Füttern gegen Ebergeruch Füttern gegen Ebergeruch

Füttern gegen Ebergeruch

Die Fütterung von Jungebern zielt darauf ab, das Wachstumspotenzial der Tiere voll auszuschöpfen und den Anteil geruchsauffälliger Schlachtkörper so gering wie möglich zu halten.

Zu den charakteristischen Leistungsmerkmalen von Ebern zählen ihr höheres Proteinansatzvermögen und eine geringere Neigung zur Fettbildung. Weil Jungeber ihre Nahrung besser verwerten, benötigen sie für ein Kilogramm Zuwachs an Körpermasse etwa 300 bis 400 Gramm weniger Futter als andere Mastschweine. Daraus resultieren geringere Futterkosten, was die Mast von Jungebern für landwirtschaftliche Betriebe durchaus interessant macht (siehe Tabelle 1).

Die Fütterung von Jungebern ist jedoch anspruchsvoller als die Fütterung von Kastraten oder Sauen. Jungeber sollten zur Schlachtung kommen, bevor der typische Ebergeruch einsetzt, also vor ihrer Geschlechtsreife. Sie müssen demnach ausreichend Futter aufnehmen, um gute Tageszunahmen zu erzielen. Dabei müssen große Mengen an essenziellen Aminosäuren zugeführt werden, um die erwünschten hohen Magerfleischanteile zu erreichen.  Aufgrund ihres geschlechtstypischen Verhaltens stellen Jungeber außerdem hohe Anforderungen an das Fütterungsmanagement.

Tabelle 1: Mast- und Schlachtleistungen von Ebern, Sauen und Kastraten

MerkmaleEberSauKastratEber-Kastrat
Tageszunahme (Gramm)856898822-42
Verzehr (Kilogramm)2,16 a2,50 b2,14 a-0,34
Futteraufwand (Kilogramm)2,48 a2,86 b2,59 a-0,38
Futterverwertung (Gramm)404 a351 b387 a53
Anteil Muskelfleisch (Prozent)60,9 a57,7 b61,93,2
Anteil Bauchfleisch (Prozent)60,5 a52,0 b60,8 a8,5
Rückenmuskelfläche (cm²)58,8 a57,6 a63,4 b1,2
Fleisch-Fett Verhältnis (1 :)0,27 a0,37 b0,24 a-0,1
Futterkosten pro Kilogramm Zuwachs (Euro)0,60,70,63-0,1
Anmerkungen: Ungleiche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05); Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2014): Futterberechnung für Schweine

Auf optimale Eiweißversorgung achten

Durch ihr höheres Proteinansatzvermögen und ihr etwas geringeres Futteraufnahmevermögen reagieren Jungeber empfindlicher auf Fütterungsfehler als andere Mastschweine. Weil ihr Aminosäurenbedarf deutlich über dem von Kastraten und Sauen liegt, muss die optimale Eiweißversorgung bei der Fütterung der Tiere unbedingt im Fokus stehen.

Die Meinungen über die bestmögliche Aminosäurenversorgung von Jungebern sind unterschiedlich. Einig ist man sich jedoch, dass bei der Erstellung der Futterration neben der erstlimitierenden Aminosäure Lysin auch ein optimales Verhältnis der nächstlimitierenden Aminosäuren (Methionin, Cystin, Threonin und Tryptophan) angestrebt werden muss. Darüber hinaus sollte auf ein engeres Aminosäure-Energie-Verhältnis geachtet werden (Tabelle 2). Experten raten dazu, sich bei der Rationsgestaltung an den Versorgungsempfehlungen für sehr fleischreiche Tiere (mittlere Zunahmen von 850 Gramm pro Tag bei einem Magerfleischanteil von über 60 Prozent) zu orientieren.

Tabelle 2: Empfehlungen zur täglichen Energie- und Lysinversorgung

Lebendmasse (Kilogramm)Tageszunahme (Gramm)Energieversorgung (ME MJ)Lysin (Gramm)
307001817
4076521,519
508302520
608502820,8
7087029,521,5
8086030,821,6
9083031,420,5
10077031,119,5
1107003017,9
12061029,215,3

ME = Metabolische Energie; MJ = Megajoule; Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2014): Futterberechnung für Schweine

Weil die Verdaulichkeit von Aminosäuren je nach Proteinquelle (zum Beispiel Soja- und Rapsextraktionsschrot) sehr unterschiedlich sein kann, sollten Landwirte den Futterwert der einzelnen Rationsbestandteile genau kennen (siehe Tabelle 3). Neben der optimalen Versorgung mit Protein sind auch ein hoher Rohfasergehalt und eine gute Vitaminausstattung des Futters wichtig.

Detaillierte Futtermitteluntersuchungen (Weender-Analyse, Bestimmung des Mineralstoffgehalts und Aminogramm) sind notwendig, um bedarfsgerechte Futterrationen erstellen zu können. Diese Untersuchungen können bei freien Futtermittellaboren sowie bei den Landeskontrollverbänden oder den LUFAs in Auftrag gegeben werden.

Tabelle 3: Standardisierte praecaecale Verdaulichkeiten von Rohprotein und der wichtigsten limitierenden Aminosäuren verschiedener Proteinquellen

Praecaecale Verdaulichkeit (%)RohproteinLysinMethioninCystinThreoninTryptophan
Getreide       
Gerste7373   82797676
Weizen9088   88929088
Triticale8484   88878177
Mais8279   85868382
Hafer8895   888290  -
Eiweißfutter      
Sojaschrot8587   88798086
Rapsschrot7173   82726968
Ackerbohnen7782   61687571
Erbsen7984   73667570
Lupinen8584   81918385
Nebenprodukte      
Weizenkleie7271   776866  -
Weizennachmehl7681   83  -7485
Haferkleie9088   92  -8789
Maiskleber9077    -  -7176
Molkepulver8277   909088  -
Praecaecale Verdaulichkeit = Verdaulichkeit im Dünndarm. Quelle: Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft (2014): Futterberechnung für Schweine.

Optimale Futteraufnahme durch gute Futterhygiene

Jungeber sind Feinschmecker. Sie reagieren sehr empfindlich auf Futterumstellungen und Geschmacksabweichungen sowie auf eine schlechte Futterqualität, zum Beispiel durch hygienische Mängel. Den Tieren sollte grundsätzlich nur ein qualitativ hochwertiges Futter angeboten werden, damit sie gut fressen und genügend Futter aufnehmen.

Sind Futterumstellungen notwendig, benötigen Jungeber ausreichend Zeit, sich an neue Futterkomponenten zu gewöhnen. Abrupte Futterwechsel sind deshalb zu vermeiden. Insbesondere bei Pietrain-Kreuzungen sollte der Wechsel des Futters über mehrere Tage hinweg gleitend erfolgen, indem die Futtermittel verschnitten werden.

Wichtig ist die Futterhygiene. Futterreste im Trog, bei denen bereits erste Gärungs- und Fäulnisprozesse eingesetzt haben, werden von den Jungebern kaum noch aufgenommen. Eine gute Futterhygiene kann durch folgende Maßnahmen erzielt werden:

  •     Verwendung von qualitativ einwandfreien Komponenten bei Eigenmischungen beziehungsweise ausgezeichnetem Fertigfutter.
  •     regelmäßige Reinigung der gesamten Fütterungstechnik (Futtersilos, Leitungen, Tröge etc.).

Den Skatolgehalt im Schlachtkörper senken

Für den Ebergeruch sind vor allem das Sexualpheromon Androstenon und das im Dickdarm des Ebers gebildete Skatol, ein Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan, verantwortlich. Beide Stoffe werden in das Fettgewebe der Eber eingelagert und verursachen bei der Zubereitung, insbesondere beim Erwärmen des Fleisches, den bekannten urin- oder fäkalartigen Geruch und Geschmack. Doch insbesondere die Konzentration von Skatol kann durch geeignete Fütterungsmaßnahmen reduziert werden. Das wurde in Versuchen an landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungseinrichtungen nachgewiesen. Das Augenmerk richtet sich hierbei in erster Linie auf die Energieversorgung der Mikroorganismen im Dickdarm sowie auf eine Stabilisierung der Darmgesundheit.

1. Futterkomponenten einsetzen, die erst im Dickdarm verdaut werden

Hierbei geht es darum, solche Futterkomponenten zu auszuwählen, bei denen die Kohlenhydrate den Dünndarm unverdaut passieren und erst im Dickdarm verdaut werden. Dort ernähren sie Bakterien, die in der Lage sind, Skatol weiter abzubauen. Dadurch steht weniger Skatol im Darm für die Absorption zur Verfügung.

Als Futtermittel eignen sich vor allem inulinhaltige Pflanzen wie Chicorée oder Topinambur. Versuche haben gezeigt, dass auch die Verfütterung von roher Kartoffelstärke, von Zuckerrübenschnitzeln oder von blauen Lupinen deutlich zur Verminderung des Ebergeruchs beitragen kann. Anteile von über 20 Prozent roher Kartoffelstärke oder 10 Prozent Inulin in der Ration senken bereits bei einer relativ kurzen Anwendungsdauer (ein bis drei Wochen vor der Schlachtung bei roher Kartoffelstärke; vier bis sechs Wochen vor der Schlachtung bei Inulin) den Skatolgehalt im Fett.

2. Futtermittel mit einem geringen Tryptophan-Gehalt verwenden

Ein anderer Ansatz ist Verfütterung von Futterkomponenten mit einem geringen Tryptophangehalt, wie zum Beispiel Mais, da Skatol das Abbauprodukt von Tryptophan ist. Hier kann die Reduktion von Tryptophan im Futter jedoch eine ausreichende Proteinversorgung erschweren.

3. Rohfaserreiches Futter verwenden

Auch die Gabe von rohfaserreichem Futter wie Klee-Gras-Silage oder Stroh wird als Möglichkeit gesehen, die Energieversorgung der Mikroorganismen im Darm zu beeinflussen und den Skatolgehalt im Fleisch von Ebern zu senken. Eine Untersuchung des Thünen-Instituts für Ökologischen Landbau lieferte hier jedoch kein eindeutiges Ergebnis.

Geeignete Fütterungstechnik für Eber

Weil das Futteraufnahmevermögen von Ebern geringer ist, sollte die Fütterung technisch so ausgelegt sein, dass die Tiere ständig und uneingeschränkt Zugang zum Futter haben (ad libitum Fütterung). Denn Jungeber zeigen von Tag zu Tag deutliche Schwankungen in der Futteraufnahme. Eine ausreichende Anzahl an Fressplätzen vermeidet Konkurrenzsituationen. Aggressivität und Rangeleien in der Bucht und somit auch die Verletzungsgefahr der Tiere werden auf diese Weise vermindert. Und auch rangniedere Tiere habe die Möglichkeit, ausreichend Futter aufzunehmen. Je ungehinderter die Tiere fressen können, desto ruhiger verhält sich die Gruppe und umso homogener wächst sie heran.

Für einen reibungslosen Verlauf der Ebermast ist es wichtig, dass die Fütterungstechnik zuverlässig funktioniert. Breiautomaten mit einem weiten Tier-Fressplatz-Verhältnis, aber auch Flüssigfütterungssysteme mit Sensortechnik zur Futtermengensteuerung bieten gute Voraussetzungen für die Jungebermast. Einen Überblick über die geeignete Fütterungstechnik für Schweine bieten die Merkblätter der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG).

Aktuelle Forschungsprojekte

Die bedarfsgerechte und zugleich wirtschaftliche Fütterung von Ebern ist weiterhin Gegenstand der Forschung. Derzeit geht es unter anderem um die Frage, wie eine nachhaltige Ebermast auch im ökologischen Landbau verwirklicht werden kann und welche Maßnahmen der Fütterung hierfür notwendig sind. Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) finanziert diese Forschungen. Ein weiteres Forschungsvorhaben, das vom Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI) koordiniert wird, untersucht die Applikation von Pflanzenkohle als Futtermittelzusatz zur Skatol- und Indolreduktion, um eine kostengünstige und tierschutzgerechte Reduzierung des Ebergeruchs ohne Kastration zu ermöglichen.

Letzte Aktualisierung 23.01.2024

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