtermittel und Futtermittel aus angrenzenden Regionen erlaubt, der Einsatz von Importfuttermitteln und gentechnisch veränderten Futtermitteln ist verboten.
Die Tiertransportdauer ist auf maximal vier Stunden und 200 km begrenzt.
Mindestens einmal pro Jahr durch ein externes Kontrollunternehmen.
Die NEULAND-Vermarktungsgesellschaft zahlt den teilnehmen Landwirten höhere und weitgehend stabile Preise für die Mehrarbeit in tiergerechten Ställen. Es findet eine Beratung für die Baumaßnahmen während der Umstellung sowie in der späteren Produktion statt.
Die Fleischprodukte aus NEULAND-Produktion werden mit dem NEULAND-Logo gekennzeichnet.
Für mehr Tierschutz - zertifiziert nach Richtlinien des Deutschen Tierschutzbundes, so heißt das Label des Deutschen Tierschutzbundes, kurz TSL. Das Programm existiert seit 2013 und besteht aus einer Einstiegsstufe und einer Premiumstufe. Die Anforderungen beziehen sich neben der landwirtschaftlichen Erzeugung auch auf den Schlachthof und die Zerlege- und Verarbeitungsbetriebe. Den teilnehmenden Unternehmen entstehen Lizenzgebühren für die Labelnutzung, die sich aus einem einmaligen Grundbetrag und laufenden Gebühren zusammensetzen. Dabei liegt die Lizenzgebühr für die Premiumstufe unterhalb der der Einstiegsstufe.
Besonderheit: Der Einsatz von extensiven bis mittelextensiven Zuchtlinien mit langsamerem Wachstum ist vorgeschrieben. Empfohlen werden Zuchtlinien mit maximalen Tageszunahmen von 35 g/Tag. Schneller wachsende Tiere müssen regelmäßig im Gangbild untersucht werden.
Für die Haltung von Masthühnern gilt die Richtlinie Masthühner 2021.
Anforderungen Masthühner (Auszüge):
Besatzdichte in der Eingangsstufe bei maximal 25 kg/m² und 15 Tiere/m². In der Premiumstufe bei maximal 21 kg/m² und 10 Tiere/m² bezogen auf die nutzbare Stallgrundfläche.
Kaltscharrraum ist Pflicht,
erhöhte Sitzgelegenheit und Beschäftigungsmöglichkeiten sind vorgeschrieben.
Einstiegsstufe 60.000 Masthühnchen, pro Stall maximal 30.000 Mastplätze
keine restriktive Fütterung
kein Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel
Erstinspektion für Anwärter-Betriebe vor der Aufnahme ins TSL-Programm, danach unangemeldete Anschlusskontrollen. Alle 12 Monate ist eine Eigenkontrolle durchzuführen und zu dokumentieren.
Teilnehmende Betriebe bekommen keine finanzielle Förderung durch den Deutschen Tierschutzbund. Sie können potenziell höhere Preise erlösen, wenn sie das TSL-Logo zur Vermarktung nutzen. Auf der Seite https://www.tierschutzlabel.info/im-handel bekommen Verbraucher die Adressen von Handelsunternehmen, die TSL-Produkte führen.
Die Initiative Tierwohl wurde 2015 als Förderprogramm gegründet und wird von einer breiten Basis der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette vom tierhaltenden Betrieb bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel getragen. Voraussetzung ist die Teilnahme am QS-System einschließlich Antibiotika-Monitoring.
Anforderungen Masthühner (Auszüge)
mindestens 10 Prozent mehr als gesetzlich vorgeschrieben, die Besatzdichte wird entsprechend verringert, zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial
keine
beim Erzeuger: QS, dazu Stallklima-Check, Tränkewasser-Check, Tierwohl-Kontrollprogramm einschließlich Fußballengesundheit
Darüber hinaus wird die komplette Kette fortwährend kontrolliert.
Erzeuger, die mehr Tierwohl-Maßnahmen umsetzen als gesetzlich gefordert, werden durch einen Preisaufpreis unterstützt. Alle beteiligten Handelspartner und die Gastronomie zahlen einen Preisaufschlag für Geflügelfleisch an die Lieferanten aus, die diesen bis zum Tierhalter weiterreichen.
Das Siegel der Initiative Tierwohl befindet sich auf vielen Verpackungen im Lebensmitteleinzelhandel.
Mit "Haltungsform.de“ ordnet die Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH bereits bestehende Tierwohl-Standards vier Haltungsstufen zu:
Diese Einordnung soll Kunden und Kundinnen helfen, die Kriterien der schon bestehenden Siegel, die auch weiterhin auf der Packung zu finden sind, besser bewerten zu können. Informationen zum Siegel Haltungsform.de und zu den Kriterien und Mindestanforderungen sind hier.
Ein staatliches Tierwohlkennzeichen wird derzeit vorbereitet. Gleichzeitig gibt es Bestrebungen, ein europaweites Label für tierische Produkte einzuführen, die mit erhöhten Anforderungen an den Tierschutz produziert werden. Die EU-Mitgliedstaaten befürworten ein solches Label für Fleisch. Es soll ein europäischer Rechtsrahmen mit verbindlichen Kriterien erarbeitet werden. Schrittweise sollen alle Tierarten und der gesamte Produktionszyklus inklusive Transport und Schlachtung mit einbezogen werden.
Parallel zu den Bestrebungen auf politischer Ebene hat sich die Europäische Masthuhn-Initiative (Better Chicken Commitment) gebildet. 30 Tierschutzorganisationen wollen bis 2026 u. a. folgende Kriterien umgesetzt wissen:
Die Initiative wird von zahlreichen namhaften Unternehmen und Konzernen unterstützt.
Für die Vermarktung von Masthühnern gibt es eine Vielzahl an Programmen, unabhängigen Siegeln, Herstellermarken sowie Handelsmarken. Bei einigen wird nach gesetzlichem Standard produziert, andere setzen auf mehr Tierwohl. Die meisten können einer der vier Haltungsstufen von haltungsform.de zugeordnet werden.
Entscheidend für die Wahl ist sicherlich auch, ob der Betrieb als Ganzes auf ökologischen Landbau umstellen möchte oder ob der Fokus auf der Tierhaltung liegt, wie etwa bei Neuland, bei der Initiative Tierwohl oder beim Siegel des Deutschen Tierschutzbundes.
Ein Kriterium kann auch die Förderung und betriebliche Begleitung sein. Bei den ökologischen Anbauverbänden und bei Neuland werden die Betriebe kontinuierlich beraten. Die Initiative Tierwohl garantiert den Geflügelmästern einen Preisaufschlag für die Haltungsform ab Stallhaltung plus (Stufe 2). Auch Neuland rechnet den Mehraufwand an.
Dagegen geht die Nutzung des Logos des Deutschen Tierschutzbundes nicht unbedingt mit einer separaten Vermarktung in einer eigenständigen Organisation einher.
Es lohnt sich, die Kriterienkataloge gründlich zu vergleichen, um zu entscheiden, was am besten zum jeweiligen Betrieb passt.
Letzte Aktualisierung 15.06.2021