Tierwohlindikatoren in der SchafhaltungTierwohlindikatoren in der Schafhaltung

Aussagekräftige Tierwohl-Indikatoren bei Schafen

Geht es der Herde gut? Geht es dem Einzeltier gut? Tierwohl-Indikatoren lassen hierzu messbare Rückschlüsse zu. Eine regelmäßige Erfassung ausgewählter Kriterien ermöglicht es, Tierwohl bei Schafen messbar zu machen, zu beurteilen und gezielt zu verbessern.

Die Bewertung von Tierwohl gewinnt auch in der Schafhaltung weiter an Bedeutung. Betriebliche Eigenkontrolle sollte nicht nur für größere Betriebe selbstverständlich sein. Um Tierwohl bewerten zu können, wurde verschiedene Indikatoren identifiziert. Ihre regelmäßige Überprüfung lässt messbare Vergleichbarkeit auch über längere Zeiträume zu.

Tierwohl-Indikatoren selbst festlegen

Die Indikatoren, mit denen Tierwohl erfasst werden kann, lassen sich in drei Gruppen einteilen. Je mehr Indikatoren herangezogen werden, umso aussagekräftiger ist das Ergebnis.

  • Tierbezogene Indikatoren werden direkt am Tier gemessen. Sie beziehen sich auf Gesundheit und Verhalten des einzelnen Tieres und der Gruppe. Welche Krankheiten, Verhaltensstörungen zeigen sich direkt am Tier?
  • Ressourcenbezogene Indikatoren lenken den Blick auf die technische Ausstattung des Haltungssystems.
  • Managementbezogene Indikatoren beleuchten Abläufe und organisatorische Aspekte, die sich auf das Tier auswirken.

Tierbezogene Indikatoren

Die tierbezogenen Indikatoren zeigen mögliche Auffälligkeiten am Tier selbst auf. Beurteilt werden die Gesundheit, das Erscheinungsbild und das Verhalten eines Schafes. Dazu zählen das Auftreten einer Krankheit, aber auch der Grad der Verschmutzung der Wolle oder auffälliges Verhalten. Je früher eine Veränderung auffällt und richtig beurteilt wird, umso leichter und günstiger ist es, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Eine regelmäße Prüfung der Herde hilft also dabei, negative, aber auch positive Veränderungen zu erkennen. Hat eine vorgenommene Änderung die gewünschte Wirkung erzielt? Auch das zeigt sich durch die Erfassung von tierbezogenen Tierwohlindikatoren im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrolle.

Während es bei kleinen Herden, für Hobbyhalterinnen und Betriebe, die nur ein paar vierbeinige Rasenmäher halten, möglich ist, jedes einzelne Schaf regelmäßig zu kontrollieren, geht es in großen Herden darum, Stichproben im Bestand zu untersuchen.

Neben der reinen Beobachtung, ob sich die Schafe normal verhalten und aussehen, sollte man sie auch anfassen. Das ist ohne zusätzlichen Aufwand möglich, wenn sowieso gerade Maßnahmen, wie eine Entwurmung, Scheren oder Klauenschneiden auf dem Plan stehen.

Eine regelmäßige Kontrolle der Bindehäute zum Beispiel zeigt, ob die Schafe an Blutarmut leiden. Dann sind die Bindehäute sehr blass. Blutarmut entsteht durch einen Mangel an Spurenelementen oder durch Blutverlust. Dieser kann Folge eines Befalls mit Ekto- oder Endoparasiten wie zum Beispiel dem Leberegel sein. Zeigt ein Einzeltier blasse Bindehäute hat es möglicherweise eine innere oder äußerliche Verletzung.

Andere tierbezogene Kriterien sind Nasenausfluss und Husten. Ursachen gibt es dafür mehrere, beispielsweise Lungenentzündung, Parasiten in den Atemwegen oder ein schlechtes Stallklima mit Zugluft oder zu geringem Luftaustausch. Regelmäßig durchzuzählen, an wie vielen Tieren solche Auffälligkeiten zu beobachten sind, hilft die Krankheitslage in der Herde einzuschätzen und Verschlechterungen oder Verbesserungen zügig zu erkennen.

Vor allem während der Laktationsphase und nach dem Absetzen der Lämmer müssen Schafhalterinnen und Schafhalter die Eutergesundheit im Auge behalten. Mastitis, Verletzungen und Verhärtungen an Euterhälften sowie hohe Zellzahlen in der Milch sind wichtige Indikatoren. 

Ressourcenbezogene Indikatoren

Zu den ressourcenbezogenen Indikatoren zählen technische Parameter des Stalls und des Haltungsystems. Die Ausstattung von Stall und Weide mit allem Nötigen sind Grundlage einer guten Haltung und damit des Tierwohls. Saubere Tränken mit sauberem Wasser sind sowohl in der Weide als auch im Stall wichtig. Können auf der Weide alle Tiere gleichzeitig geschützte Stellen aufsuchen? Sie nutzen das, um zu Ruhen und Wiederzukäuen oder sich vor Sonne, Wind oder Starkregen zu schützen. Wo keine natürlich gegebene Möglichkeit vorhanden ist, sollte man diese schaffen.

Managementbezogene Indikatoren

Mit den managementbezogenen Indikatoren können zum Beispiel bestimmte Arbeitsabläufe und Praktiken des Betriebs auf das Tierwohl beurteilt werden. Hierunter fällt zum Beispiel, wie oft die Wolle kontrolliert wird und wann und wie das Scheren erfolgt. Auch die Häufigkeit der Klauenpflege zählt zu den managementbezogenen Indikatoren. 

Ein wichtiges Kriterium, mit dem die Herdengesundheit erfasst wird, ist die Abgangsrate. Warum gehen wie viele Tiere aus der Herde ab? Wenn man die Ursachen kennt, warum Tiere auf dem Betrieb verenden oder aus anderen Gründen als der Schlachtung getötet werden müssen, kann man mögliche Mängel beheben. Die Dokumentation von Abgängen wird noch aufschlussreicher, wenn man sie zum Beispiel nach Altersgruppen differenziert.

So prüft man die Schafsherde auf Tierwohl

Ein gesundes Herdenverhalten zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Tiere weitgehend gemeinsam Ruhen, dabei zusammen liegen und Wiederkäuen. Sondern sich einzelne Tiere ab, ist das ein Hinweis, genauer hinzusehen. Tiere, die zittern oder eine gekrümmte Körperhaltung einnehmen, Schafe, die lahmen oder nicht aufstehen können, haben ein gesundheitliches Problem. Dem muss der Halter nachgehen.

Kahle Stellen oder übermäßige Verschmutzung durch Kot in der Wolle sowie starke Verfilzung, zeigen entweder einen schlechten Pflege- oder Gesundheitszustand. Die Ursache können Parasiten sein - nicht nur Ektoparasiten sondern auch Würmer. Zu Durchfall kann es außerdem kommen, wenn ein Futterwechsel zu drastisch ist, zum Beispiel beim Wechsel vom Heu im Stall auf proteinreichen Aufwuchs auf einer Weide im Frühjahr.

Haben viele Tiere der Herde ähnliche kahle Stellen in der Wolle, kann es sein, dass sie sich die Wolle irgendwo an der Stallausstattung abscheuern. Dafür reicht es, dass einzelne Metallstreben in einer Raufe zu niedrig sind. Umso einfacher ist es, das Problem zu beheben.
Starke Verfilzung entsteht unter anderem, wenn zu lange nicht geschoren wurde. Mit Ausnahme von Haarschafen ist bei fast allen Schafrassen das Scheren der Tiere mindestens einmal jährlich notwendig. Auch die Haut unter der Wolle kann von Ektoparasiten angegriffen sein. Im dichten Wollvlies ist auch nicht jede Verletzung von weitem erkennbar.  

Ob der Ernährungszustand der Tiere gut ist, ist im dicken Wollkleid teils nicht auf den ersten Blick zu sehen.

Mit den Händen lässt sich der Ernährungszustand an der Wirbelsäule nahe den Hüfthöckern ertasten. Sind die Quer- und Dornfortsätze der Wirbel kantig hervorstehend, dann ist das Tier zu dünn. Kann man sie hingegen gar nicht fühlen, weil sehr viel Gewebe die Wirbelsäule polstert, dann ist das Schaf womöglich zu dick.

Nutzen von Tierwohl-Indikatoren beim Schaf

Für erfahrene Nutztierhalter klingt vieles selbstverständlich. Sie sehen aus Erfahrung, wenn etwas in der Herde nicht in Ordnung ist. Die gezielte Prüfung und Dokumentation von Tierwohl-Indikatoren, kann dieses Wissen aber ergänzen und vor allem eine bessere Vergleichbarkeit ermöglichen. Dies führt zu frühem und gezieltem Handeln und so letztlich zu mehr Tierwohl in der Schafhaltung und häufig auch zu besseren Betriebsergebnissen.

Letzte Aktualisierung 16.05.2022

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