Geflügel-Schlachtmobil – eine richtig gute Sache!Geflügel-Schlachtmobil – eine richtig gute Sache!

Geflügel-Schlachtmobil – eine richtig gute Sache!

Im hessischen Odenwald bewirtschaftet der Landwirt Alexander Kern seit 2018 einen Biolandbetrieb. Die dort erzeugten Hähnchen schlachtet und vermarktet er selbst. Auf seinem Betrieb befindet sich der erste EU-zugelassene vollmobile Geflügel-Schlachthof Deutschlands, mit dem Alexander Kern zu Lohnschlachtungen auch über Land fährt.

Das erste EU-zugelassene Geflügelschlachtmobil Deutschlands steht auf einem Betrieb in Hessen, dem "Hof am Mühlengrund". Dessen Inhaber Alexander Kern bewirtschaftet dort einen Biolandbetrieb und hält Hähnchen, Schweine und Rinder. Das Fleisch der Tiere vermarktet er zum Teil direkt im eigenen Hofladen, bietet es aber auch in Edeka-Läden und Hofläden in der Region an. Zum Teil wird Fleisch auch auf Bestellung ausgeliefert.

Alles aus einer Hand

Die Hofstelle kaufte Alexander Kern im Jahr 2018. Bei den Hähnchen laufen alle Produktionsschritte auf dem eigenen Betrieb ab; vom Eintagsküken über die Mast in Mobilställen bis zur fertigen Hähnchenbrust im Vakuumbeutel hat der Landwirte alle Produktionsschritte selbst in der Hand. Die Mast im Mobilstall hat für den Betrieb mehrere Vorteile: Die Ausläufe werden geschont, man kann viel Grünfutter anbieten und der Dung wird auf den Feldern des Betriebs gut verteilt.

Seit dem Jahr 2021 verfügt Alexander Kern über ein Geflügelschlachtmobil. Damals stand er vor dem Problem, dass eine Geflügelschlachtung in der Umgebung ihre Pforten schloss und kurzfristig ein neuer Schlachtbetrieb gefunden werden musste. Ein Schlachthof im Umkreis konnte die Menge des Betriebes – 150 Hähnchen jede Woche – nicht leisten. Offiziell in Betrieb genommen wurde das Schlachtmobil im Mai 2022. Seit Juli 2022 verfügt es über eine vorläufige EU-Zulassung. Die Arbeiten für die endgültige Zulassung laufen noch.

Ablauf des Schlachtprozesses in der Praxis

Das Schlachtmobil kommt in Form eines Anhängers auf Basis eines 3500-kg-Trailers daher und wird an ein entsprechend starkes Zugfahrzeug angehangen. Es sei schon eine Herausforderung, dieses Mobil zu fahren, erklärt Alexander Kern, und die Suche nach einem sicheren und zuverlässigen Fahrer für das Mobil habe sich als Knackpunkt im System herausgestellt.

Beim Schlachtprozess selbst werden die lebenden Tiere von außen an das Mobil angereicht, wo zunächst die Betäubung erfolgt. Alexander Kern hat sich in seinem Betrieb bewusst für eine Einzelbetäubung mit Kopfdurchströmung entschieden, weil dadurch gewährleistet ist, dass jedes Einzeltier zügig aus der Transportkiste in die Betäubung gebracht wird und sein Stress sehr geringgehalten wird. Nach der Betäubung werden die Tiere in die Entbluterhaken gehängt, unter denen sich eine Entbluterwanne befindet, die das Blut auffängt. Dadurch ist eine schnelle und zügige Entblutung innerhalb der vorgeschriebenen Zeit möglich.

Es folgen das Abtrennen der Ständer, das Rupfen in der Rupfmaschine und das Brühen. Danach werden die Schlachtkörper in das Schienensystem eingehängt, in welchem zunächst das Abtrennen der Köpfe vorgenommen wird, bevor die Schlachtkörper in die Schiene zum reinen (weißen) Bereich weitergegeben werden.

Im weißen Bereich erfolgt das Ausnehmen die Tiere im Hängen. Das hat den Vorteil, dass die Tiere nicht auf einen Tisch gelegt werden müssen, über den alle am Tag geschlachteten Tiere laufen, und dass jedes einzelne Tier getrennt behandelt werden kann. Die Innereien fallen in eine Rinne, die verwendbaren Innereien (Leber, Herz, Magen) werden aufgefangen und in die Kühlung verbracht.

Hygienischer Ablauf

In seinem vollmobilen Geflügelschlachthof arbeitet Alexander Kern mit vier Personen - zwei im reinen Bereich, zwei im unreinen Bereich. Auf diese Weise gewährleistet er die für einen hygienischen und wirtschaftlichen Ablauf nötige Schlachtfrequenz. Das sind nach seinen Erfahrungen etwa 100 Hähnchen oder Legehennen pro Stunde. Bei Gänsen und Enten setzt der Landwirt eine Kapazität von 25 geschlachteten Tieren pro Stunde an, bei Puten sind es 15 Stück. Das hängt damit zusammen, dass das Schlachten von Gänsen und Enten viel Handarbeit erfordert und dabei teilweise mit bis zu sechs Personen gearbeitet werden muss.

Routine beim Schlachten

Bei Alexander Kern entfällt die Hälfte der Auslastung im Mobil auf die Schlachtung des eigenen Geflügels. Der Rest verteilt sich auf Direktvermarkter, die ihre Legehennen, Zweinutzungshühner, Bruderhähne und Hähnchen bei ihm im Lohn schlachten lassen. Zu Weihnachten kommen aber auch viele Gänse an den Haken. Mit der Zeit hat der Landwirt für den Betrieb seines Schlachtmobils eine Routine entwickelt: Am Dienstagmorgen steht die Schlachtung des eigenen Geflügels an, mittwochs wird zerlegt und verpackt. Dazu wird die Rinne mit einer Platte abgedeckt und zum Arbeitstisch umfunktioniert. Zur Vakuumierung wird ein Vakuumiergerät in den reinen Bereich geschoben. Erst wenn alles fertig verpackt ist, kommt das Geflügel aus dem Mobil heraus.

Alle zwei Wochen am Freitag geht das Mobil auf Reisen, denn mittlerweile sind viele Hobbyhalter der Umgebung froh, eine mobile Schlachtanlage in ihrer Nähe zu haben. Auch Anfragen von Geflügelzuchtvereinen gab es bereits. Um anzuspannen ist jedoch eine Stückzahl von 180 bis 200 zu schlachtenden Tieren nötig, denn es dauert lange, bis das Schlachtmobil aufgebaut ist. Optional bietet Alexander Kern auch eine Zerlegung an. Hierzu müssen die Tiere aber auf seinen Betrieb gebracht werden.

Gesammelte Erfahrungen

Sein vollmobiler Geflügelschlachthof ist eine "richtig gute Sache", findet Alexander Kern. Er hat jedoch die Erfahrung machen müssen, dass die Spannweite der Vorschriften und Regelungen zwischen einer registrierten Geflügelschlachtung und einer Geflügelschlachtung mit EU-Zulassung sehr groß ist. Die Auflagen für eine EU-Zulassung seien einfach viel höher, sagt er. "Es kommt auf jedes Detail an - jeder Arbeitsschritt muss durchdacht und dokumentiert werden." Dies sei dem Kunden schwer zu kommunizieren, fasst der Landwirt seine Erfahrungen zusammen.

Doch die EU-Zulassung hat natürlich auch Vorteile. So ist die Nachfrage nach dem Schlachtmobil sehr groß und Alexander Kern darf sein Produkt auch weiterverarbeiten, zum Beispiel zu Wurstprodukten. "Das ist gut für die Wertschöpfung auf unserem Betrieb", sagt er. Ein dritter Vorteil ist die Erlaubnis, für andere Betriebe zerlegen und verpacken zu dürfen.


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