Natürliche Wege zur Zyklussteuerung Natürliche Wege zur Zyklussteuerung

Natürliche Wege zur Zyklussteuerung

Das Hormon PMSG wird schon seit langem bei Sauen zur Zyklussteuerung eingesetzt. Aus Tierschutzgründen ist der Einsatz jedoch umstritten. Welche tierschonenden und praktikablen Alternativen gibt es?

Die Brunstsynchronisation mit dem Hormon PMSG/eCG spielt in der Sauenhaltung eine große Rolle. Zu den Vorteilen des Einsatzes gehören die bessere Planbarkeit von Arbeitsabläufen, z. B. die Geburtsüberwachung und ein effektives Hygienemanagement. Das Rein-Raus-System ist dadurch für ganze Sauen- und Ferkelgruppen möglich. Sauenhalter können einheitlich große Ferkelgruppen aus einer Herkunft bereitstellen. Doch der Einsatz von PMSG/eCG ist umstritten, da es aus dem Blut von trächtigen Stuten gewonnen wird. Aus Sicht des Tierschutzes wird die Gewinnung daher als kritisch bewertet.

PMSG steht für Pregnant Mare Serum Gonadotropin, es bedeutet "Gonadotropin aus dem Blutserum trächtiger Stuten". Die neuere Bezeichnung lautet eCG (equines Chorion Gonadotropin). Das Hormon wird bei Zuchtsauen zur Stimulation des Follikelwachstums und zur Synchronisation des Zyklus verwendet, um die Trächtigkeit besser zu steuern.

Soll auf den umstrittenen Hormoneinsatz verzichtet werden, sind Alternativen gefragt. Denn eine Zyklussteuerung beim Schwein ist nach wie vor unabdingbar, wenn gruppenweises Abferkeln angestrebt wird.

Erfahrung aus dem MuD Tierschutz-Projekt

Im Rahmen der MuD Tierschutz wurde ein zweijähriges Vorhaben gefördert (Laufzeit: 01.11.2019 - 31.10.2021), um mögliche Alternativen zum Einsatz von PMSG/eCG in der Sauenhaltung zu identifizieren und gemeinsam mit den Landwirten empfehlenswerte Lösungen zum Verzicht von PMSG/eCG zu erarbeiten. Die Informationen und erstellten Materialien sind allen interessierten Sauenhaltern und Fachpublikum zur Verfügung gestellt worden.

Das Vorhaben wurde durch die Justus-Liebig-Universität Gießen (Prof. Dr. Axel Wehrend) und die Universität Leipzig (Prof. Dr. Johannes Kauffold) durchgeführt. Die Empfehlungen in diesem Artikel basieren auf den Projektergebnissen und Schulungsunterlagen.

MuD Tierschutz-Ergebnisse zu Alternativen von PMSG/eCG in der Sauenhaltung

Brunstsynchronisation: es geht auch ohne Hormone

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass auf den Einsatz von PMSG verzichtet werden kann. Denn auch zootechnische Maßnahmen wie Tierkontakt, Fütterung und eine optimierte Umgebung haben Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Basis einer erfolgreichen Brunstsynchronisation sind vor allem gesunde Tiere und ein gutes Management. Generell ist bei der Anwendung von Alternativen zum Hormoneinsatz zwischen Alt- und Jungsauen zu unterscheiden.

Brunstsynchronisation bei Altsauen

Altsauen zeigen während der Zeit der Laktation kein oder nur begrenztes Follikelwachstum. Erst mit dem Absetzen der Ferkel setzt es verstärkt ein. Nach dem Absetzen dauert es dann circa 3 bis 7 Tage, bis die Sauen in die Rausche kommen und besamt werden können. Damit diese Vorgänge spontan auch ohne vorherige Anwendung von PMSG/eCG kontinuierlich über alle Abferkelgruppen und saisonal unbeeinflusst ablaufen können, muss einiges optimal laufen:

  • Körperkondition: Für Altsauen ist die Laktation entscheidend. Dabei spielt die körperliche Entwicklung eine große Rolle. Sauen dürfen während der Laktation nicht übermäßig an Kondition verlieren. Das gilt gleichermaßen für primipare – also Sauen zum 2. Wurf – wie auch für ältere Sauen. Sowohl die Rückenfettdicke als auch die Muskeldicke sind zu messen, um die Sauen in der richtigen Kondition zu halten. Dies geschieht mittels Ultraschall oder per Augenmaß idealerweise vor und nach der Abferkelung.
  • Fütterung: Um einen starken Gewichtsverlust während der Säugezeit zu vermeiden, ist die Fütterung in der Abferkelung anzupassen. Hier gibt es kein Generalkonzept, sondern es ist betriebsindividuell, nach dem besten Vorgehen zu schauen. Ziel muss es sein, nach der Laktation die optimale Kondition für die nächste Rausche zu erreichen. Die Futtermenge ist langsam zu steigern. Die sogenannte Flushing-Fütterung soll die Stoffwechsel- und Energiebalance verbessern durch ausgewählte energetische oder diätetische Substanzen. Sie wird angewendet in Phasen, die reproduktionsphysiologisch interessant sind, etwa beim Follikelwachstum nach dem Absetzen. Dazu zählen Multivitaminpräparate als auch diverse Energieträger wie verschiedene Zuckermischungen. Einige Betriebe beginnen mit der Gabe bereits vor dem Absetzen, andere am Tag des Absetzens oder einen Tag nach dem Absetzen. Einmalige oder kontinuierliche Gaben sind je nach Rezeptur und Betriebsphilosophie möglich. Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge versteht sich von selbst.
  • Tiergesundheit: Nur gesunde Sauen funktionieren spontan und ohne hormonelle Hilfe. Das gilt sowohl für die genitale, vor allem aber für die allgemeine Gesundheit. Eine der ersten Körperfunktionen, die bei tiergesundheitlichen Problemen eingestellt wird, ist die Reproduktion. Dazu gehört auch das Follikelwachstum nach dem Absetzen.
  • Wohlbefinden: Haltungsfehler oder klimatische Extreme (hohe Temperaturen, Zugluft) sind unbedingt zu vermeiden. Der optimale Temperaturbereich der Sau liegt bei 18 °Celsius. Auf ausreichend Licht ist zu achten. Die entsprechenden Mindestanforderungen sind gesetzlich festgelegt. Gute Erfahrungen gibt es mit Lichtbändern, die über den Köpfen der Sauen angebracht werden, um die positive Wirkung des Lichts zu nutzen. Sie werden allem rund um die Besamung eingesetzt.
  • Eberkontakt: Um das Follikelwachstum und die Rausche zu stimulieren, hilft der Kontakt zu einem sexuell aktiven Eber, der die Sau auch berühren sollte. Er sollte spätestens einen Tag nach dem Absetzen zur Sau kommen, da das Follikelwachstum direkt nach dem Absetzen beginnt. Die Sauen sollten den Eber hören, sehen und riechen können. Berührung stimuliert am besten. Die Sauen sollten täglich für wenige Minuten Kontakt zum Eber haben.

Brunstsynchronisation bei Jungsauen

Bei Jungsauen wird PMSG/eCG in der Regel nach vorangegangener Zyklusblockade mit Altrenogest angewendet. Ziel ist die Stimulation des Follikelwachstums. Eine andere Anwendung ist die Pubertätseinleitung. Mit PMSG/eCG kommen 75 bis 95 Prozent der Jungsauen innerhalb von etwa sieben Tagen in die Pubertät. Ohne das Hormon könnte sich dieses Intervall bis auf neun Tage verlängern, was einem synchronen Pubertätseintritt entgegensteht. Damit diese Prozesse so natürlich wie möglich ohne Hormongabe ablaufen, ist auf folgende Punkte zu achten:

  • Eberkontakt: Etwa ab dem 160. Lebenstag ist täglich oder zyklisch alle 21 Tage ein direkter Kontakt mit einem geschlechtsreifen und paarungswilligen Eber in Form von Hören, Riechen und Sehen zu ermöglichen. Der Eber sollte in der Größe zur Jungsau passen, da größere Eber die Jungsau einschüchtern können. Auch rauschende Sauen können positiv auf die Jungsauenpubertät wirken.
  • Haltung: Buchtenpartnerwechsel und Umstallungen scheinen schon bei der Aufzucht von Jungsauen die Geschlechtsreife durch zusätzliche äußere und soziale Reize zu stimulieren.
  • Körperkondition und Fütterung: Jungsauen müssen zu einem bestimmten Alter ein entsprechendes Gewicht haben, um in die Pubertät zu kommen. Hat man hier homogene Gruppen, ist auch ein relativ zeitgleicher Pubertätseintritt sehr wahrscheinlich. Mancher Halter bevorzugt Jungsauen mit 150 kg bei 260 Lebenstagen, andere Betriebe nutzen leichtere, jüngere Tiere mit gleichfalls guten Resultaten. Wichtig ist ausreichend Körperfett. Angaben zu den optimalen Rückenspeckdicken variieren zwischen 14 und 18 mm. Die ideale Zuchtkondition ist rassespezifisch.
  • Tiergesundheit und Wohlbefinden: Die Jungsau muss gesund sein und sich wohl fühlen, damit sie fruchtbar ist und termingerecht in die erste Rausche kommt. Jede Erkrankung lässt die Tiere weniger fressen. Das kann zu Organschäden und verzögertem Wachstum führen. Je natürlicher die Lichtquelle und die Lichttaglänge, desto früher der Pubertätseintritt und umso besser die Fruchtbarkeit. Das Licht sollte 12 bis 18 Stunden angeschaltet sein mit einer Beleuchtungsstärke von mindestens 180 Lux.

Verzicht auf PMSG – was ist für den Übergang wichtig?

Der Verzicht von PMSG/eCG ist möglich, stellt aber einen entscheidenden Eingriff in das Reproduktionsmanagement dar. Deshalb ist dieser Prozess so gut wie möglich diagnostisch und dokumentarisch zu begleiten.

Wer von der Hormongabe Abstand nehmen will, sollte das nicht sofort komplett bei allen Sauen machen, sondern zuerst mit einer oder zwei Gruppen anfangen und testen, was gut funktioniert. Wichtiger denn je wird dabei die lückenlose Brunstkontrolle sowie die zeitgleiche Erfassung anderer Fruchtbarkeitsdaten wie Trächtigkeits- und Abferkelrate sowie Wurfgrößen. Außerdem ist das Absetz-Beleg-Intervall auszuwerten. Streut es nach Verzicht von PMSG/eCG erheblich, ist weiter an den Stellschrauben zu drehen. Wenn es machbar ist, ist der Übergang von PMSG/eCG zu spontan-brünstigen Sauen mit Ultraschall zu begleiten. Mit diesem Verfahren ist es möglich, den Eisprung zeitgenau zu erfassen. So lassen sich das Ovulationsverhalten in der Herde verstehen und Besamungszeiten und -intervalle zielgenau platzieren. Ein konstanter Abferkelrhythmus ist so weiterhin möglich.


Letzte Aktualisierung 05.10.2022

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