Wie rentabel ist die Schafhaltung in NRW? Wie rentabel ist die Schafhaltung in NRW?

Schafhaltung in NRW unter der Lupe

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Erwerbsbetriebe seit Jahren rückläufig. Die Schaf- und Ziegenhaltung ist wirtschaftlich und vermarktungstechnisch unter Druck und kann deswegen in den meisten Regionen nicht nachhaltig betrieben werden. Ein Projekt hat rund 30 schafhaltende Betriebe und deren Wirtschaftlichkeit breit analysiert und bewertet.

Mit einer Laufzeit von drei Jahren ist das EIP-Projekt (Europäische Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit) "InnoSchaZie" nun bis Ende dieses Jahres auf der Zielgeraden. Insgesamt nahmen 40 Schaf- und Ziegenbetriebe teil, 29 davon waren schafhaltende Betriebe. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen übernahm die Projektleitung, der nordrhein-westfälische Schafzuchtverband war ebenfalls involviert.

Um homogene Gruppen zu bilden, wurden die schafhaltenden Betriebe in zwei Gruppen mit mehr und weniger als 200 Muttertiere aufgeteilt. Die kleineren Betriebe waren hauptsächlich Nebenerwerbsbetriebe, die größeren nahezu alle Haupterwerbsbetriebe. Im Rahmen des Projekts wurden Ökonomie, Nachhaltigkeit sowie Vermarktungswege analysiert.

Ökonomie

Für die Betriebszweigauswertungen griffen die Projektbeteiligten auf die Buchführungsergebnisse der Wirtschaftsjahre 2017/18 und 2018/19 zurück. Detaillierte Informationen zeigt die Tabelle Vergleich der Betriebszweigauswertung von Betrieben mit < 200 und > 200 Mutterschafen

1. Einnahmen

Über den Verkauf von Mastlämmern, Fleisch und Fleischerzeugnissen erzielten die Betriebe in der Sparte "Tierleistung" die höchsten Einnahmen. Die kleineren Betriebe wiesen längere Mastzeiten und geringere Verkaufsgewichte auf. Allerdings kamen sie durchschnittlich auf höhere Erlöse je Lamm.

Tabelle 1: Mastlammkennzahlen von Betrieben mit mehr und weniger als 200 Tieren

 < 200 Tiere> 200 Tiere

Lämmer, Stück

47

465

Lebendgewicht zum Verkaufszeitpunkt in Kilogramm

41,18

43,77

Alter bei Mastende in Wochen

36

26

Tageszunahmen in Gramm pro Tag

168

225

Euro je Kilogramm Lebendgewicht

3,30

2,69

Euro je Lamm

135

106

Ablammrate in Prozent

96

89

Ablammergebnis

1,53

1,33

Lämmerverluste in Prozent

8,5

10

Aufzuchtergebnis

1,40

1,20

Vermarktungsproduktivität Herde (verkaufte Lämmer zu Jahresdurchschnittsbestand an Muttertieren)

1,22

1,11

Ein weiterer wichtiger Eckstein waren die öffentlichen Direktzahlungen. Hinzu kamen Einnahmen aus vertraglicher Landschaftspflege bei den größeren Betrieben. Die Betriebe mit weniger als 200 Muttertieren erzielten Einnahmen unter anderem über Hoffeste oder Bauernhof-Pädagogik. Pro Mutterschaf erlösten kleinere Betriebe im Durchschnitt 100 Euro je Mutterschaf mehr.

2. Kosten

Größter Kostenfaktor war in beiden Gruppen das Grundfutter. Vor allem die kleineren Betriebe wiesen außerdem höhere Kosten für Tierarztbehandlungen und Medikamente auf. Die Direktvermarktung an sich erzeugte deutlich höhere sonstige Direktkosten. Betriebe mit über 200 Tieren hatten auf der anderen Seite aufgrund von Personalkosten doppelt so hohe Arbeitskosten.

3. Gewinn

Nach Abzug der Kosten von den Einnahmen verblieb den kleineren Betrieben 30 Euro pro Mutterschaf mehr an Gewinn. Der in dieser Gruppe höhere Arbeitsaufwand je Mutterschaf zog jedoch ein schlechteres kalkulatorisches Betriebszweigergebnis nach sich.

4. Was beeinflusst die Wirtschaftlichkeit?

Die Projektbeteiligten erarbeiteten aus einem Vergleich der drei erfolgreichsten Betriebe mit den anderen Betrieben (Mittelwert-Vergleich) mögliche, jedoch nicht repräsentative Einflüsse auf die Wirtschaftlichkeit:

  • Öffentliche Direktzahlungen je Mutterschaf: Die Höhe der Betriebsprämien wird vor allem von der Flächenausstattung beeinflusst. Weniger Flächen bedeuten schnell deutlich geringere Einnahmen. Über die Umweltprogramme der 2. Säule lässt sich die Höhe der öffentlichen Direktzahlungen beeinflussen. Der Anteil öffentlicher Förderungen pro Mutterschaf wird derzeit vor allem über Fläche und Tierbesatzdichte bestimmt.
  • Wertschöpfung pro Lamm: Eine hohe und konstante Ablammrate, wenige Verluste sowie eine höhere Aufzuchtrate bedeuten, mehr Lämmer je Mutterschaf verkaufen zu können. So lässt sich die Sparte "Tierleistung" erhöhen.
  • Arbeitskrafteinsatz je Tier: Er sinkt, je größer die Bestände sind.
  • Rassewahl: Langsam wachsende Rassen, die öfter von kleineren Betrieben eingesetzt werden, benötigen länger, um ein optimales Schlachtgewicht zu erreichen. Das führt auch zu erhöhtem Arbeitseinsatz. In der Vermarktung müssen wiederum höhere Preise erwirtschaftet werden.

Nachhaltig wirtschaften

Auf Nachhaltigkeit analysiert wurden nur reine Schäfereien mit mehr als 50 Muttertieren, insgesamt zwölf. Zusammengefasst wurden die Ergebnisse in einem sogenannten Polygon, das auf Durchschnittswerten basiert: Gute Ergebnisse liegen hier im grünen Bereich, der gelbe signalisiert Handlungsbedarf in Form von Überprüfung und im roten Bereich sind problematische Ergebnisse zu finden. Folgende Tendenzen sind zu erkennen:

  • Alle Betriebe lagen bei der Bodennutzung, Wassernutzung sowie Betriebsmittel/Umweltschutz im grünen Bereich.
  • Elf Betriebe zeigten gute bis sehr gute Ergebnisse im Bereich der Tierhaltung.
  • Bei der Betriebsführung gab es neun Betriebe mit positiven Ergebnissen.
  • Hinsichtlich der Biodiversität erreichten drei Betriebe gute Ergebnisse, die anderen lagen im äußeren gelben Feld.
  • Am Schlechtesten schnitten die Bereiche Wirtschaftlichkeit und Arbeitsbedingungen ab. Nur ein Nebenerwerbsbetrieb erreichte eine wirtschaftliche Nachhaltigkeit, acht Betriebe lagen im gelben Feld und drei landeten im roten Ring.

Um die Wirtschaftlichkeit der Betriebe abbilden zu können, legten die Projektbeteiligten ihr Augenmerk unter anderem auf die Indikatoren "Rentabilität" und "Existenzsicherung". Die Hälfte der Betriebe erwirtschaftete keinen ausreichenden Gewinn und war nicht nachhaltig rentabel. Nur drei Betriebe standen besser da. Weiter war nur ein Betrieb in der Lage, seine ökonomische Existenz nachhaltig zu sichern, für neun Betriebe ergab die Untersuchung eine problematische Situation.

Was die Arbeitsbedingungen angeht, befanden sich alle Betriebe im gelben Kreis. Beim Indikator "Lohn- und Einkommensniveau" erreichten drei Betriebe gerade einmal das Existenzminimum, neun lagen darunter. 80 Prozent der Schafhalterinnen und Schafhalter hatten außerdem nicht genügend arbeitsfreie Zeit, um sich zu erholen.

Vermarktungswege

Die Auswertung der Absatzkanäle basierte auf allen teilnehmenden Schaf- und Ziegenbetrieben mit ganz unterschiedlichen Betriebsstrukturen. Sie wurden nach ihren Produkten, Vertriebswegen, ihrer Kommunikation sowie Brancheneinschätzung befragt.

Produkte

Die meisten Betriebe boten eine breite Produktpalette an: Lebendtiere (86 Prozent), Fleisch und Fleischwaren (69 Prozent), Wolle und Felle (72 Prozent) oder Milch und Milcherzeugnisse (44 Prozent).

Preisspiegel

Der Durchschnittspreis für Lammfleischstücke (Ziegen und Schafe) lag bei 16,12 Euro je Kilogramm. Die detaillierten Preise:

  • Filet: durchschnittlich 57,60 Euro pro Kilogramm
  • Lammrücken: 27,33 Euro
  • Hals und Nacken: 17,95 Euro
  • Kotelett: 15,05 Euro 
  • Ganze Lämmer: 13,90 Euro
  • Halbe Lämmer: 13,13 Euro

Schafwolle wurde zwischen 0,10 bis 2,60 Euro pro Kilogramm verkauft, einzelne Felle zwischen 45 bis 150 Euro.

Die Betriebe nutzten insgesamt 15 unterschiedliche Absatzkanäle, im Durchschnitt 3,2 pro Betrieb. Es gab aber auch reine Spezialisten mit nur einem Kanal. Die Hälfte der Betriebe vermarktete ab Hof. Die Befragten gaben an, dass der Direktabsatz den Vorteil habe, persönlich mit den Kunden in Kontakt treten zu können. Dabei könne auch Aufklärungsarbeit geleistet werden. Mit Menschen umzugehen und sich auf die Kundschaft einstellen zu können, bestimme den Erfolg. Über den Verkauf an Schlachtereien, Molkereien oder Handel hingegen könnten größere Mengen abgesetzt werden und die Preise ließen sich besser kalkulieren. Es bliebe mehr Zeit für die Tiere. Hier sei der Erfolg an die Zuverlässigkeit gekoppelt, die diese indirekten Verkaufswege meist mit sich bringen. Persönliche Kontakte seien hilfreich und wichtig.

78 Prozent der Betriebe bezeichneten ihre Kunden als Stammkundschaft, die ihre guten Erfahrungen mündlich an potenzielle Neukunden weitergaben. Als Kommunikationsmaßnahmen wurden die eigene Homepage, Betriebsbesichtigungen, Presseeinladungen, Handzettel, ein eigenes Logo, Rezepte oder Hinweisschilder an der Straße genannt.

Nur 19 Prozent der Betriebe schätzten die Branchensituation positiv ein. Allerdings war das von einzelnen Betriebsschwerpunkten abhängig. Wer hauptsächlich auf Lamm- und Fleischproduktion setzte, beurteilte die Lage düsterer als Betriebe mit Milchproduktion. Beim Blick in die Zukunft war der Großteil der Betriebe wiederum positiv gestimmt.

InnoSchaZie: Betriebszweigauswertung von Betrieben mit < 200 und > 200 Mutterschafen

Mehr dazu zeigt die Tabelle Vergleich der Betriebszweigauswertung von Betrieben mit < 200 und > 200 Mutterschafen


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