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Ziegen als Weidetiere sind genügsam und anspruchsvoll zugleich. Sie verdauen verholzte Pflanzenteile und erreichen steilste Stellen an Hanglagen. Das macht sie zu idealen Landschaftspflegern. Voraussetzung ist eine gute Planung
Ziegen gelten als optimale Landschaftspfleger. Sie verdauen eine große Vielfalt an pflanzlichem Material und einige Rassen können bis auf eine Höhe von bis zu zwei Metern alles abfressen, wenn sie sich auf die Hinterbeine stellen. Wenn es ihnen schmeckt, steigen Ziegen auch in die Bäume, sofern sich Stämme und Äste dafür anbieten. Ziegen sind darüber hinaus sehr trittsicher und nutzen gerne jede Gelegenheit zum Klettern. So erreichen sie auch entlegene Winkel und kürzen die Vegetation auch dort, wo Menschen mit Säge und Motorsense nicht arbeiten könnten. Außerdem schälen Ziegen Rinde von Ästen und jungen Bäumen ab, was dort sinnvoll ist, wo Gehölze absterben sollen.
Für den Einsatz tierischer Landschaftspfleger sprechen neben ihrer Geländegängigkeit noch weitere Gründe: Im Gegensatz zu schweren Maschinen verdichten Ziegen nicht den Boden und machen keinen Lärm. Manuelle Pflege von Trockenrasengesellschaften und anderen empfindlichen Ökosystemen wäre aufwändig und kaum finanzierbar.
Ziegen halten auch eingeschleppte Pflanzen in Schach, von denen einige invasives Potenzial haben und heimische Arten verdrängen können. Und sie halten Offenlandschaften, wie Heiden oder Trockenstandorte, kurz, in dem sie Sträucher und Bäume nicht wachsen lassen. So sind Ziegen in der Lage, auf einem Standort die Lebensräume und ihre Artenzusammensetzung zu erhalten.
Ziegen nutzen ein breites Artenspektrum an Futterpflanzen. Als Substratselektierer, naschen sie zunächst, was ihnen gerade schmeckt. Das können Blüten, Knospen, Triebspitzen, Früchte und vor allem Blätter sein. Ihre schmalen Mäuler und die bewegliche, gespaltene Oberlippe erlauben es ihnen, sehr gezielt Pflanzenteile abzuzupfen und auch zwischen Dornen und kleinen Ästen noch an Futter zu gelangen. Wie andere Wiederkäuer verdauen Ziegen ihre rein pflanzliche Nahrung über Pansen und Netzmagen, doch sie kauen ihr Futter schon beim Fressen sehr klein und verwenden auch auf das Wiederkäuen mehr Zeit als Schafe und Rinder. Der Aufbau ihres Verdauungstraktes und ihr Fressverhalten erlauben ihnen, auch wenig energiereiches Raufutter aufzuschließen. Ihnen schmecken sogar bitter- und gerbstoffhaltige Pflanzenteile. Dazu gehören Gehölztriebe und Rinde, die sie von den Bäumen abschälen. Die Tannine darin können Ziegen verdauen. Haben Ziegen freie Auswahl, dann besteht bis zu 60 Prozent ihrer täglichen Ration aus Blättern und Zweigen von verholzenden Pflanzen. Gras fressen sie, anders als Schafe, nicht bis zum Boden ab.
Grundsätzlich eignen sich alle Ziegenrassen für die Landschaftspflege. Allerdings können sich behornte Tiere mit den Hörnern in Astgabeln verfangen oder in Weidezaunnetzen verheddern. Und Ziegen mit langer Wolle bleiben eher an Gestrüpp hängen als kurzhaarige.
Vor allem in stark verbuschtem Gelände besteht ein größeres Risiko für Euterverletzungen. Außerdem kann die Nährstoffversorgung von Ziegenkitzen auf eher kargen Standorten ungenügend sein, so dass die angestrebten Tageszunahmen nicht erreicht werden. Das bedeutet, dass genügsame Rassen, mit hoch aufgehängtem Euter und kurzem Fell vielleicht etwas besser für die Landschaftspflege geeignet sind. Entscheidend ist aber der Zeitpunkt der Beweidung in den Betriebsabläufen. Ablammzeit und Aufzucht sollten die Ziegen an zugänglicheren Standorten oder im Stall verbringen, wo die Betreuung und Versorgung besser leistbar ist. Melkende Milchziegen kommen für Landschaftspflege ebenfalls nicht in Frage. Bei allen Ziegen besteht die Gefahr, dass sie sich Dornen eintreten, was Tierhaltende im Blick behalten müssen.
Natur- und Landschaftsschutzflächen lassen sich ein bis zweimal pro Jahr beweiden. Mehr ist nicht ratsam, da der Parasitendruck dann steigt und Flora und Fauna gestört werden. Je nachdem, welche Arten auf der Fläche schützenswert sind, kann es auch genügen, nur jedes zweite Jahr eine Herde einzusetzen. Eine genaue Planung von Dauer und Intensität der Beweidung ist somit für das Erreichen des jeweiligen Beweidungsziels einer Fläche unabdingbar.
Besondere Bäume oder Teilflächen, die die Ziegen nicht erreichen sollen, müssen unbedingt vorab sicher abgegrenzt werden.
In Vorbereitung auf die Ziegenbeweidung zunächst Bäume oder Büsche mit der Säge zu kappen, kann ebenfalls hilfreich sein. Eine solche Erstentbuschung ist vor allem dort sinnvoll, wo die Sträucher Überhand genommen haben und das Zeitfenster für den Einsatz der Tiere nicht reicht, um dieses Pensum zu bewältigen. Auch ein gezieltes Absterben bestimmter Bäume kann so vorbereitet werden. Die Ziegen erledigen das, indem sie den Neuaustrieb an den Stümpfen abknabbern und junge Triebe schälen.
Eine Ausnahme stellen Büsche mit Dornen dar. Dort wo Dornengestrüpp gemäht wurde, besteht für die Ziegen, insbesondere an den Klauen, durch liegen gebliebene Zweige und abgebrochene Dornen Verletzungsgefahr. Darum sollte der Rückschnitt solcher Gehölze erst nach der Beweidung durch Ziegen erfolgen.
Auch die Frage zum Witterungsschutz für die Ziegen muss vor Weidebeginn geklärt sein. Unabdingbar ist auch eine zuverlässige Tränkewasserversorgung.
Weitgehend sichere Zäune, die die Ziegen auf dem Gelände halten, bestehen entweder aus mehreren stromführenden Litzen, elektrifizierbaren Weidenetzen oder Festzäunen, die mit stromführenden Litzen ergänzt werden. All diese Systeme sind in unwegsamem Gelände nur mit Aufwand installierbar und auch der Aufwand für die Instandhaltung ist groß. Gegen Festzäune spricht, dass sie ganzjährig für viele Wildtiere undurchdringlich sind und das Landschaftsbild verändern. Netze sind in unebenem Gelände schlechter aufbaubar, als ein reines Litzensystem.
Die mögliche Besatzdichte hängt vom Nährstoffgehalt des Aufwuchses ab und von der vorgesehenen Beweidungsdauer. Die Entscheidung über die Besatzdichte wird somit an die Zielsetzung und die jeweilige Fläche angepasst. An einem wüchsigen Standort fressen sich mehr Tiere gleichzeitig satt als an einem mageren. Für die Kondition der Ziegen, aber auch für den pflegenden Effekt auf den Flächen, ist ein Umtriebsweideprinzip mit höherem Tierbesatz und kurzen Beweidungszeiten gut.
Ziegen hinterlassen keinen Weiderasen, die Vegetationszusammensetzung am Boden beeinflussen sie wenig. Je höher der Anteil an offenem Grasland auf einer Fläche, umso sinnvoller ist es, die Ziegen nicht alleine einzusetzen. Kombinationen mit Schafen, Pferden oder Rindern sind möglich und sinnvoll. Beide beweiden mehr die Gräser und krautige Vegetation, während die Ziegen das Gebüsch bevorzugen. Um Ziegen dazu zu bringen, auch altes, trockenes Gras oder bei ihnen unbeliebte Sträucher zu fressen, muss die Umtriebsweide gut geplant sein.
Ziegen sind hervorragende Landschaftspfleger, wenn man sie zielgerichtet einsetzt. Das erfordert einiges an Planung und Vorbereitung, ist aber eine günstige und ressourcenschonende Alternative zu maschinellen Pflegemaßnahmen.
Letzte Aktualisierung 11.11.2022