Wie rentabel ist die Ziegenhaltung in NRW?Wie rentabel ist die Ziegenhaltung in NRW?

Ziegenhaltung in NRW unter der Lupe

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Erwerbsbetriebe seit Jahren rückläufig. Die Schaf- und Ziegenhaltung ist wirtschaftlich und vermarktungstechnisch unter Druck und kann deswegen in den meisten Regionen nicht nachhaltig betrieben werden. Ein Projekt hat sieben Milchziegenbetriebe und deren Wirtschaftlichkeit analysiert und bewertet.

Mit einer Laufzeit von drei Jahren ist das EIP-Projekt (Europäische Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit) "InnoSchaZie" nun bis Ende dieses Jahres auf der Zielgeraden. Insgesamt nahmen 40 Schaf- und Ziegenbetriebe teil, sieben davon waren Milchziegenbetriebe. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen übernahm die Projektleitung, die Landesverbände der Ziegenzüchter Westfalen-Lippe sowie der Rheinischen Ziegenzüchter waren ebenfalls involviert. Im Rahmen des Projekts wurden Ökonomie, Nachhaltigkeit sowie Vermarktungswege analysiert. Die Bewertung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit ergab indes kein einheitliches Bild, um allgemeine Rückschlüsse ziehen zu können.

Ökonomie

Für die Betriebszweigauswertungen griffen die Projektbeteiligten auf die Buchführungsergebnisse der Wirtschaftsjahre 2017/18 und 2018/19 zurück.

InnoSchaZie: Betriebszweigauswertung

Detaillierte Informationen zeigt die Tabelle Betriebszweigauswertung der Milchziegenbetrieben; Mittelwert der Wirtschaftsjahre 2017/18 und 18/19.

Da sich zwei Milchziegenbetriebe noch im Aufbau befanden, flossen ihre Daten nicht in die Gesamtauswertung ein. Aufgrund der geringen Anzahl an Betrieben wurden die beiden Wirtschaftsjahre gemittelt zusammengefasst. Fast alle Betriebe wirtschafteten im Haupterwerb und belieferten fast ausschließlich eine Molkerei. Die Milchleistung pro Jahr und Ziege lag bei durchschnittlich 661 Kilogramm. Die Kitze wurden hauptsächlich an Mastbetriebe oder auch Tierparks abgegeben.

1. Einnahmen

Die Betriebe nahmen in der Sparte "Tierleistung" über den Milch- und Käseverkauf am meisten ein, nämlich 503 Euro pro Mutterziege. Nur ein Milchziegenbetrieb mit Direktvermarktung erwirtschaftete über den Verkauf von Schlachttieren und Kitzen einen hohen Erlös. In der Milchziegenhaltung ist speziell die Vermarktung männlicher Kitze ein generelles Problem. Einen geringen Anteil an den Einnahmen erbrachte weiter der Verkauf von Zuchttieren. Auch die Einnahmen durch Prämien waren mit 13 Prozent relativ gering. Die Prämienhöhe je Tier wurde vom Großviehbesatz bestimmt: Je höher dieser war, desto niedriger waren auch die Prämien.

2. Kosten

Die Grundfutterkosten machten den Löwenanteil der Direktkosten aus. An zweiter Stelle standen die Kosten für Kraftfutter.

3. Gewinn

Nach Abzug der Kosten von den Einnahmen verblieb den Milchziegenbetrieben im Mittel ein Gewinn von 4,64 Euro pro Muttertier bei allerdings großer Spanne zwischen den Betrieben: Der erfolgreichste Betrieb erzielte dabei eine Entlohnung aller Arbeitskräfte in Höhe von 24,39 Euro pro Stunde. Anderer Betriebe erwirtschafteten hingegen einen Gewinn, der nur eine geringe Entlohnung ermöglichte. Insgesamt fiel das kalkulatorische Betriebszweigergebnis deutlich negativ aus.

4. Erfolgsfaktoren

Aufgrund der wenigen Betriebe konnten keine allgemeingültigen Aussagen zu den Einflüssen auf die Wirtschaftlichkeit der Milchziegenhaltung in Nordrhein-Westfalen getroffen werden. Allerdings wurde der erfolgreichste Betrieb mit den anderen Betrieben verglichen (Mittelwert-Vergleich):

  • Flächenausstattung und Prämienhöhe: Der erfolgreichste Betrieb wies geringe Besätze pro Hektar auf. Die öffentlichen Direktzahlungen deckten zumindest die Arbeitserledigungskosten. Weidehaltung und Futterwerbung sollten daher möglichst häufig auf prämienrelevanten Flächen erfolgen. Außerdem sollten unterschiedliche Prämien miteinander kombiniert werden.
  • Milchleistung: Der erfolgreichste Betrieb erzielte über den Milch- und Käseverkauf 106 Euro pro Milchziege. Die Milchleistung je Tier war höher als bei den anderen Betrieben. Vermutlich wurde bei den anderen Betrieben das genetische Potenzial nicht ausgeschöpft. Eine optimierte Fütterung könnte ebenfalls Abhilfe schaffen.
  • Stall: Altgebäude sparen Kosten, solange diese funktionstüchtig und nicht zu wartungsintensiv sind.

Vermarktungswege

Die Auswertung der Absatzkanäle basierte auf allen teilnehmenden Schaf- und Ziegenbetrieben mit ganz unterschiedlichen Betriebsstrukturen. Sie wurden nach ihren Produkten, Vertriebswegen, ihrer Kommunikation sowie Brancheneinschätzung befragt.

Die meisten Betriebe boten eine breite Produktpalette an: Lebendtiere (86 Prozent), Fleisch und Fleischwaren (69 Prozent), Wolle und Felle (72 Prozent) oder Milch und Milcherzeugnisse (44 Prozent).

Preisspiegel

Der Durchschnittspreis für Lammfleischstücke (Ziegen und Schafe) lag bei 16,12 Euro je Kilogramm.

Die detaillierten Preise:

  • Filet: durchschnittlich 57,60 Euro pro Kilogramm
  • Lammrücken: 27,33 Euro
  • Hals und Nacken: 17,95 Euro
  • Kotelett: 15,05 Euro
  • Ganze Lämmer: 13,90 Euro
  • Halbe Lämmer: 13,13 Euro

Die Ziegenbetriebe nahmen je Liter Milch 82 Cent ein, wenn sie eine Molkerei belieferten, und 2,10 Euro pro Liter bei Direktvermarktung. Über Wertschöpfung erzielten sie folgende Durchschnittspreise:

  • Joghurt: 4,50 Euro je Kilogramm
  • Frischkäse: 19,67 Euro
  • Weichkäse: 25,48 Euro
  • Schnittkäse: 27,17 Euro

Die Betriebe nutzten insgesamt 15 unterschiedliche Absatzkanäle, im Durchschnitt 3,2 pro Betrieb. Es gab aber auch reine Spezialisten mit nur einem Kanal. Die Hälfte der Betriebe vermarkteten ab Hof. Die Befragten gaben an, dass der Direktabsatz den Vorteil habe, persönlich mit den Kunden in Kontakt treten zu können. Dabei könne auch Aufklärungsarbeit geleistet werden. Mit Menschen umzugehen und sich auf die Kundschaft einstellen zu können, bestimme den Erfolg. Hürden speziell bei der Vermarktung von Milch und Milchprodukten sei ein geringes Kundenwissen sowie der große Zeitaufwand. Generell seien diese Produkte jedoch einfacher zu vermarkten als Fleisch und Fleischprodukte.

Über den Verkauf an Schlachtereien, Molkereien oder Handel hingegen könnten größere Mengen abgesetzt werden und die Preise ließen sich besser kalkulieren. Es bliebe mehr Zeit für die Tiere. Hier sei der Erfolg an die Zuverlässigkeit gekoppelt, die diese indirekten Verkaufswege meist mit sich bringen. Persönliche Kontakte zu Partnern in der Wertschöpfungskette seien hilfreich und wichtig.

78 Prozent der Betriebe bezeichneten ihre Kunden als Stammkundschaft, die ihre guten Erfahrungen mündlich an potenzielle Neukunden weitergaben. Als Kommunikationsmaßnahmen wurden die eigene Homepage, Betriebsbesichtigungen, Presseeinladungen, Handzettel, ein eigenes Logo, Rezepte oder Hinweisschilder an der Straße genannt.

Nur 19 Prozent der Betriebe schätzten die Branchensituation positiv ein. Allerdings war das von einzelnen Betriebsschwerpunkten abhängig. Wer hauptsächlich auf Lamm- und Fleischproduktion setzte, beurteilte die Lage düsterer als Betriebe mit Milchproduktion. Beim Blick in die Zukunft war der Großteil der Betriebe wiederum positiv gestimmt.

Information: Aus den betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Nachhaltigkeitsanalysen sowie Erkenntnissen aus den untersuchten Vermarktungswegen wird ein Maßnahmenhandbuch für eine nachhaltige und zukunftsfähige Schaf- und Ziegenhaltung in Nordrhein-Westfalen erarbeitet. Spätestens Ende dieses Jahres wird es veröffentlicht. Das Handbuch wird auf dieser Seite ebenfalls zum Download bereitgestellt.

Letzte Aktualisierung 09.11.2022

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