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Die novellierte Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die Anfang Februar 2021 in Kraft trat, bringt vor allem für Sauenhalter wesentliche Änderungen mit sich.
Spätestens seit dem so genannten Magdeburger Kastenstand-Urteil vom November 2015 steht fest, dass sowohl das Deckzentrum für Sauen als auch der Abferkelbereich neu gestaltet werden müssen. Mittlerweile wurde der rechtliche Rahmen hierzu - die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) - novelliert. Am 9. Februar 2021 trat sie in Kraft.
Die wesentlichen Änderungen der Verordnung sind
Im Deckzentrum, dem Ort der Besamung, dürfen Sauen nach der neu gefassten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur noch in Gruppen gehalten werden. Eine Fixierung in einem Kastenstand ist nur noch kurzzeitig für die künstliche Besamung oder für tierärztliche Untersuchungen gestattet. Und bereits während der Übergangszeit (also in den nächsten acht Jahren) müssen die Kastenstände so konstruiert sein, dass
Jungsauen und Sauen dürfen noch bis 9. Februar 2029 in Kastenständen gehalten werden, wenn diese vor dem 9. Februar 2021 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen wurden und wenn der Tierhalter bis zum 9. Februar 2024 ein Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen sowie bis zum 9. Februar 2026 den Nachweis über den Bauantrag vorlegt.
Zukünftig wird es nur noch im Abferkelbereich erlaubt sein, Sauen einzeln in einem Kastenstand zu halten. Auch hier wird die zulässige Dauer der Fixierung deutlich eingeschränkt. Die Jungsauen und Sauen dürfen nur für einen Zeitraum von maximal fünf Tagen rund um den Abferkeltermin im Kastenstand gehalten werden. Darüber hinaus schreibt die Verordnung vor, dass eine Abferkelbucht, in der sich die Jungsau oder Sau frei bewegen kann,
Damit Ferkelerzeuger die Möglichkeit haben, Umstellungskonzepte für ihren Betrieb zu entwickeln und die finanziellen Voraussetzungen für die aufwändigen Umbauten zu schaffen, gilt für den Umbau des Abferkelbereiches eine Übergangszeit von 15 Jahren, wenn der Bereich vor dem 9. Februar 2021 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen wurde und die Tiere im Zeitraum von über vier Wochen nach dem Decken bis eine Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin in der Gruppe gehalten werden. In spätestens zwölf Jahren müssen die Landwirte ein Betriebs- und Umbaukonzept vorlegen und einen Bauantrag einreichen.
Für den Zeitraum nach dem Absetzen bis zur nächsten Besamung sichert die Verordnung den Sauen und Jungsauen künftig mehr Platz zu. Die Tiere müssen in der Gruppenhaltung eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens fünf Quadratmetern zur Verfügung haben. Von dieser Bodenfläche muss ein Teil als Liegebereich (mindestens 1,30 Quadratmeter je Sau) und ein weiterer Teil als Aktivitätsbereich zur Verfügung gestellt werden. Dabei müssen für die Sauen Rückzugsmöglichkeiten in ausreichendem Umfang vorhanden sein.
Fress-Liegebuchten können weiterhin genutzt werden, stellen allerdings keine Rückzugsmöglichkeit im Sinne der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dar. Sie müssen so angelegt sein, dass
Gleiche Regelungen gelten auch für Zuchtläufer in der Woche vor der ersten erwarteten Besamung.
Gruppengröße bis 5 Tiere | Gruppengröße von 6 bis 39 Tieren | Gruppengröße von 40 oder mehr Tieren | |
---|---|---|---|
je Jungsau | 1,85 m² | 1,65 m² | 1,50 m² |
je Sau | 2,50 m² | 2,25 m² | 2,05 m² |
Die Übergangsfrist für die Gruppenhaltung von Sauen beträgt acht Jahre. Bereits in spätestens drei Jahren müssen Ferkelerzeuger ein Umbaukonzept für ihre Ställe vorlegen. In fünf Jahren müssen sie ihren Bauantrag eingereicht haben.
In Bezug auf das Beschäftigungsmaterial folgt die Verordnung einem Trend weg von den technischen Beschäftigungsgeräten hin zu organischem Beschäftigungsmaterial. Sie schreibt vor, dass alle Schweine (Zucht- und Mastschweine) jederzeit Zugang zu ausreichend gesundheitlich unbedenklichem, organischem und faserreichem Beschäftigungsmaterial haben müssen, dass sie untersuchen und verändern können. Exemplarisch werden Heu, Stroh, Sägemehl oder eine Mischung dieser Materialien vorgeschlagen.
Für die notwendigen Veränderungen bei der Fütterung der Sauen gilt eine Übergangszeit von sechs Monaten.
Zu den organischen Materialien, welche die Mindestanforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (zumindest unter bestimmten Voraussetzungen) erfüllen, zählen unter anderem auch Luzerne, Maissilage oder auch Baumwollseile und Strohpresslinge. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat eine Liste erstellt, in der häufig verwendete Beschäftigungsmaterialien in Bezug auf die erforderlichen Eigenschaften gemäß der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beurteilt werden. Danach erfüllen Metallketten, Futterketten und Kunststoffobjekte auf keinen Fall die rechtlichen Mindestanforderungen als alleinige Beschäftigungsmaterialien.
Um die "ausreichende Menge" an Beschäftigungsmaterial sicherzustellen, empfehlen Experten ein Verhältnis von sechs Schweinen pro Beschäftigungsobjekt. In jedem Fall muss das Beschäftigungsmaterial für alle Schweine einer Gruppe einfach zugänglich sein. Raufen und Spender müssen jederzeit gefüllt sein und gewährleisten, dass das angebotene Material von den Schweinen einfach herausgearbeitet werden kann. Da der Neuheitswert das Erkundungsverhalten der Schweine fördert, sollte das vorhandene Material regelmäßig durch Neues beziehungsweise Frisches ersetzt werden.
Die in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufgeführte Auflistung der gewünschten Beschäftigungsmaterialien ist ab sofort gültig. Die Anforderungen "organisch" und "faserreich" gelten ab 1. August 2021.
Bei der Fütterung unterscheidet die Verordnung nur noch zwischen restriktiver Fütterung, bei der jedes Schwein einen Fressplatz hat, und ad libitum Fütterung mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 4:1. Die Möglichkeit einer tagesrationierten Fütterung entfällt. Sensorfütterung in der praxisüblichen Form ist nach Aussagen von Fachleuten aber weiterhin zulässig, wenn die Fütterungszeiten und die Futtermengen (vor allem in Bezug auf ihren Nährstoff- und Energiegehalt), dem Tieralter und dem Tiergewicht entsprechend angepasst werden. Damit tragende Sauen nicht verfetten, wird für Automatenfütterung und Einsatz von Standardfutter beispielsweise empfohlen, den Energiegehalt im Futter auf höchstens 9,0 MJ Umsetzbare Energie abzusenken (MJ - Megajoule).
Für die notwendigen Veränderungen bei der Fütterung der Sauen gilt eine Übergangszeit von sechs Monaten.
In Bezug auf die Überschreitung von Grenzwerten für Schadgase wurde in der neuen Verordnung das Wort "dauerhaft" gestrichen: Die Grenzen pro Kubikmeter Stallluft für
dürfen nicht überschritten werden.
Die neuen Vorgaben für Grenzwerte bei Lärm und Schadgasen gelten ab sofort.
Auch die Vorgaben für die Beleuchtung der Schweineställe haben sich mit der Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geändert. Damit eine ordnungsgemäße Pflege und Versorgung der Tiere sichergestellt werden kann, muss die Beleuchtung im Aufenthaltsbereich der Schweine mindestens eine Stärke von 80 Lux aufweisen und dem Tagesrhythmus angeglichen sein. Die Beleuchtung muss den Stall täglich mindestens acht Stunden ausleuchten. In klar abgegrenzten Liegebereichen der Schweine wird eine Lichtstärke von mindestens 40 Lux als ausreichend angesehen. Diese Anforderungen gelten auch für Ställe, in denen mindestens drei Prozent Fensterfläche vorhanden sind. Außerhalb der achtstündigen Aktivitätsphase muss ein Orientierungslicht vorhanden sein.
Die neuen Vorgaben zur Beleuchtungsstärke gelten ab sofort.
Weitere Regelungen der neu gefassten Verordnung betreffen den Liege- und Ruhebereich der Saugferkel. Er muss allen Ferkeln ein gleichzeitiges, ungestörtes Ruhen ermöglichen und entweder wärmegedämmt und beheizbar oder mit geeigneter Einstreu bedeckt sein. Perforierter Boden im Liegebereich der Saugferkel muss abgedeckt sein. Darüber hinaus muss der Aufenthaltsbereich der Saugferkel so beschaffen sein, dass alle Saugferkel jeweils gleichzeitig ungehindert saugen oder sich ausruhen können.
Um den Anforderungen der novellierten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gerecht zu werden, müssen Schweinehalter ihre Ställe nun entsprechend umrüsten. Damit dies auch kleinere und mittlere Betriebe innerhalb der Umsetzungsfristen leisten können, will die Bundesregierung die tiergerechte Umstellung von Sauenställen finanziell unterstützen, und zwar mit 300 Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm. Anträge konnten bis zum 15. März 2021 bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gestellt werden. Es ist aber vorgesehen, die Antragsfrist bis zum 30. September 2021 zu verlängern.
Förderung für Stallumbau in der Sauenhaltung: Online-Antragsformular und weitere Informationen
Bleibt noch die Frage, wie vorhandene Stallanlagen tierfreundlich und umweltgerecht umgebaut werden können, ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe darunter leidet. Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) hat hierzu eine Broschüre "Gesamtbetriebliches Haltungskonzept Schwein – Sauen und Ferkel" erarbeitet. Darin werden verschiedene Stallbaumodelle (vier Grundmodelle, insgesamt 16 Varianten) vorgestellt, die den Attributen tierfreundlich, umweltgerecht, klimaschonend, verbraucherorientiert und wettbewerbsfähig gerecht werden. Die Modelle wurden von Fachleuten der Landesanstalten, Landesämter und Landwirtschaftskammern sowie des Kuratoriums für Technik und Bauen (KTBL e. V.) und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) erarbeitet und bilden Haltungskonzepte für den Bau von Abferkelställen, Besamungs- und Warteställen sowie für Ferkelaufzuchtställe ab. Die Broschüre soll im Juni 2021 verfügbar sein.
Letzte Aktualisierung 25.03.2021