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Das Kupieren des Schwanzes bei Schaflämmern ist ein gängiger Eingriff bei langschwänzigen Schafrassen. Laut Tierschutzgesetz ist es nur im Einzelfall erlaubt. Das Tierwohlkompetenz-Zentrum Schaf hat die wichtigsten Informationen zum Kürzen der Schwänze zusammengestellt.
Das Kupieren des Schwanzes bei Schaflämmern stellt weltweit einen gängigen Eingriff bei langschwänzigen Schafrassen dar. Es wird damit eine bessere Hygiene sowie Prophylaxe von Krankheiten bezweckt. Tierschutzrechtliche Anforderungen an die heutige Nutztierhaltung hinterfragen zunehmend die Notwendigkeit dieses schmerzhaften Eingriffs.
Die Schafe aller bedeutenden Wirtschaftsrassen, wie die Merino-Rassen oder das Schwarzköpfiges Fleischschaf, haben lange und stark bewollte Schwänze. Die starke Bewollung bringt jedoch Probleme in der Hygiene mit sich, was in der Folge zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Die Frage nach der Indikation zum Kupieren der Schwänze bei Schaflämmern betrifft somit die Mehrzahl der in Deutschland gehaltenen Schafe.
Insbesondere bei Zuchttieren stellt das Kupieren eine gängige Praxis dar. Inder Regel werden aus Gründen der Zuchthygiene die Schwänze der zur Remontierung vorgesehenen weiblichen Lämmer kupiert. Zur Mast vorgesehene Lämmer werden seltener kupiert. Dabei ist der Eingriff selbst immer mit unmittelbaren Schmerzen verbunden.
In Studien konnte gezeigt werden, dass Lämmer nach dem Kupieren erhöhte Konzentrationen des Stresshormons Cortisol im Urin und eine vermehrte Unruhe aufweisen. Darüber hinaus kann es zu eitrigen Infektionen der Wunde und aufsteigenden Infektionen kommen.
Hauptgrund für die Durchführung des routinemäßigen Kürzens der Schwänze ist die Reduzierung von Kot- und Urinverschmutzungen am Tier und des damit einhergehenden Fliegenmadenbefalls, der sogenannten Myiasis, im Bereich des Schwanzes und der Innenschenkel sowie von Anus und Vulva. Die Parasiten ernähren sich vom Körpergewebe, dem Darminhalt oder der Körperflüssigkeit ihres Wirts und schädigen so die Gesundheit des Tieres.
Die hygienische Bedeutung kürzerer Schwänze wird auch für andere Bereiche, wie die Zucht, die Schur und die Schlachtung, als Grund für das Kupieren genannt.
Auch eine erleichtere Geburtsüberwachung und Euterkontrolle sowie die Vermeidung von Schwanzverletzungen, zum Beispiel durch Trittverletzungen, spielen eine Rolle.
Das Deutsche Tierschutzgesetz schreibt grundsätzlich ein Verbot für das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen vor (TschG §5 Abs. 1). Es beschreibt im darauffolgenden Abschnitt jedoch Ausnahmen von diesem Verbot. Diese gelten, wenn der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist (TschG §6 Abs. 1, Nr. 1 und Nr. 3). Auch schreibt das Deutsche Tierschutzgesetz zunächst eine Betäubung für mit Schmerzen verbundene Eingriffe bei Wirbeltieren vor. Das Kürzen des Schwanzes bei unter 8 Tage alten Lämmern mittels elastischem Ring stellt allerdings eine Ausnahme dar (TschG §5 Abs.1 und Abs. 3).
(1) An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden…
(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich
3. für das Kürzen des Schwanzes (…) von unter acht Tage alten Lämmern.
4. für das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage alten Lämmern mittels elastischer Ringe (…)
(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen (…) eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn
1. der Eingriff im Einzelfall
a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist (…)
3. (…) und der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist.
Das Kürzen der Schwänze von Lämmern wird auch in anderen Ländern kritisch betrachtet. In der Schweiz und in Österreich ist das Kupieren des Schwanzes generell erlaubt. Jedoch wird in der Schweiz ein Sachkundenachweis des Halters gefordert. Das Kupieren ist hier bis zum achten Lebenstag auch ohne Schmerzausschaltung möglich, jedoch nur, sofern eine Schmerzausschaltung nach tierärztlichem Urteil oder aus medizinischen Gründen nicht durchführbar erscheint.
In Österreich dürfen Lämmer bis zu einem Alter von 3 Tagen durch einen “fachkundigen Laien“ und ab dann nur noch durch einen Tierarzt unter Betäubung kupiert werden. Der Eingriff darf lediglich mit tierärztlicher Bestätigung unter der Gegebenheit der ”betrieblichen Notwendigkeit“ durchgeführt werden. Das Kupieren mittels elastischem Ring ist verboten. Es erfolgt durch scharfes Abtrennen. Außerdem ist die verbleibende Schwanzlänge genau geregelt: es darf maximal ein Drittel und bei weiblichen Zuchttieren maximal die Hälfte des Schwanzes amputiert werden.
In den Ländern Schweden, Norwegen, Finnland und Estland gibt es keine generelle Erlaubnis für das Kupieren des Schwanzes. In Finnland und Estland stellen Ausnahmen lediglich durch den Tierarzt gestellte Indikationen dar. In Schweden und Norwegen sind auch weitere Ausnahmen möglich sind.
Das schon seit 2008 geltende Kupierverbot in den Niederlanden gilt nicht für die Rassen Suffolk, Clun Forest und Hampshire Down. Für diese Rassen wurde flankierend ein obligates Zuchtprogramm auf kürzere Schwänze erstellt.
Es werden zunehmend Wege aufgezeigt, wie Schafe auch mit unversehrten Schwänzen gesund gehalten werden können. Das Tierwohlkompetenz-Zentrum Schaf ist hier eine wichtige Anlaufstelle. Neben züchterischen Maßnahmen, die die Zucht auf kürzere Schwänze beinhalten, spielt das Management eine große Rolle.
Künftige Novellierungen des Deutschen Tierschutzgesetzes könnten die Abschaffung der Ausnahmen vom Amputationsverbot und somit den Verzicht auf nicht-kurative Eingriffe bedeuten. Darum sollte schon jetzt nach einer nachhaltigen Lösung für das Kupieren des Schwanzes bei Lämmern gesucht werden. Die Reduktion der Schwanzlänge durch Zucht auf kürzere Schwänze könnte hier eine geeignete Alternative darstellen. Bei der Reinzucht handelt es sich jedoch um eine längerfristig umzusetzende Maßnahme. Denn es erfordert viel Zeit, gleichzeitig die genetische Vielfalt, Leistung und Gesundheit der einzelnen Rassen zu erhalten.
Mit Hilfe von Einkreuzung bestimmter kurzschwänziger Rassen wie zum Beispiel dem Finnschaf können hingegen kurzfristig Erfolge erzielt werden.
Übergangsweise ist eine Anpassung des Haltungsmanagements erforderlich. Mit gezielter Endoparasitenprophylaxe, einem bedarfsgerechten Fütterungsmanagement und routinemäßigen oder anlassbezogenen Schwanzschuren können Schafe ohne Nachteile gehalten werden. Wie das genau geht, zeigt das Tierwohlkompetenz-Zentrum Schaf in Videos, Broschüren, Fachbeiträgen und verschiedenen Veranstaltungsformaten.
Letzte Aktualisierung 15.01.2025