Bruderhahnmast – wie geht es praktisch? Bruderhahnmast – wie geht es praktisch?

Bruderhahnmast – wie geht es praktisch?

Für die Mast von Bruderhähnen gibt es kaum Konzepte. Im EIP-Projekt "Bruderhahn" wurde eine Datensammlung zur Mastleistung und Schlachtkörperqualität erstellt, die anderen Betrieben als Planungsgrundlage dienen kann.

Da Bruderhähne wesentlich langsamer wachsen als Küken aus Mastlinien, weil sie viel weniger Fleisch ansetzen und weil sie auch das Futter schlechter verwerten, muss ihre Mast über einen höheren Eierpreis subventioniert werden. Dazu kommt, dass es für diesen Zweig der Geflügelmast bislang nur wenig praktische Erfahrungen gibt und eine verlässliche Datengrundlage für die Aufzucht fehlt.

Das wollte eine Gruppe von Wissenschaftlern und Praktikern ändern. Im Projekt "Bruderhahn - Mast von Hybrid-Hähnen der Linie Lohmann Braun Plus mit regionalen Futterkomponenten" der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP) setzte sie sich das Ziel, ein Schema für Praxisbetriebe zu entwickeln, das Orientierung bei der Mast von Bruderhähnen bietet.

Folgende Aufgabenstellungen beinhaltete das Projekt unter anderem:

  1. Erfassung des Wachstums, der Futterverwertung und der Schlachtleistung von Bruderhähnen unter Praxisbedingungen und Erstellung einer Datensammlung für Praxisbetriebe.
  2. Entwicklung und Einsatz eines Basisfutters, das nicht nur eine optimale Versorgung der Tiere gewährleistet, sondern auch mit betriebseigenen Futtermitteln verschnitten werden kann, ohne dass die Tiere in einen Mangel an essenziellen Aminosäuren geraten, vor allem in einen Mangel an Methionin.
  3. Vorrangiger Einsatz betriebseigener Futtermittel.

Versuchskonstellation

Die Versuche fanden im Zeitraum von Mai 2018 bis Februar 2020 statt. Insgesamt wurden circa 6500 männliche Legehybriden der Linie Lohmann Brown plus (LB+) aufgezogen.

  • Alle Tiere wurden als Eintagsküken auf drei ökologisch wirtschaftenden Betrieben eingestallt und bis zur Vollendung der 12. Lebenswoche gemästet.
  • Die Gruppengrößen betrugen 300 bis 600 Tiere.
  • Alle Tiere wurden am ersten Lebenstag gegen die Mareksche Krankheit, gegen Infektiöse Bronchitis sowie gegen Kokzidien geimpft. Auf den Betrieben erhielten die Tiere später die entsprechenden Auffrischungsimpfungen sowie die gesetzlich vorgeschriebene Impfung gegen New Castle Disease.
  • Die Haltung und das Management der Bruderhähne erfolgten nach Bioland-Richtlinien. Die Aufzucht geschah zunächst in Kükenringen. Diese wurden nach dem 21. Lebenstag aufgelöst. Ab einem Gewicht von 500 Gramm erfolgte die getrennte Mast von Versuchs- und Kontrollgruppen.
  • Um die Futterversorgung, die Stalltechnik sowie das Herden- und Tiergesundheitsmanagement vergleichbar zu gestalten, wurden einheitliche Haltungsbedingungen definiert. Diese Haltungsbedingungen sind in der unten stehenden Tabelle dargestellt.

Tabelle 1: Haltungsbedingungen auf den Betrieben

Ruheebene bis 21. Lebenstag

circa 200 Quadratzentimeter pro Tier

Sitzstange ab 14. bis 42. Lebenstag

circa 5 bis 6 Zentimeter pro Tier

Sitzstange ab 43. Lebenstag

12 bis 15 Zentimeter pro Tier

Längstrog 1. bis 42. Lebenstag

3 Zentimeter pro Tier

Längstrog ab 42. Lebenstag

6 bis 8 Zentimeter pro Tier

Rundtrog 1. bis 42. Lebenstag

1 bis 2 Zentimeter pro Tier

Rundtrog ab 42. Lebenstag

3 bis 4 Zentimeter pro Tier

Tränkeplatz Rundtränke

1 Zentimeter pro Tier

Platzverhältnisse Voraufzucht 1. bis 42. Lebenstag

maximal 20 Tiere pro Quadratmeter

Platzverhältnisse Mastphase ab 43. Lebenstag

maximal 10 Tiere pro Quadratmeter

Ab 5./6. Lebenswoche Zugang zum Wintergarten

Mindestgröße: ein Drittel der Warmstallfläche

Ab 7. Lebenswoche Zugang zum Grünauslauf

 
  • Als Basisfutter stand den Tieren ein pelletiertes Alleinfuttermittel zur Verfügung, dessen Rezeptur speziell für die Aufzucht der Bruderhähne entwickelt worden war.
  • Bis zum Erreichen eines Gewichtes von 500 Gramm, also etwa nach 40 bis 45 Tagen, hatten alle Tiere ad libitum Zugang zu Futter (Starterfutter) und Wasser.
  • Insgesamt wurden 21 Mastdurchgänge durchgeführt. Je nach Gesundheitsstatus, Futteraufnahme, Futterverwertung und Wachstumskapazität der Tiere wurden die ergänzenden Futterkomponenten in jedem Durchgang bedarfsgerecht angepasst.

Ergebnisse

Die Daten zu Wachstum, Futterverwertung und Schlachtleistung der Bruderhähne wurden in den 21 Mastdurchgängen akribisch erfasst. Die während des Projektes entwickelten Stallkarten und Listen für das Gesundheitsmonitoring können in Zukunft von allen Bruderhahn-haltenden Betrieben genutzt werden.

Das Ziel, bei der Mast von Bruderhähnen vorrangig betriebseigene Kraftfuttermittel einzusetzen, erwies sich als nicht umsetzbar, da den meisten Betrieben die Komponenten für die Herstellung eines betriebseigenen Mischfutters fehlten.

Ergebnisse zum Wachstum und zur Futterverwertung der Tiere

  • Grundsätzlich ist es möglich, den Einsatz teurer und knapper Eiweißfuttermittel mit Hilfe hofeigener Futterstoffe wie silierten Ackerbohnen, Hanfkuchen, Leindotterkuchen oder Zuckerrübenschnitzeln bei der Mast von Bruderhähnen zu reduzieren.
  • Beim Vergleich der Verfütterung ganzer Weizenkörner mit gequetschten Weizenkörnern zeigte sich eine etwas bessere Gewichtszunahme bei ganzen Körnern. Grit sollte den Tieren dabei stets in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Fehlt ein solches Angebot, führt dies einer ungünstigeren Verwertung des Futters.
  • Die Verfütterung von Leindotterkuchen - pur oder als Anteil in einer Schrotmischung - hatte einen positiven Einfluss sowohl auf die Futterakzeptanz und Futteraufnahme als auch auf den Gewichtszuwachs.
  • Die Verfütterung von Hanfkuchen - pur zum Standardfutter hinzugegeben oder als Mischungspartner in einer Schrotmischung - zeigte im Vergleich zur Standardfütterung mit Kraftfutter und Weizenkörnern keine nennenswerten Unterschiede bei der Gewichtsentwicklung der Tiere.
  • Bereits bei leichten Infektionen mit Kokzidien oder E. Coli verzögerte sich das Wachstum der Tiere spürbar.
  • Die Auswirkungen eines Grünauslaufes auf die Futteraufnahmemenge können heute noch nicht abgeschätzt werden.

Ergebnisse zur Schlachtkörperqualität

Die Stichprobenanzahl für die Ermittlung der Ausschlachtungswerte variierte zwischen 10 und 50 Tieren, da die Tiere für den Handel wöchentlich frisch geschlachtet wurden. Aufgrund der geringen Datengrundlage können die Ausschlachtungswerte mit den Fütterungsvarianten nicht eindeutig in Beziehung gesetzt werden. Folgende Ausschlachtungswerte und Schlachtkörpergewichte wurden im Versuch erzielt:

  • 14. Lebenswoche: Ausschlachtungswert 62,1 bis 63,5 Prozent, Schlachtkörpergewicht 800 bis 1087 Gramm,
  • 15. Lebenswoche: Ausschlachtungswert 62,7 bis 65,8 Prozent, Schlachtkörpergewicht 965 bis 1280 Gramm,
  • 16. Lebenswoche: Ausschlachtungswert 60,7 bis 64 Prozent, Schlachtkörpergewicht 996 bis 1067 Gramm,
  • 17. Lebenswoche: Ausschlachtungswert 58 bis 61,4 Prozent, Schlachtkörpergewicht 1113 bis 1294 Gramm.

Bei den Fleischteilanalysen kam man zu folgendem Ergebnis:

Tabelle 2: Teilstückgewichte (in Gramm)

 

14. Lebens­woche

15. Lebens­woche

16. Lebens­woche

17. Lebens­woche

Brustfilet

96-177

102-177

127-144

162-202

Schenkel

250-405

258-465

339-390

412-477

Schenkelfleisch

n. n.

248-335

n. n.

n. n.

Flügel

96-148

128-172

125-146

149-192

Flügelfleisch

42-60

60-81

n. n.

n. n.

Gerippe

217-350

301-437

315-396

414-423

Fett

16-28

25-47

15-18

n. n.

Fazit: Um das Fleisch von Bruderhähnen aus Legelinien als Ganzes oder als Teilstück vermarkten zu können, wird zu einer Mastdauer von 14 bis 15 Wochen geraten.

Ergebnisse zur Entwicklung eines Basis- und eines Ergänzungsfuttermittels

Ein Starterfutter - bestehend aus 100 Prozent Biofutter - wurde im Rahmen des Projekts entwickelt. Es setzt sich folgendermaßen zusammen: 20 Prozent Mais, 18 Prozent Weizen, 4 Prozent Hafer, 8 Prozent Erbsen, 4 Prozent Ackerbohnen, 12 Prozent Sonnenblumenkuchen, 9 Prozent Sesamkuchen, 9 Prozent Hanfkuchen, 8 Prozent Rapskuchen, 3 Prozent Leinkuchen, 2 Prozent Bierhefe, 1,0 Prozent Mineralfutter, 0,1 Prozent Viehsalz, 1 Prozent Kalk. Dieses Starterfutter eignet sich als Basisfutter in der Aufzucht von Bruderhähnen und kann bis zu 50 Prozent mit betriebseigenen Komponenten kombiniert werden.

Ausblick

Weitere wissenschaftliche Untersuchungen sind notwendig, denn wenn Bruderhähne in Zukunft in größeren Einheiten gehalten und aufgezogen werden - was sich nach dem gesetzlichen Verbot des Kükentötens annehmen lässt -, ergibt sich in den Tiergruppen eine ganz andere Dynamik, die sich sowohl auf das Futteraufnahme- als auch auf das Sozialverhalten auswirken wird.


Letzte Aktualisierung 29.09.2022

Tierwohl-Kompetenzzentrum Schaf

Beratung & Wissenstransfer

Entwaldungsfreie Produkte

Abgeholzte Fläche. Klick führt zu Großansicht im neuen Fenster.

EUDR: Infos & Regelungen

Netzwerk Fokus Tierwohl

Logo des Netzwerks Fokus Tierwohl

Zu den Veranstaltungen

Nach oben
Nach oben