Minderwertige Wolle vermarktenMinderwertige Wolle vermarkten

Minderwertige Wolle vermarkten

Die Wollpreise sind seit Jahrzehnten im Keller. Grobe, verschmutzte oder farbige Wolle ist – wenn überhaupt – nur schlecht zu vermarkten. Daraus Pellets zu pressen, ist ein neuer und vielversprechender Ansatz. Denn Wollpellets wirken als Dünger und können gut Wasser aufnehmen.

Wolle ist nicht gleich Wolle! Die Wollqualität ist abhängig von der Schafrasse, vom Körperteil sowie vom Klima und Futter. Es gibt Schafrassen, die auf Wolle gezüchtet wurden. In Süddeutschland kreuzte man zum Beispiel Mitte des 18. Jahrhunderts Landschafe mit aus Spanien stammenden Feinwollschafen. Mit der Zeit entstand so das Merinolandschaf mit feinerer Wolle für die Wollindustrie. Dabei zählte jeder Zentimeter Wolle! Schafrassen hingegen, bei denen das züchterische Augenmerk kaum auf der Wolle lag, weisen gröbere Wolle auf. Innerhalb einer Schafrasse haben die männlichen Tiere in der Regel gröbere, die weiblichen feinere Wolle.

Selbst die gesamte Wolle eines Schafes ist je nach Körperteil uneinheitlich: Das Schulterblatt liefert die feinste Wolle während am Bauch und Unterkeule die gröbste zu finden ist. Einen großen Einfluss hat außerdem das Klima. Australien und Neuseeland sind nicht umsonst die größten Wolllieferanten mit sehr feiner Wolle. Das dort vorherrschende Klima ist trocken, Vegetation und Aufwuchs sind karg. Mitteleuropa hingegen ist feuchter, die Futtergrundlage reichhaltiger, was wiederum gröbere Wolle bedingt.

Rein züchterisch ist die Wolle in unseren Breitengraden durchaus zu verfeinern, aber das ist nicht das erklärte Ziel. Die Wolle schützt nämlich auch gegen Nässe und Kälte. Und so fragen sich die Züchterinnen und Züchter, ob sie die Wollnote bei Zuchtböcken vernachlässigen oder beachten sollten. Es gilt hier, einen goldenen Mittelweg zu finden: Die Wolle sollte nicht noch gröber, aber auch nicht feiner werden – und das alles vor dem Hintergrund eines massiven Wollpreisverfalls.

Was ist minderwertige Wolle?

Die Wollfeinheit ist nur ein Parameter unter mehreren, um die Wollqualität zu erfassen. Sie wird in µm (ein Tausendstel Millimeter) angegeben. Die in Mitteleuropa gehaltenen Schafrassen weisen eine Feinheit von 25 bis 50 mµ auf. Unter gröberer Wolle versteht man eine Feinheit ab 30 mµ aufwärts.

Ist von minderwertiger Wolle die Rede, so ist damit grobe, stark verschmutzte sowie gelb verfärbte oder schwarze Wolle gemeint. Sie findet meist keinen Abnehmenden mehr. Wenn überhaupt werden dafür derzeit maximal 20 Cent pro Kilogramm gezahlt. Der aktuelle Preis für Merinowolle liegt im Vergleich bei 70 Cent. Minderwertige Wolle zu Pellets zu pressen macht Sinn, weil sie so wieder eine Aufwertung erfährt.

Welche Vorzüge haben Wollpellets?

  • Dünger: Wollpellets setzen Nährstoffe langsam und kontinuierlich frei, insgesamt bis zu zirka einem halben Jahr. Sie enthalten hauptsächlich Stickstoff und Kalium, etwas Schwefel und in geringen Mengen Phosphat und Magnesium. Die Nährstoffgehalte schwanken naturgemäß. Um eine schnellere Düngewirkung zu erhalten, wird neuerdings Wolle zusammen mit Schafmist, der sich schneller zersetzt, pelletiert. Das Mischungsverhältnis besteht aus 70 Prozent Wolle und 30 Prozent Mist.
  • Wasser: Wollpellets sind wie ein Schwamm und können das Drei- bis Vierfache des Eigengewichts an Wasser aufnehmen.
  • Im Vergleich zur Rohwolle haben Pellets ein geringeres Volumen, sind besser zu dosieren und zu lagern.
  • Sie sind im ökologischen Anbau, wo keine mineralischen Dünger eingesetzt werden dürfen, erlaubt.
  • Wollpellets sind offensichtlich dazu geeignet, Schnecken abzuwehren und Wühlmäuse zu vergrämen.

Einsatzmöglichkeiten

Versuche im ökologischen Zierpflanzenanbau haben vor einigen Jahren schon gezeigt, dass mit Schafwolle gedüngte Zierpflanzen besser gedeihen. Im Vergleich zu anderen organischen Handelsdüngern gab Wolle den verfügbaren Stickstoff um zehn Tage verzögert ab. Die Forschenden gehen davon aus, dass für das bessere Erscheinungsbild der Ziepflanzen eine ungestörte Anfangsentwicklung sowie eine bedarfsgerechtere Stickstoffversorgung über den gesamten Kulturverlauf verantwortlich sind.

Spätere Kulturversuche an Tomatenjungpflanzen in Töpfen mit unterschiedlichen Wollpellets und Dosierungen lieferten ein anderes Ergebnis: Für die Anzucht dieser Jungpflanzen war eine schnell verfügbare Stickstofffreisetzung von Vorteil, weswegen Wollpellets mit einer im Pelletierprozess zugesetzten schnell verfügbaren Stickstoffquelle am besten abschnitten. Vermutlich handelte es sich um Pellets aus Wolle und Mist.

Aktuelle Praxisversuche laufen derzeit an den landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf. Beim Anpflanzen von neuen Obstbäumen auf Streuobstwiesen wurden Wollpellets in die Pflanzlöcher gegeben. In der Baumschule und in einem Gemüsegarten kommen sie ebenfalls zum Einsatz. Sollten die Versuchsergebnisse positiv ausfallen, werden wissenschaftliche Exaktversuche folgen.

Auch die ersten Förster sind auf Wollpellets aufmerksam geworden. Viele Wiederaufforstungsflächen sorgen in Kombination mit Hitze und Trockenheit dafür, dass Setzlinge nach dem Pflanzen eingehen. Nährstoffarme Standorte mit schlechter Wasserversorgung vor allem auf sandigen Böden sind besonders betroffen. Eine dreiviertel mit Wollpellets gefüllte Tasse je Pflanzloch soll den jungen Douglasien, Roteichen oder Esskastanien einen optimalen Start sichern. Die Förster beobachten, ob sich die Wasserspeicherfunktion der Wollpellets positiv auf die gepflanzten Setzlinge auswirkt. Außerdem erhoffen sie sich eine zusätzliche Mäusevergrämung. Die Düngefunktion der Wollpellets ist im Wald hingegen zweitrangig.

Für Topf-, Zier- oder Balkonpflanzen empfehlen Praktiker grundsätzlich ein Mischverhältnis von 100 Gramm Wollpellets auf 100 Liter Blumenerde. Mittlerweile bietet jedoch jeder Pellethersteller eigene Dosierungslisten für ganz unterschiedliche Kulturen und Einsatzmöglichkeiten an.

Wie wird Wolle pelletiert?

Die Zahl der Anlagenbetreiber ist in Deutschland derzeit wohl noch an einer Hand abzuzählen. Es handelt sich dabei selbst um Schäfereien oder Schafhaltende, meist mit ausgeprägten Tüftlereigenschaften. Sie haben ältere Pelletiermaschinen aufgekauft und technisch angepasst.

Nur wenige, die bereits professionell und im großen Umfang pressen, haben viel Geld in neue Geräte investiert. Im Verarbeitungsprozess wird ungewaschene Rohwolle erst grob zerkleinert und dann mehrere Stunden erhitzt. Bevor sie in die Presse gelangt, wird sie nochmals feiner zerschnitten. Nach dem Pelletieren müssen die Pellets auskühlen.

Vermarktung der Wollpellets

Versuche, die Wolle bundesweit zu erfassen und zentral in einer Pelletieranlage zu pressen, gibt es bereits. Wie aus der Branche zu hören ist, hakt es bisher am Absatz, weil so Tonnen an Pellets erzeugt werden, die in neue, selbst noch im Aufbau befindliche Absatzkanäle abfließen müssten. Eine Direktvermarktung im kleinen Stil scheint momentan die bessere Alternative zu sein. Dabei lassen Schäfereien ihre Wolle im Lohn pelletieren und bekommen je nach Wunsch ihre eigene Wolle wieder im Form von Pellets zurück. Diese können lose oder selbst abgepackt und mit eigenem Logo versehen verkauft werden.

Ab Hof ist eine Preisspanne von etwa 6 bis 10 Euro pro Kilogramm möglich. Die Kosten setzen sich aus den Kosten für die Pelletierung und möglichen Kosten für Abhol- und Lieferservice sowie Lohn-Abpackung zusammen. Eine Pelletieranlage in der Nähe ist für eine Schäferei ein klarer Vorteil, weil sie den Transport selbst abwickeln kann. Die Vermarktung der Pellets kann mit der Lammfleischvermarktung kombiniert werden. Im persönlichen Gespräch sind Vorzüge und Einsatzmöglichkeiten der Pellets gut zu erklären. Vor allem der regionale Bezug (Pellets aus eigener Wolle) kann dabei besonders betont werden.

Rechtliche Informationen

  • Wolle kann als nachwachsender Rohstoff (Nawaro) angesehen werden. Eine offizielle Liste, die alle nachwachsenden Rohstoffe umfasst, gibt es nicht. Historisch bedingt werden jedoch mit dem Nawaro-Begriff nur Energie- und Industriepflanzen verknüpft. Die durchschnittliche Wollmenge, die bei einer Jahresschur anfallen kann, variiert rassenabhängig je Mutterschaf zwischen 2,0 bis 5,5 Kilogramm.
  • Dass Wolle kein landwirtschaftliches Produkt ist, reicht in die 50er-Jahre zurück: In den sogenannten Römischen Verträgen als Basis für eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wird sie im Anhang nicht als landwirtschaftliches Produkt gelistet. Bis heute hat das zur Folge, dass auch eine Agrarförderung der Europäischen Union (EU) ausgeschlossen ist. Da die Förderprogramme in Deutschland oft EU-kofinanziert sind, fällt meist auch eine nationale Förderung flach. Auf EU-Ebene wurde schon mehrmals versucht, Wolle als landwirtschaftliches Produkt anerkennen zu lassen. Bisher erfolglos, ein Antrag scheiterte am Veto Frankreichs.
  • Rohwolle darf nicht in den Boden eingebracht werden, denn sie zählt zu den tierischen Nebenprodukten. Diese werden nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier in drei Risikogruppen unterteilt. Rohwolle zählt zur Kategorie 3. Möchte eine Schäferei Wollpellets gewerblich herstellen und vertreiben, sind bestimmte Auflagen des zuständigen Veterinäramtes einzuhalten. Die für die Pellets vorgesehene Wolle muss über mehrere Stunden auf 75 Grad Celsius erhitzt werden und wird so hygienisiert. Die Pellets dürfen dann in den Boden eingebracht werden.
  • Eine Besonderheit sind Wollpellets im Wald, denn Wald darf - anders als landwirtschaftliche Flächen - grundsätzlich nicht gedüngt werden. Die Antworten zweier baden-württembergischer Behörden auf Anfrage sind rechtlich nicht verbindlich und bieten nur ein erstes Bild: Auf Waldflächen, die nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) zertifiziert sind, wäre eine Pflanzplatzdüngung zur Sicherung des Anwuchserfolges zulässig. Das Düngepotenzial von Wollpellets auf forstlichen Flächen werde generell als sehr gering eingeschätzt. Erstens, weil nur eine punktuelle Gabe in Pflanzlöchern geschehe und zweitens, weil der Boden im Wald nicht wie auf landwirtschaftlichen Flächen oder im Gartenbau tiefgründig und wiederholt bearbeitet werden könne. Eine punktuelle Standortverbesserung hinsichtlich der Wasserspeicherkapazität könne allerdings vor allem auf sandigen Böden gegeben sein.

Letzte Aktualisierung 17.06.2022

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