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Erhöhte Zellzahlen gelten bei Milchkühen als Alarmsignal. Nicht so bei Milchziegen. Ziegenmilch weist generell höhere Zellzahlen auf und hinter erhöhten Werten können neben einer Mastitis auch einige andere Ursachen stecken. Dies erschwert die Früherkennung.
Eine Mastitis bei Milchziegen hat ähnliche Auswirkungen wie bei Milchkühen. Subklinische Euterentzündungen, also ohne äußere erkennbare Anzeichen, kommen 10 bis 15 Mal häufiger vor als klinische. Wird eine subklinische Mastitis nicht erkannt, zieht das zwangsläufig Ertragsverluste nach sich: Die Milchleistung sinkt, die Zusammensetzung der Milch verändert sich negativ und daher ist die Käsereitauglichkeit der Rohmilch beeinträchtigt. Außerdem besteht oft für die gesamte Herde Ansteckungsgefahr. Eutergesunde Ziegen sind für eine rentable Milchziegenhaltung die Basis.
Das Euter einer Ziege unterscheidet sich von dem einer Milchkuh: Die Zitzenwand ist dünner und somit verletzungsanfälliger. Der Strichkanal wird nicht durch einen starken Schließmuskel geschützt, weswegen Krankheitskeime eher passieren können. Während beim Rind der Großteil der Milch in den Drüsenalveolen gespeichert wird, speichern Ziegen und Schafe bis zu 80 Prozent in der Zisterne. Ziegenmilch weist generell höhere Zellzahlen als Schaf- und Kuhmilch, weil sie nicht nur Abwehrzellen sondern auch Epithelzellen aus den Alveolen enthält. Der Zellgehalt kann eine weite Spanne von 150.000 bis zu 1,5 Millionen Zellen pro Milliliter aufweisen. Darum werden Milchziegen, deren Zellzahlen die Millionengrenze überschreiten, in der Praxis auch "Millionäre" genannt.
Hinweis: Die Zellzahl ist ein Merkmal, das züchterisch bearbeitet werden kann. Die französische Ziegenzuchtorganisation "Capgene" berechnet zum Beispiel bei Besamungsböcken einen Zuchtwert für den Zellgehalt.
Auf europäischer Ebene gibt es für den Zellgehalt von Ziegenmilch keine Grenzwerte. Die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 regelt lediglich die Qualitätsanforderungen für Rohmilch und begrenzt den Keimgehalt. Außerdem enthält sie Vorgaben hinsichtlich Antibiotika-Rückstände und schreibt vor, dass die Milch aus brucellose- und tuberkulosefreien Betrieben stammen muss.
Für erhöhte Zellzahlen können viele Faktoren verantwortlich sein:
Hinter erhöhten Zellzahlen kann sich also eine subklinische Euterentzündung verbergen, muss es aber nicht! Tierärztinnen und Tierärzte gehen mittlerweile davon aus, dass die Mastitis eine multifunktionelle Erkrankung ist.
Einerseits gibt es die Mastitiserreger: In Milchziegenbetrieben kommen vorwiegend Staphylokokken (Bakterien) vor, der wichtigste euterpathogene Keim ist Staphylococcus aureus, weil er sich schnell in der Herde ausbreiten kann. Andererseits können der Gesundheitszustand der Tiere und deren Umfeld eine Mastitis begünstigen.
Vor dem Hintergrund, dass sowohl ein Faktorenkomplex für erhöhte Zellzahlen als auch für Mastitis besteht, ist klar, dass eine subklinische Euterentzündung bei Milchziegen in der Praxis nicht leicht zu erkennen ist. Das Thünen-Institut hat nach geeigneten Indikatoren für die Früherkennung subklinischer Mastitiden gesucht, kam aber zu keinen belastbaren Ergebnissen. Basis der Studie aus dem Jahr 2010 war die Frühlaktation, also die ersten sechs Wochen der Laktation von rund 60 Ziegen. Unter anderem zeigte sie, dass die elektrische Leitfähigkeit – anders als bei Milchkühen – keinen Hinweis auf eine Mastitis lieferte. Auch der Schalmtest deutete lediglich Tendenzen an. Außerdem unterstrich die Untersuchung, dass die Eutergesundheit von Ziegen nicht anhand der Zellzahlen beurteilt werden kann und deshalb auch eine Milchpreisgestaltung, die sich am Zellgehalt orientiert, nicht gerechtfertigt ist.
Eine zweite Studie beleuchtete eine Laktationsperiode über 40 Wochen. Hier zeigte sich, dass die Zellzahlen über die Laktationswochen hinweg im Trend deutlich zunahmen. Auffällig war, dass die Werte in der ersten Woche zuerst abfielen, um dann wieder in den nächsten zwei Wochen anzusteigen. Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen der Zahl an Laktationen und erhöhten Zellwerten beobachtet. Und auch die täglichen Milchmengen hingen signifikant mit den Zellzahlen zusammen: Mit den geringeren täglichen Milchmengen gegen Ende der Laktation stiegen auch die Zellzahlen.
1) Einen Schalmtest durchführen: Bei Ziegenmilch muss mit deutlich positiven Reaktionen zwischen ++ und +++ gerechnet werden. Vor allem Unterschiede zwischen beiden Euterhälften weisen oft auf eine subklinische Mastitis hin. Grundsätzlich sollten alle Milchziegen eines Bestandes regelmäßig mit einem Schalm-Test kontrolliert werden.
2) Das Euter nach vergrößerten Lymphknoten abtasten.
3) Die Ziegen immer genau beobachten.
4) Auf die Melkhygiene als Präventionsmaßnahme achten, denn sie hat einen signifikanten Einfluss auf den Erregernachweis in der Milch. Das zeigt eine Masterarbeit an der Universität Gießen aus dem Jahr 2017 (von Yvonne Kranch und Prof. Steffen Hoy), die in 16 hessischen Milchziegenbetrieben mit insgesamt rund 700 Ziegen den Zusammenhang von Melkhygiene und den Nachweis von Bakterien untersucht hat. Einige Kernaussagen:
5) Schlussendlich kann nur eine bakterielle Untersuchung der Milch sicher Aufschluss geben, ob euterpathogene Erreger vorliegen. Da dies zeit- und kostenintensiv ist, wird diese Untersuchung meist nur bei dringendem Verdacht herangezogen.
Letzte Aktualisierung 09.11.2022