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Wie können sich Tierhalter auf einen Blackout oder Stromausfall vorbereiten, damit die Auswirkungen auf den Betrieb möglichst gering sind?
Keiner möchte sich dieses Szenario vorstellen: Plötzlich ist der Strom weg! Nichts geht mehr, die Lüftung im Stall ist aus, die Fütterung funktioniert nicht mehr, Telefon und Internet sind überlastet und fallen in der Folge komplett aus! Selbst kleinere Störungen der Technik können zu einer großen Gefahr für die Tiere werden. Jeder tierhaltende Betrieb sollte sich also Gedanken machen, wie der Betrieb ohne Strom weitergeführt werden kann.
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) schreibt Vorkehrungen für den Ausfall der Stalltechnik vor.
Eine Vielzahl von Faktoren können die Versorgung mit Strom gefährden, zum Beispiel ein Blitzeinschlag, ein Brand, umgeknickte Strommasten, Überflutungen oder auch ein Hackerangriff. Aber auch unerwartete und starke Schwankungen, beispielsweise durch einen punktuellen und zu hohen Stromverbrauch, können das Netz zusammenbrechen lassen. Dann rettet es Leben, wenn Vorbereitungen getroffen wurden. Eine systematische Betrachtung möglichst aller von einem Blackout betroffenen technischen Anlagen in Tierhaltungen und den Folgen bei einem längerfristigen Ausfall sind notwendig, um auf einen Notfall vorbereitet zu sein.
In einer Forschungsarbeit und einer daraus resultierenden Broschüre der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover wurden mittels eines fiktiven Szenarios die wichtigsten Prozesse für das Wohlergehen und Überleben von Nutztieren in Stallhaltungen im Falle eines Blackouts herausgearbeitet. Auf einer Veranstaltung des "Netzwerk Fokus Tierwohl“ stellte Dr. Isabel Zylka, die Autorin der Forschungsarbeit von der Gesellschaft für Seuchenvorsorge in Cloppenburg, den Leitfaden zur Risikoanalyse und Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung nutztierhaltender Betriebe auf einen Blackout vor.
Folgende wichtige Prozesse im Bereich der Tierhaltung betrachtet der Leitfaden: Alarmanlagen, Personal, Lüftungsanlagen, Ventilatoren, Beleuchtung, Versorgung der Tiere mit Wasser und Futter, Heizung, Melken, Reinigung des Stalls, Datenmanagement, Kraftstoffversorgung, Ausstallung der Tiere zur Schlachtung, tierärztliche Versorgung und Entsorgung von Kadavern.
Um das Wohl der Tiere jederzeit gewährlisten zu können, sind in den oben genannten Bereichen im Vorfeld ausreichend Vorkehrungen zu treffen. Die Wissenschaftlerin Dr. Isabel Zylka schlägt folgenden 5-Punkte-Plan vor:
Funktionieren die Alarmanlage und die Weiterleitung der Alarme? Ein häufiges Problem bei Stromausfällen liegt darin, dass ein Fehler in einem zwangsbelüfteten Stall nicht von der Alarmanlage erkannt oder der Alarm nicht übermittelt wird.
Auch in frei belüfteten Ställen unterstützen im Sommer häufig Ventilatoren die Belüftung, sodass ein Ausfall auch hier zu einer Gefahr für die Tiere führen kann.
Um im Fall eines Stromausfalls handlungsfähig zu sein, muss dieser zunächst erkannt werden und auch sicher einen verantwortlichen Menschen erreichen, welcher anschließend Maßnahmen zum Schutz der Tiere einleiten kann. Dieses System muss Tag und Nacht sicher funktionieren und ist laufend, am besten wöchentlich, zu überprüfen.
Für eine dauerhafte Funktionsfähigkeit über die ersten Stunden des Stromausfalls hinaus müsste die Alarmanlage an die Notstromversorgung angeschlossen sein, da die integrierten Akkus nur eine gewisse Kapazität haben. Weiter müssten die notstrombetriebenen Prozesse entsprechend eingebunden werden, um sicher über die Alarmanlage abgedeckt zu sein.
Außerdem werden im Laufe des Blackouts entweder Telefon- und Mobilfunknetze ausfallen oder aber die Akkus der Endgeräte leeren sich, sodass der Alarm nicht mehr weitergeleitet werden kann. Deshalb sollten Alarmanlagen sowie dazugehörige Telefonwählgeräte, Telefonanlage und DSL-Router an einen separaten Stromkreislauf angeschlossen sein. Wichtig ist, dass die Batterien oder Akkus regelmäßig kontrolliert und nach Herstellerangaben gewechselt werden.
In zwangsbelüfteten Ställen sind während eines Ausfalls der Lüftungsanlage die Notlüftungsmöglichkeiten des Stalles zu aktivieren – und das möglichst umgehend, damit die Tiere nicht gefährdet werden. Diese Ersatzvorrichtungen müssen im Notfall die Funktionen der Lüftung, die Versorgung der Tiere mit Frischluft sowie den Abtransport von Wärme und Wasserdampf übernehmen.
Notlüftungssysteme können unter anderem sein: magnetische Fensteröffner, magnetische Türöffner im Zentralgang, Klappen in der Porendecke, Vakuum-regulierte Ventilation durch die Abluftklappen, Notluftkamine und batteriegestützte Notöffnungscomputer.
Es muss klar sein, wie lange mit den Notlüftungsmöglichkeiten die Belüftung überbrückt werden kann. Kann es trotz Notlüftung kritisch werden, zum Beispiel bei hohen Temperaturen oder großer Kälte? Die meisten Notlüftungssysteme sind darauf ausgelegt, bei einer funktionierenden Stromversorgung geschlossen zu sein und sich bei einem Spannungsabfall zu öffnen, sodass kein weiterer Strom nötig ist. Andere Systeme arbeiten mit einer Batteriepufferung. Dabei ist es wichtig, dass, egal welches System genutzt wird, dieses regelmäßig überprüft wird, damit alles im Notfall ohne Störungen funktioniert.
Welche Notlüftungsmöglichkeiten bestehen, und reichen diese aus? Die TierSchNutztV fordert für zwangsbelüftete Ställe Ersatzvorrichtungen, die bei Ausfall der Anlage einen ausreichenden Luftaustauch gewährleisten.
Eine Aufrechterhaltung der Stromversorgung kann auf verschiedene Weisen realisiert werden. Dabei zielt die Notstromversorgung lediglich darauf ab, den Notbetrieb zu sichern. Damit können nicht alle Prozesse vollumfänglich aufrechterhalten werden, weshalb Konzepte und Notfallpläne zu erarbeiten sind, um die Schwächen der Notstromversorgung aufzufangen.
Eine unterbrechungsfreie Stromversorgung kann wichtig sein für Computer, um Datenverlust zu vermeiden, und wird meistens mit Akkus über einen kurzen Zeitraum betrieben, bis die Daten gesichert und/oder die sensiblen Geräte heruntergefahren sind. Zum Notbetrieb gehören auf jeden Fall die Lüftung sowie die Futter- und Wasserversorgung
Die Notstromversorgung geschieht entweder über ein fest installiertes Aggregat mit Lastumschaltung oder über ein mobiles Aggregat mit manueller Lastumschaltung und Einspeisesteckdose. Landwirtschaftliche Betriebe arbeiten überwiegend mit Notstromaggregaten in Form von Dieselaggregaten oder zapfwellenbetriebenen Generatoren. Zu beachten ist beim Betrieb die Abgasentwicklung. Eine vollständige Trennung zwischen dem externen und betriebsinternen Notstromnetz ist dabei nötig, um eine versehentliche Rückspeisung in das Netz des Energieversorgungsunternehmens zu verhindern. Mittels Schaltvorrichtung muss von Netz- auf Ersatzbetrieb umgeschaltet werden können.
Nach der Entscheidung, wie die Notstromversorgung umgesetzt werden soll, können anschließend in Kooperation mit einem Elektriker die passende Dimensionierung gewählt und der Einbau organisiert werden.
Es muss betriebsindividuell analysiert werden, welche Prozesse zwingend auf eine funktionierende Stromversorgung angewiesen sind und wo Prozesse durch Handarbeit ersetzt werden können. Existieren Prozesse, die auf keinen Fall unterbrochen werden dürfen und somit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung bedürfen?
Die Einsatzzeit und die Größe eines Notstromaggregats müssen festgelegt und entsprechende Mengen an Treibstoff bevorratet werden. Empfohlen ist eine Kraftstoffreserve für mindestens 72 Stunden. Diese Reserve soll sicherstellen, dass Unternehmen autark betrieben werden können, bis entweder der Stromausfall behoben oder eine ausreichende Versorgung mit Kraftstoff sichergestellt ist.
Wichtig zu entscheiden ist, ob der komplette Betrieb oder nur einzelne Verbraucher mit Notstrom versorgt werden sollen. Im letzten Fall ist ein Notstromnetz mit separaten Stromkreisen ideal, denn so können gezielt einzelne Verbraucher mit Notstrom versorgt werden. Notstromversorgte Steckdosen sind gesondert zu kennzeichnen, damit nicht durch versehentlich eingeschaltete, nicht notstromberechtigte Verbraucher das Notstromaggregat überlastet wird.
Sollte keine Trennung der Stromkreise vorgenommen werden, muss die Notstromversorgung darauf ausgelegt sein, alle vorhandenen Verbraucher versorgen zu können. Regelmäßige Funktionstests des Aggregates und Übungen auch unter Volllast stellen sicher, dass das Notfallkonzept und die Notstromversorgung im Ereignisfall anwendbar bzw. funktionsfähig sind und somit der Notbetrieb in kürzester Zeit aufgenommen werden kann.
Um im Notfall alle wichtigen Informationen an einem Ort zu haben, sollte ein Notfallplan erstellt werden mit den wichtigsten Aufgaben und Arbeiten, die den Betrieb aufrechterhalten. Notfallpläne stellen sicher, dass alle Personen unabhängig von ihrem Kenntnisstand in Krisensituationen schnell und richtig handeln können. Sie sollten dabei jederzeit gut zugänglich und leicht verständlich sein.
In den Notfallplänen sollten folgende Einzelpunkte berücksichtigt werden: Personalverfügbarkeit, Wasserversorgung, Kraftstoffversorgung, Fütterung, Licht, eventuell Schlachtung, Kadaverbeseitigung, Datensicherung, tierärztliche Versorgung.
Letzte Aktualisierung 28.04.2023