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Verarbeitetes tierisches Protein (VTP) aus Nutzinsekten erhält mit steigenden Preisen für pflanzliche Proteinfuttermittel zunehmend Aufmerksamkeit. Es kann einen Teil der pflanzenbasierten Proteine in Mischfutterrationen ersetzen. Für eine breite Anwendung in der Praxis sind der Aufbau von Produktionskapazitäten und weitere Forschung notwendig.
Bislang decken pflanzliche Eiweißkomponenten, allen voran Soja, in Futterrationen den Proteinbedarf von Schweinen. Gleichzeitig nimmt die landwirtschaftliche Nutzfläche pro Kopf weltweit ab und damit auch die Anbaufläche für Futtermittel.
Seit der BSE-Krise war tierisches Protein im Futtertrog verboten. Im Herbst 2021 wurde die Verfütterung von verarbeiteten tierischen Proteinen unter Beachtung bestimmter Vorgaben wieder gestattet.
Mit der Verteuerung von Eiweißfuttermitteln und auch aus Gründen der Nachhaltigkeit rücken Insektenproteine in den Fokus von Forschung und Tierhaltern. Bislang experimentieren nur wenige Betriebe in Zusammenarbeit mit einer kleinen Zahl von Insektenproduzenten mit Insektenproteinen in der Schweinefütterung. Fachleute rechnen jedoch mit einem Wachstum dieses Marktes.
Schweine sind von Natur aus Allesfresser und Insektenlarven, die beim Wühlen aufgespürt werden können, gehören zu ihrem natürlichen Nahrungsspektrum. Die EU erlaubt derzeit die Vermehrung und Verfütterung von sieben Spezies unter kontrollierten Bedingungen.
Die Verordnung EU-VO 2017/893 erlaubt die Futternutzung folgender Insekten: | |
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Larven |
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Adulte Tiere |
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In der Schweinefütterung sind derzeit folgende Spezies relevant:
Hauptnährstoffe und Inhaltsstoffe von Nutzinsekten sind Protein und je nach Verarbeitung auch Fett und Chitin. Darüber hinaus können Nutzinsekten und das daraus hergestellte Insektenmehl unterschiedlich hohe Mineralstoffgehalte aufweisen.
Seit September 2021 ist die Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine (VTP) oder sogenannte Processed Animal Protein (PAP) aus Nutzinsekten und Geflügel an Schweine erlaubt.
Mögliche Verfütterungswege sind in der EU-Verordnung 2021/1372 festgelegt. Grundlage für die Verwendung von VTP in Futtermitteln für Nichtwiederkäuer sind wirksame und validierte Analysemethoden, die auf DNA-Differenzierung basierend, z.B. PCR-Tests, Wiederkäuermaterial ausschließen können. Diese Analysen und die EU-Verordnung VO 999/2001 regeln das Herstellen und Inverkehrbringen von Protein aus Nutzinsekten – dies schließt auch Mischfuttermittel und den Einsatz dieser Futtermittel ein. Für die Zulassung der Herstellung von Insektenprotein gelten die Hygienevorschriften für die Herstellung von nicht für den menschlichen Verzehr vorgesehen tierischen Nebenprodukten nach EG1069/2009 (Artikel 24 Abs.1,a).
Der Futterwert von Insektenprotein wird durch das Futter der Insekten, das Entwicklungsstadium der Futtertiere zum Zeitpunkt der Verarbeitung, die Haltung und dem Grad der Verarbeitung bestimmt. Unterschiedliche Entwicklungsstadien wie Larven, Puppen oder adulte Tiere weisen unterschiedliche Zusammensetzungen auf, können sich aber auch in der Nährstoffverdaulichkeit unterscheiden, wie Untersuchungen mit Larven der Schwarzen Soldatenfliege beim Haushuhn gezeigt haben. Während der Proteingehalt ebenfalls schwankt, ist das Aminosäuremuster von Insekten während der Entwicklung vergleichsweise stabil.
Verarbeitetes tierisches Protein aus Nutzinsekten ist grundsätzlich als Futterkomponente in der Schweinefütterung geeignet. Es kann abhängig vom Fettgehalt eine sehr große Schwankungsbreite hinsichtlich der restlichen Nährstoffkonzentration aufweisen. Die Verdaulichkeit der Aminosäuren kann im Schnitt mit der von Sojaextraktionsschrott und Fischmehl mithalten. Das Aminosäuremuster ist günstig und die Unterschiede zu Sojaextraktionsschrot gehen meist in den Schwankungen der Aminosäuregehalte unter. Andere Inhaltsstoffe, wie verschiedene Mineralien oder der Vitamin D3-Gehalt der Insekten sind von der Haltung und Fütterung der Insekten abhängig.
Das Töten der Futtertiere erfolgt in der Regel durch Hitze (trocken oder nass) und der anschließenden Separation (Wasser, Fett und Feststoffe), bei der Insektenmehl gewonnen wird. Durch einen weiteren Verarbeitungsschritt wird Insektenöl als Nebenprodukt gewonnen.
Die Nährstoffzusammensetzung hängt von dem Entwicklungsstadium ab, in dem die Tiere zu Futter verarbeitet werden, außerdem von der Verarbeitung selbst. Ein Faktor ist die Ölextraktion, ein anderer das Vorhandensein von Chitin im Futter, das von Schweinen nicht aufgeschlossen werden kann. Unklar ist noch, ob es bei der Verarbeitung zu einer Hitzeschädigung der Aminosäuren kommen kann, wie sie bei zu starkem Toasten von Soja- und Rapsschrot bekannt ist.
Entscheidend für den Futterwert ist neben dem Rohproteingehalt vor allem die Verdaulichkeit der im Futtermittel enthaltenen Nährstoffe, wie beispielsweise Aminosäuren.
Die Lebendverfütterung von Insekten ist nicht explizit verboten, allerdings dürfen tote Nutzinsekten, die nicht nach den Vorgaben für die Herstellung von VTP behandelt wurden, nicht an Schweine verfüttert werden.
Kritiker warnen zudem vor dem Einsatz invasiver Arten, obwohl Mehlwürmer bei uns heimisch sind, Heimchen schon lange im Heimtierbedarf gehandelt werden und die Schwarze Soldatenfliege unter unseren Umweltbedingungen nicht überlebensfähig ist.
Daten aus der Wissenschaft geben erste Anhaltspunkte für die Eignung von Insekten in der Schweinefütterung. Die Ergebnisse hängen stark vom Versuchsdesign ab und weichen teilweise deutlich von den Erfahrungen aus der Praxis ab. Um gesicherte Empfehlungen geben zu können, sind weitere Untersuchungen unter praxisnahen Bedingungen notwendig.
Bei Ferkeln ergaben die Fütterungsversuche große Schwankungen. Ein Einsatz von 20 Prozent Futterprotein über Insekten bei Ferkeln erscheint nach einer Literaturübersicht italienischer Autoren möglich. Bei einem Einsatz von 5 Prozent Mehlwürmern im Futter berichten Praktiker von einem Rückgang der Durchfallerkrankungen. Insgesamt ist die Datenlage noch zu gering, um Empfehlungen für die Fütterung von Mastschweinen auszusprechen. Die Praxis berichtet jedoch von positiven Effekten bei der Verfütterung von lebenden Larven der Soldatenfliege als Beschäftigungsfutter an Ferkel. Auch beim Schwanzbeißen wurde ein Rückgang beobachtet.
In einem Praxisversuch zeigte sich bereits bei einem Zusatz von 5 Prozent VTP aus der Schwarzen Soldatenfliege im Futter von Ferkeln einen Rückgang der Leistung. Eine großflächige Umstellung von Mastschweinebeständen auf Insektenprotein erscheint aufgrund der Datenlage sowie der geringen Produktionsmengen und der damit verbundenen Kostennachteile derzeit nicht praktikabel. Mögliche Einsatzmengen und Obergrenzen sind aufgrund fehlender Daten noch nicht abschließend geklärt, der vollständige Ersatz von Soja durch verarbeitetes tierisches Protein scheint nicht realisierbar.
Bei der Frage, ob pathogene Mikroorganismen über Insekten in Tierbestände gelangen können, kommt die Wissenschaft zu widersprüchlichen Ergebnissen. Ein solcher Transfer wurde bei Mehlwürmern beobachtet, während die Schwarze Soldatenfliege Salmonellen inaktivieren kann. Weiterer Forschungsbedarf besteht auch hinsichtlich des Transfers von Mykotoxinen, Tierarzneimitteln und Insektiziden. Eine Anreicherung von Schwermetallen ist möglich. Für die Anreicherung von Schadstoffen wie Dioxinen, dioxinähnlichen polychlorierten Biphenylen (Di-PCB) und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) liegen keine ausreichenden Daten für eine Bewertung vor.
Weiterer Forschungs- und Optimierungsbedarf besteht auch hinsichtlich der produktionstechnischen Umsetzung der Verfütterung von Insektenproteinen. Die Verfügbarkeit von Insektenprotein ist noch gering und die Kosten sind relativ hoch. Die Wirtschaftlichkeit hängt stark vom Preis alternativer Proteinträger ab. Derzeit liegen die Preise für Insektenprotein deutlich über denen für traditionelle Eiweißfuttermittel. Für Mischfutterwerke muss eine konstante und planbare Verfügbarkeit in gleichbleibender Qualität hinsichtlich der Nährstoffzusammensetzung gewährleistet sein.
Letzte Aktualisierung 20.12.2023