Wir verwenden Cookies, um Ihnen die optimale Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen. Es werden für den Betrieb der Seite nur notwendige Cookies gesetzt. Details in unserer Datenschutzerklärung.
Das naturgemäße Verhalten von Ebern und ihr typischer Geruch erfordern angepasste Haltungsbedingungen, um die Jungebermast wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten.
Im Prinzip unterscheiden sich die Haltungssysteme für Jungeber nicht von denen für Kastraten oder Sauen. Doch das naturgemäße Verhalten männlicher unkastrierter Schweine und ihre biologischen Besonderheiten (Auftreten von Ebergeruch) erfordern die Anpassung der Haltungsbedingungen.
Eber sind sexuell aktiver als Kastraten oder Sauen; Auseinandersetzungen zwischen Widersachern zählen zu ihren natürlichen Verhaltensweisen. Bereits im Ferkelalter rangeln die Tiere im Streit um Wegerechte in der Bucht oder beim Kampf um knappe Ressourcen. Dominantes Verhalten hochrangiger Tiere ist zum Beispiel an Fressplätzen verstärkt zu beobachten.
Spätestens mit Einsetzen der Geschlechtsreife nehmen soziale Auseinandersetzungen zu. Vor allem gegen Ende der Mast verhalten sich Jungeber aggressiv und es wird unruhiger im Stall. Die Tiere verdrängen, stoßen, beißen oder besteigen sich gegenseitig, was vermehrt zu Verletzungen führt. Typisch sind Hautkratzer und Schrammen an den Gliedmaßen. Ein großes Problem stellen Penisverletzungen dar. Diese entstehen, wenn Eber ihren Penis beim Aufreiten auf den Buchtenpartner ausschachten und andere Tiere der Gruppe zubeißen.
Auch wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass Eber im Durchschnitt mehr Verletzungen aufweisen als Sauen und Kastraten. So stellten Forscher bei Ebern beispielsweise mehr Hautläsionen als bei Kastraten fest. Darüber hinaus wiesen mehr als 80 Prozent der Eber Verletzungen an den Penissen auf. Das unterstreicht die Erfahrungen an Schlachthöfen, die bei mehr als zehn Prozent der Eber hochgradige und bei 50 Prozent der Eber mittel- bis geringgradige Penisverletzungen registrieren.
Zu den biologischen Eigenarten von Ebern zählt ihr typischer Geruch. Dieser Ebergeruch ist vor allem durch das Geschlechtspheromon Androstenon (ein Zwischenprodukt bei der Bildung des Sexualhormons Testosteron) und durch das im Dickdarm der Eber gebildete Skatol bedingt. Beide Stoffe werden in das Fettgewebe der Eber eingelagert und verursachen bei der Zubereitung von Eberfleisch, insbesondere beim Erwärmen, einen urin- oder fäkalartigen Geruch.
Grundsätzlich bilden ranghöhere Eber mehr Androstenon aus als rangniedere Tiere. Doch auch die Tageslichtlänge beeinflusst die Synthese des Pheromons. Bei abnehmendem Licht (Winter) steigt der Androstenongehalt an, während er im Sommer abnimmt. Die Resorption von Skatol aus dem Dickdarm wiederum wird stark von der Darmgesundheit beeinflusst. Umwelteinflüsse, die sich negativ auf die Darmgesundheit auswirken, fördern deshalb die Entstehung von Skatol bedingtem Ebergeruch. Dazu zählen Stress und Mängel in der Stall- und Futterhygiene sowie beim Stallklima.
Vor allem Stress übt einen großen Einfluss auf die Geruchsbelastung von (Jung-)Eberschlachtkörpern aus. Er entsteht in allen Situationen, die Aggressionen unter den Schweinen provozieren. So führen beispielsweise zu hohe Besatzdichten zu mehr Stress unter den Tieren. Denn Eber brauchen Platz, damit sie bei Rangordnungskämpfen einander ausweichen können. Vor allem rangniedere Tiere leiden vermehrt unter Stress und an den ihnen zugefügten Verletzungen durch ranghöhere Buchtenpartner. Sie reagieren mit einer vermehrten Ausschüttung des Stresshormons Kortisol. Dies wiederum beeinflusst die Darmgesundheit negativ und fördert die Resorption von Skatol im Darm. Deshalb weisen verletzte Tiere häufig höhere Skatol-Konzentrationen in ihrem Fett auf.
Auch Neugruppierungen von Schweinen lösen Stress (und damit eine stärkere Geruchsentwicklung) aus, denn wenn die soziale Struktur gestört ist, muss die Rangordnung neu ausgefochten werden. Dieses Phänomen ist auch dann verstärkt zu beobachten, wenn ein Teil der Jungeber aus einer Bucht zur Schlachtung verkauft wird. Umgruppierungen können darüber hinaus den Beginn der Geschlechtsreife und die Synthese von Androstenon stimulieren.
Des Weiteren kann das Geruchsproblem auf dem Weg zur Schlachtung positiv oder negativ beeinflusst werden. So hat die Länge des Transports einen Einfluss auf die Androstenonkonzentration im Schlachtkörper. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben einen Anstieg der Androstenonkonzentration um etwa 0,1 Mikrogramm/Gramm Fett je Stunde Fahrt. Der Gehalt an Skatol wiederum wird maßgeblich von der Dauer der Wartezeit vor der Schlachtung beeinflusst. Hier wurde beobachtet, dass die Skatolkonzentration je Stunde Wartezeit um mehr als 20 Nanogramm je Gramm Fett ansteigt.
Folgende Maßnahmen helfen, die Mast von Jungebern wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten:
Zwar ist die gesetzlich vorgegebene Fläche grundsätzlich auch für Eber ausreichend, doch Experten raten zu einem Mehrangebot an Platz von zehn Prozent. Jedoch wirkt sich auch ein Überangebot an Fläche negativ auf die Geruchsentwicklung bei Eberschlachtkörpern aus: Wird der Kot nur mangelhaft durch den Spaltenboden getreten, können Bucht und Tiere übermäßig verschmutzen. Durch die Absorption von Skatol aus dem Kot über die Haut, steigt die Geruchsbelastung der Eber.
Die optimale Gruppenzusammensetzung in der Jungebermast sind Geschwistergruppen, also stabile Gruppen, die vom Abferkeln bis zur Schlachtung zusammenbleiben. Jungeber in Geschwistergruppen sind weniger aggressiv als solche, die mit unbekannten Schweinen gruppiert wurden. Ist es nicht möglich, Geschwistergruppen zu bilden, empfiehlt sich eine möglichst frühe Sozialisation mit den späteren Buchtenpartnern (möglichst ab einem Alter von 14 Tagen). So können die Tiere rechtzeitig eine Rangordnung ausbilden. Sogar auf die Synthese von Androstenon hat die Gruppenzusammensetzung einen Einfluss. So wirkt die gemeinsame Aufzucht von Wurfgeschwistern Androstenon senkend. Praktische Erfahrungen zeigen, dass die Rangordnung in Gruppen bis zu 25 Schweinen stabil bleibt und dass die Ebermast in Gruppen bis zu 50 Schweinen gut funktioniert. Größere Gruppen finden nur schwer zu einer stabilen Rangordnung. Sie bieten aber eher die Möglichkeit, Buchten in verschiedene Funktionsbereiche mit größerem Bewegungsfreiraum zu strukturieren.
Damit sich die Tiere gegenseitig möglichst wenig stören, ist eine Strukturierung der Eberbuchten für verschiedene Verhaltensweisen (Ruhen, Fressen, Kotabsatz) sinnvoll. Ausreichende Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten minimieren den Stress in der Bucht.
Um die Ruhe im Stall sicherzustellen, sollten Jungeber ständig Zugang zum Futter haben (ad libitum Fütterung). Das hält die Tiere von der Beschäftigung mit anderen Buchtengenossen ab. Darüber hinaus vermeidet eine ausreichende Anzahl an Fressplätzen Konkurrenzsituationen. So haben auch rangniedere Tiere die Möglichkeit, ausreichend Futter aufzunehmen. Breiautomaten mit einem weiten Tier-Fressplatz-Verhältnis, aber auch Flüssigfütterungssysteme mit Sensortechnik zur Futtermengensteuerung bieten gute Voraussetzungen für die Jungebermast. Einen Überblick über geeignete Fütterungstechnik für Schweine bieten beispielsweise DLG-Merkblätter (DLG = Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft). Des Weiteren ist Sauberkeit bei der Fütterung von Jungebern sehr wichtig.
Sinnvoll ist die Gabe von Stroh und Raufutter zur Beschäftigung der Schweine. Aggressionen können so vermieden werden. Selbst auf Spaltenböden lassen sich Raufen, Körbe oder Automaten einsetzen, aus denen die Tiere Halme herausarbeiten können. Aber auch andere Materialien - beispielsweise dicke Sisalseile oder bewegliche Ketten, die mit veränderbarem Material kombiniert werden - sind zur Beschäftigung von Schweinen gut geeignet.
Das Risiko eines erhöhten Skatolgehaltes im Jungeberfleisch kann durch die optimale Gestaltung der Funktionsbereiche, durch eine entsprechende Luftführung sowie durch die regelmäßige und gründliche Säuberung der Festflächen reduziert werden. Bei Ställen mit Einstreu ist es entscheidend, das Einstreumaterial sauber zu halten und regelmäßig nachzustreuen. Teilspaltenböden verschmutzen erfahrungsgemäß stärker als Vollspaltenböden. Buchten mit optimaler Belegung sind darüber hinaus erfahrungsgemäß sauberer als Buchten mit zu geringem Tierbesatz. Im Sommer ist auf ausreichende Abkühlungsmöglichkeiten zu achten, um zu verhindern, dass sich die Tiere in den Kotbereich legen.
Eine intensive Beobachtung der Tiere ist in der Jungebermast Grundvoraussetzung, um diesen Wirtschaftszweig erfolgreich zu betreiben. Nur so erkennen Tierhalter, ob sich die Gruppe normal verhält, ob sich Rangeleien und Aggressionen häufen und ob Funktionsbereiche in der Bucht gut angenommen werden. Verletzte und kranke Tiere werden auf diese Weise frühzeitig erkannt und können von der Gruppe separiert und gegebenenfalls behandelt werden. Es ist ratsam, eine ausreichende Anzahl an Reserveplätzen vorzuhalten. Gesunde Tiere wachsen schneller, sind bei der Schlachtung jünger und weisen ein geringeres Risiko auf, geruchsaktiv zu werden.
Darüber hinaus gilt es, die Transport- und Wartezeiten bei der Schlachtung so kurz wie möglich zu halten, um den Stress für die Tiere gering zu halten und den Anteil geruchsbelasteter Schlachtkörper zu minimieren.
Verschiedene Projekte, die zum Teil von der Bundesregierung gefördert werden, widmen sich dem Thema Jungebermast. Darunter ein Projekt der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP Agri), dass sich um die Einführung und Etablierung der Jungebermast in die Wertschöpfungskette Schweinefleisch dreht. Im Rahmen des Projektes geht es unter anderem um die Etablierung von neuen tiergerechten Haltungsverfahren.
Letzte Aktualisierung 08.02.2021